Zuhause aufräumen und Ordnung halten
Wenn Aufräumcoach Susanne Aeberli gerufen wird, regiert Chaos. Die Beraterin weiss, wie man in den eigenen vier Wänden entrümpelt – und dann Ordnung hält.
Text & Fotos — Tanja Seufert
TYPISCHE PROBLEMZONEN
Der Blick fällt als erstes auf die Garderobe: Sie ist mit Winterjacken überfüllt, obwohl längst der Frühling angebrochen ist, dazu stapeln sich Schuhe, Rucksäcke und Handtaschen. Die an der Kleiderstange befestigten Aufbewahrungsfächer hängen unter der Last von Mützen, Handschuhen, Sonnenbrillen und Krimskrams schief. «Oh, hier ist es aber ganz schön eng», sagt Susanne Aeberli und lächelt nachsichtig. Die Garderobe füllt die Hälfte des ohnehin schon engen Flurs. Und ist eine typische Problemzone von Haushalten, wie die Beraterin bemerkt.
In Familien kommen verschiedene Hobbys und Interessen zusammen – und beanspruchen Raum.
ANTI-CHAOS-COACHING
Die Kundin, die hier mit ihrer Familie wohnt, sieht trotzdem ein wenig zerknirscht aus. «Ich bin noch nicht dazu gekommen, die Wintersachen zu verstauen», sagt sie. Susanne Aeberli winkt ab: «Glauben Sie mir, diese Unordnung ist nichts Besonderes. Alle haben solche Ecken und Räume, wo das Chaos regiert.» Wenn es überhand nimmt und Erfahrung, Wissen oder Zeit fehlt, um es nachhaltig zu beseitigen, wird die gute Fee gerufen: Susanne Aeberli. Andere zu unterstützen, liegt der 53-Jährigen aus Küsnacht im Blut: Sie ist diplomierte Pflegefachfrau und als solche noch nebenberuflich tätig. Ihre Ausbildung zum Master Life Coach hat sie in Berlin absolviert. Und zurzeit bildet sie sich in Home Stageing und Home Styling weiter.
Vom Aufräumen spricht Susanne Aeberli in nüchternen Tönen. Was der Kundin peinlich ist, ist für sie völlig normal: «Ein unordentlicher Haushalt braucht erstmal eine Grundsanierung. Wenn dann jeder Gegenstand seinen Platz hat und sich neue Verhaltensweise eingebürgert haben, ist es nicht mehr schwer, Ordnung zu halten», erklärt sie.
Susanne Aeberli kennt die typischen Ordnungsprobleme wie die Krimskrams-
Schublade oder Kleidung, die schon lange geflickt werden muss.
ZU VIEL KRAM
Die Hauptursache von überbordender Unordnung sei immer die gleiche: zu viele Sachen. «Ich habe schon vieles ausgemistet», sagt die Kundin nun. «Aber ich habe neben Beruf, Familie und Sport einfach keine Zeit und keine Energie mehr.» Susanne Aeberli nickt. «Zu wenig Zeit zum Aufräumen zu haben, höre ich oft. Aber häufig ist es eine Ausrede.» Die Leute seien zwischen Familie, Beruf und Freizeitaktivitäten stark eingespannt. Doch es lohne sich, einige Wochenenden intensiv ins Ausmisten und Aufräumen zu investieren. Denn Ordnung spare viel Zeit und Energie: «Man muss nichts mehr suchen, und putzen geht viel schneller.» Die Kundin bestätigt, dass genau dies ihr langfristiges Ziel sei: Mehr Zeit für sich zu haben. «Im Moment verbringe ich fast meine ganze freie Zeit damit, aufzuräumen und zu putzen. Es fühlt sich an wie ein Fass ohne Boden», sagt sie.
BALLAST LOSWERDEN
Ein Ziel zu haben, sei für die Motivation wichtig, sagt Susanne Aeberli. Warum will ich ausmisten? Was habe ich konkret davon? Wie stelle ich mir ein Leben in einem ordentlichen Zuhause vor? «Aufräumen ist kein Spaziergang. Man muss es wirklich wollen, sonst klappt es nicht», sagt die Ordnungsberaterin. Oft besteht ein enormer Leidens- oder Zeitdruck, bis jemand zum Telefon greift und Susanne Aeberli anruft – etwa vor einem Umzug oder nach einer Trennung. Den eigenen Haushalt richtig auszumisten, räume auch innerlich auf, sagt die erfahrene Beraterin. «Wenn der Prozess abgeschlossen ist, sind die Leute dynamischer, aufgestellter und haben mehr Energie.»
