So halten Sie Ordnung
Ausmisten ist meist nicht schwer. Aber wie lässt sich langfristig Ordnung halten, ohne jedes Jahr eine kraftraubende Aufräumaktion starten zu müssen?
Text — Tanja Seufert
Wie Aufräumen geht, wissen mittlerweile die meisten. Sachbücher wie «Magic Cleaning», Filme wie «100 Dinge» und TV-Shows wie «The Home Edit» erobern auf der ganzen Welt die Bücherregale und TV-Bildschirme – ein Zeichen, dass die Konsumgesellschaft an ihrem Zenit angelangt ist. Wer endlich einen grossen Teil des angehäuften Gerümpels loswerden will, macht am besten «Tabula rasa» und greift auf eine radikale Methode wie Marie Kondos «Magic Cleaning» zurück. Aufräumen ist wie Abnehmen: Wer sein Wunschgewicht halten will, sollte sich neue Gewohnheiten zulegen. Um den «Jojo-Effekt» nach dem Ausmisten zu vermeiden, gibt es ein paar einfache Tricks. Das sind die fünf Schritte zu einem nachhaltig ordentlichen Zuhause:
1. HAUSHALT AUSMISTEN
Indem man vor dem Aussortieren sämtliche Gegenstände nach Kategorien einsammelt, wird das wahre Ausmass des Problems sichtbar. Die aufgetürmten Besitztümer vor sich zu sehen, ist bisweilen schockierend. Marie Kondos Methode ist so simpel wie effizient: Alle Objekte einer Kategorie – zum Beispiel Jacken, Handwerkzeuge oder Spielsachen – von überall einsammeln (auch vom Keller) und auf einen Haufen legen. Dann wird ausgewählt, was bleiben darf. Lieblingsstücke auswählen statt Überflüssiges wegwerfen, ist ein kleiner, aber emotional entscheidender Unterschied.
Dabei wird jeder einzelne Gegenstand in die Hand genommen. Löst er Freude aus? Und wenn nicht: Brauche ich ihn? Dann darf er bleiben. Am Schluss hat man nur noch Dinge, die man liebt (Omas Schmuckschatulle) oder braucht (Klobürste).
Die Kategorien-Methode hat den Vorteil, dass sie sich gut über mehrere Wochen, ja Monate staffeln lässt. Denn allzu ehrgeizige Hauruck-Aktionen wachsen einem im Alltag schnell über den Kopf und sorgen für Frust. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Entscheidungen im Verlauf des Prozesses immer einfacher werden. Je mehr Übung man hat, umso schneller geht das Ausmisten. Und das Beste daran: Die neu erworbene Entschlussfreudigkeit wirkt sich später auch aufs Kaufverhalten aus.
2. AUSSORTIERTES WEGGEBEN
Viele Menschen haben ein schlechtes Gewissen, wenn sie – eigentlich noch funktionstüchtige – Gegenstände wegwerfen. Doch wer sich bei jedem noch so kleinen Objekt fragt, ob sich das wohl noch verkaufen oder verschenken lässt, kommt nur quälend langsam vorwärts.
Die Energie, etwas ins Brockenhaus zu bringen, im Freundeskreis zu verschenken oder auf einer Online-Plattform zu verkaufen, sollte man sehr gezielt einsetzen. Sonst verkommt das Zwischenlager – mangels Zeit und Gelegenheit – schnell zu einem Endlager (siehe auch Tipp). Schon beim Ausmisten hilft
ein «Mise en place» mit grossen Abfallsäcken, Textilsäcken sowie einem Sack für Elektrogeräte; dazu ein Korb für noch hochwertige Dinge, die man verschenken oder verkaufen möchte.
Für letzteres hilft es, sich zu fragen, ob der Gegenstand jemand anderem so viel Freude machen oder so viel Geld einbringen kann, dass sich der Aufwand lohnt.
Volle Abfallsäcke sollten sofort zugeschnürt und in den Container geworfen werden. Auch Textilsäcke und aussortierte Elektrogeräte lassen sich umgehend abgeben.
DIE EXPERTIN
Jelena Weber*
Auf keinen Fall vernachlässigen sollten wir Räume, die wir nicht jeden Tag betreten. Das ist das Tückische an ihnen. Es ist immens verlockend, alles, um das wir uns gerade nicht kümmern wollen, exakt dort zu verstauen. Keller, Dachboden, Abstellkammer – das sind die Problemfälle. Für diese Räume gibt es eine einfache Regel: Es darf darin nur abgestellt werden, was wir wirklich ab und zu benutzen. Wie bei jedem Platz in der Wohnung gilt auch dort: Behalte den Überblick über die Dinge, die da lagern. «Was habe ich dort?» und «Warum habe ich es noch?» sind Fragen, die du dir jederzeit überzeugen beantworten solltest.