TIPP
ENTRÜMPELN: DIE RICHTIGE REIHENFOLGE
Wie lässt sich die Motivation aufrecht erhalten? Beginnen Sie mit einfachen «Problemzonen», an denen keine Emotionen hängen. Wenn Sie zuerst Erinnerungsstücke aussortieren, wird Ihnen das Aufräumen schwer fallen. Fangen Sie klein an, um Erfolgserlebnisse zu sammeln – der bis unter die Decke vollgestopfte Keller wird Sie überfordern. Starten Sie zum Beispiel mit dem Kleiderschrank, dem Badezimmer, mit Medikamenten und Vorräten.
UNORDNUNG IST PRIVAT
Die Kundin führt Susanne Aeberli durchs ganze Haus. Einzig im offenen Wohn- und Esszimmer gibt es keine Probleme – für die Aufräumlehrerin nicht ungewöhnlich, sind die «öffentlichen» Räume doch häufig die ordentlichsten Zonen. Schliesslich werden hier auch Gäste empfangen.
Ganz anders im oberen Stockwerk, wo sich die Schlafzimmer und das grosse Bad befinden. Von herumliegenden Sportsachen über ungebügelte Kleiderstapel bis zum Lego-Gau im Kinderzimmer: Es wimmelt von Unerledigtem und von Dingen, die kein «Zuhause» haben.
Zusammen mit der Kundin analysiert Susanne Aeberli die Probleme. So hat es auffällig wenig Stauraum im Altbau. Der Keller ist zu feucht, um dort Textilien zu lagern, der Abstellraum winzig. Susanne Aeberli sieht in den Räumen jedoch Potenzial: Statt Kommoden und Regale wären Schränke sinnvoller, da diese mehr Stauraum bieten. Hier könnte auch die Wintergarderobe ausser Sicht verstaut werden. Im Eingangsbereich wäre Platz für ein grösseres Möbel, in das die Kundin ihre jetzt achtlos aufgehängten Handtaschen versorgen könnte. Für jedes Problem hat Susanne Aeberli einen konkreten Lösungsvorschlag.
CHECKLISTE
7 SCHRITTE ZUR ORDNUNG
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Schauen Sie sich Ihr Zuhause mit dem Blick eines Aussenstehenden an.
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Aufschieberitis und (angeblich) keine Zeit? Minimieren Sie Zeitfresser wie Smartphone und TV.
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Holen Sie sich Unterstützung durch Freunde oder einen Ordnungscoach, um ins Handeln zu kommen.
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Überlegen Sie sich bei Neuanschaffung schon vorher, wo der zukünftige Platz dafür ist.
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Was Sie seit einem Jahr nicht mehr angefasst oder angezogen haben, kann weg. Packen Sie schöne Erinnerungen in eine (!) Nostalgiekiste.
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Führen Sie nach dem Entrümpeln ein Ordnungssystem ein: Jedes Ding erhält seinen Platz und wird nach Gebrauch sofort wieder dort versorgt.
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Nehmen Sie sich beim Ausmisten nicht zu viel aufs Mal vor.
Quelle: Susanne Aeberli (gekürzt)
PERSÖNLICHER EINSATZ
Beim Aufräumen zur Hand gehen, das macht sie selbstverständlich auch – jedoch nur auf Wunsch. «Für ein erstes Erfolgserlebnis räume ich mit der Kundin zum Beispiel eine einzelne Schublade auf», sagt sie. «Manche möchten auch, dass ich ihnen beim Aussortieren der Kleidung behilflich bin.» Doch sie betont: «Den Prozess des Ausmistens muss jeder selbst durchlaufen, sonst ist das Coaching nicht nachhaltig.» Deshalb gibt Susanne Aeberli manchmal «Hausaufgaben», bevor sie – sofern gewünscht – das nächste Mal vorbeikommt.
FOTOS UND VIDEOS
Damit man richtig in die Gänge kommt, hat sie einige Tipps auf Lager (siehe auch Checkliste). Zum Beispiel den, die Sichtweise eines Aussenstehenden einzunehmen: Wie wäre es, wenn man das eigene Haus zum ersten Mal betreten würde? Wo fällt der Blick hin, wie fühlt es sich an? Besonders wirksam ist dieses Experiment, wenn man ein Video oder zumindest Fotos dabei macht. «Sieht man die Unordnung von aussen, also auf Bildern, wirkt sie viel stärker. Im Alltag blenden wir sie grösstenteils aus», sagt Ordnungscoach Susanne Aeberli.