* Jelena Weber: DIY-Influencerin und Autorin Buch: «Der Aufräumkompass», ZS Verlag 2021. Youtube: Jelena
3. DINGE VERSTAUEN
Erst nach dem grossen Auf- kommt das finale Einräumen. Denn welche Ordnungssysteme sinnvoll sind, wird erst nach getaner Arbeit klar. Aufräumprofis raten, jedem Ding eine «Adresse» zu geben und verwandte Gegenstände am gleichen Ort – und nicht in alle Winde zerstreut – aufzubewahren. So entfällt
die nervenaufreibende Suche nach Veloschlüssel, Knopfbatterie & Co. Durchsichtige oder zumindest beschriftete Boxen eignen sich gut, um einzelne Teile einer Kategorie aufzubewahren.
Die Kisten lassen sich in Regale stellen und auch stapeln. In Schubladen sorgen Einsätze oder Trennelemente für mehr Ordnung.
4. ORDNUNG BEWAHREN
Ohne Krempel und mit einer «Adresse» für jedes Ding lässt sich langfristig einfacher Ordnung halten. Das Zuhause muss – und kann – nicht jederzeit wie aus dem Ei gepellt aussehen. Aber eine gewisse Grundordnung lässt sich mit ein paar Tricks aufrechterhalten. Was bedeutet Grundordnung? Gemäss Buchautorin Jelena Weber (siehe Expertentipp) sollte man sein Heim innert 20 Minuten «besuchsfein» machen können – ein einfacher Anhaltspunkt. Wer nicht jedesmal Schweissausbrüche bekommt, wenn es klingelt, lebt entspannter. Doch wie lässt sich, vor allem in einem Alltag voller Verpflichtungen und Termine, die neue Ordentlichkeit bewahren? Ein bewährter Trick aus dem – leider vergriffenen – Haushaltratgeber «Susi Sauber» ist die Fünf-Minuten-Regel. In jedem Raum räumt man täglich fünf Minuten auf, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Am besten geht das mit einer Stoppuhr oder einem Eierwecker. Putz- und Aufräumroutinen helfen, die Hausarbeit ganz nebenbei zu erledigen. So werden Bad und Küche jeden Abend aufgeräumt und grob gereinigt, um am nächsten Morgen angenehm in den Tag zu starten.
Ein weiterer Trick von Aufräumprofis ist, bei jedem Gang durchs Haus bzw. durch die Wohnung einen «verirrten» Gegenstand mitzunehmen und seinem eigentlichen Domizil zuzuführen. So finden die Dinge praktisch von allein zurück.
TIPPS
WOHIN MIT ALL DEM KREMPEL?
Nicht alles gehört in den Abfall bzw. die Recyclingtonne oder findet Platz darin. So werden Sie das Zeug trotzdem los:
- BROCKENHAUS: Ins Brocki können Sie vieles direkt vorbeibringen oder abholen lassen. Die Gebrauchtwarenhändler werden angesichts der Flut ausrangierter Konsumgüter allerdings immer wählerischer. Ein Anruf vorab vermeidet Enttäuschungen. Viele Brockis bieten auch einen Entsorgungsdienst gegen Gebühr an.
- ONLINE STELLEN: Wenns schnell gehen soll, gratis oder günstig auf tutti.ch damit. Oft meldet sich schon nach kürzester Zeit jemand, der den ausrangierten Gegenstand abholt. Verkaufen bzw. versteigern geht zum Beispiel auch auf ricardo.ch. Bedenken Sie, dass ein Postversand viel Zeit kostet. Wenn Sie jedes Buch und jede CD einzeln für ein paar Franken verkaufen und zur Post bringen, lohnt sich das nicht wirklich. Dafür ist eher ein Flohmarkt geeignet. Der Nachteil: Sie müssen warten, bis der Markt stattfindet, und den Krempel so lange zwischenlagern.
- RECYCLINGHOF: In lokalen Entsorgungsanlagen lassen sich grössere Gegenstände und Spezialabfälle (z.B. Farben, Chemikalien) fachgerecht entsorgen, meist gegen eine Gebühr. Der Vorteil: Sie werden den Gerümpel schnell los. Einfach ins Auto packen und weg damit.
- MULDE: Sehr viel Gerümpel, aber keine Zeit für x Fahrten zum Recyclinghof? Dann lassen Sie den Krempel abholen. Mulden finden Sie im Internet unter «Muldenservice» oder «Mulde bestellen». Dieser Dienst lohnt sich am ehesten, wenn Sie mit Nachbarn zusammenspannen.
- STRASSENRAND: Eigentlich verboten, aber beliebt: Dinge (geschützt oder nur bei trockener Witterung) an den Strassenrand stellen. Gut erhaltene Kleinmöbel, Spielzeuge und Wohnaccessoires finden meistens einen Abnehmer. Wenn nicht, sollten Sie die Sachen nach einem Tag wieder reinnehmen. Der Nachteil: Sie riskieren eine Busse wegen illegaler Abfallentsorgung.
5. BEWUSST KONSUMIEREN
Zu einer langfristigen Ordnung gehört, nicht wieder neuen Krempel zu produzieren: Dinge, die man nicht wirklich braucht, und Kleider, die einem nicht hundertprozentig stehen. Ein bewusstes Konsumverhalten verhindert nicht nur, dass das Chaos zurückkehrt, sondern schont das Haushaltbudget. Dinge kosten Geld und beanspruchen erst noch Platz – Fläche, für die man Hypothekar- oder Mietzins berappt. Ist das jeder «Untermieter» wert?