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Älter werden im Eigenheim. Und dann?

Das Eigenheim ist oft ein Ort der Erinnerung, an dem man sich wohlfühlt und alles kennt. Aber ist es auch der Ort, an dem man alt werden möchte, beziehungsweise kann? Eine Frage, die man sich besser früher als später stellt. So bleibt genügend Zeit, sich auf die Optionen vorzubereiten.

Text — Thomas Bürgisser

 

1. WOHNEN BLEIBEN

Ein Haus ist im Alter keineswegs automatisch nachteilig. So lassen sich die Fixkosten durch eine Amortisation der Hypothek zum Beispiel schon vor der Pensionierung senken – ein grosser Pluspunkt. Dem gegenüber stehen die regelmässigen, auch grösseren anfallenden Investitionen. Vor diesem Hintergrund kann es auch Sinn machen, die Hypothek noch nicht allzu sehr zu amortisieren. Um hier den richtigen Weg einzuschlagen, lohnt sich eine erste Beratung durch eine Finanzfachperson bereits zehn bis 15 Jahre vor der Pensionierung. Gleichzeitig muss ein Haus aber auch möglichst barrierefrei gestaltbar sein, damit es sich im Alter noch eignet. Und nicht zuletzt bedeutet eine Liegenschaft auch viel Arbeit. Ist man bereit, hier eines Tages Hilfe zuzulassen, und kann man diese auch finanzieren?

INFO

ERBSCHAFTSSTEUERN IN DEN KANTONEN

Die Erbschaftssteuern sind kantonal geregelt und die Unterschiede sind gross. Wer 2022 von einem Geschwisterteil 500'000 Franken erbte, bezahlte im Kanton Genf gemäss einer Zusammenstellung der VZ VermögensZentrum AG über 100'000 Franken Erbschaftssteuern, im Kanton Bern rund 40'000 Franken. Dabei zählt immer der Kanton des Erblassers. Gar keine Erbschaftssteuer kennen die Kantone Obwalden und Schwyz. Auch von der Erbschaftssteuer befreit sind Ehepaare beziehungsweise eingetragene Partnerschaften untereinander sowie meist deren Kinder und Enkelkinder. In einigen Kantonen wie Aargau oder Graubünden sind auch Eltern steuerbefreit. Daneben gibt es in teils Kantonen Freibeträge, in Bern beispielsweise 12'000 Franken. Ansonsten gilt meist: Je höher das Erbe, desto höher der Steuersatz, und je näher die Verwandtschaft, desto tiefer der Steuersatz.


2. VERMIETEN

Wenn der Aufwand zu gross wird oder sich eine Liegenschaft nicht barrierefrei gestalten lässt, kann die Vermietung zu einer Option werden. Allenfalls gibt es die Möglichkeit, eine Liegenschaft baulich aufzuteilen, so dass man selber noch im Erdgeschoss bleibt, während das obere Stockwerk zum Beispiel mit einer Aussentreppe neu erschlossen wird.

Auch eine Wohngemeinschaft ist möglich. Oder aber, man vermietet das Haus ganz. Finanziell lohnt sich das zwar oft kaum und auch der administrative Aufwand darf nicht unterschätzt werden. Der grosse Vorteil jedoch ist, dass man sich nicht von der Liegenschaft trennen muss. Dies vor allem im Hinblick auf allfällige Erben, die es vielleicht einmal übernehmen möchten.

CHECKLISTE

BESONDERE WOHNFORMEN IM ALTER

  • Wohngemeinschaft: Ein Zusammenleben mit Gleichaltrigen oder bewusst mit jüngeren Personen hat den Vorteil, dass man sich gegenseitig weiterhelfen kann, vom Hüten der Kinder bis hin zum Einkaufen.
  • Gemeinschaftliches Wohnen: Oft etwas mehr Privatsphäre erhält man in Alterswohnungen. Zusammengefasst in einem Mehrfamilienhaus, teilweise gemischt mit verschiedenen Generationen, profitiert man hier oft trotzdem von teilweise gemeinsamer Infrastruktur.
  • Alterswohnung: Vor allem im Umfeld von Pflegeheimen gibt es auch Alterswohnungen, in denen man selbständig wohnt, aber wahlweise auf Angebote des Pflegeheims zurückgreifen kann.


3. VERSCHENKEN

Gibt es jetzt schon Erben, die das Haus übernehmen möchten, muss man nur teilweise emotional Abschied nehmen. Dabei gibt es auch die Möglichkeit, das Haus heute zu überschreiben, aber das Wohn- oder Nutzniessungsrecht zu behalten. Beim Wohnrecht wird man quasi zum Mieter, mit dem Nutzniessungsrecht behält man fast alle Rechte und Pflichten.

Verfügen die Erben (noch) nicht über die finanziellen Mittel, kann man ihnen das Haus auch ganz oder teilweise schenken – im Hinblick darauf, dass sie es später so oder so erben würden. Bei einem solchen Erbvorbezug gibt es jedoch einige wichtige Punkte zu beachten, von der späteren Erbteilung bis hin zur Frage: Kann ich wirklich auf das Kapital verzichten (siehe Experteninterview)?

 

4. VERKAUFEN

Sieht man selber keine Zukunft im Haus und haben auch keine Erben Interesse, sollte man den Verkauf früh genug angehen. Denn wer Zeit hat, ist bei der Wahl der Käufer nicht unter Druck. Dadurch kann man allenfalls einen besseren Preis aushandeln oder wählerischer sein: Soll das Haus wieder mit Kindern belebt werden? Ist man auf der Suche nach Gartenliebhabern? Stimmt das Bauchgefühl nicht? Nicht zuletzt gilt es auch zu bedenken, dass man sich an einem neuen Ort wieder einleben und allenfalls sogar einen neuen, für das Alter so wichtigen Bekanntenkreis aufbauen muss. Das braucht Zeit und Energie und kann gleichzeitig bereichernd sein. Umso schöner, wenn man diesen neuen Lebensabschnitt bei guter Gesundheit angehen kann.

DER EXPERTE

Renato Sauter 
Leiter Nachlass, VZ VermögensZentrum AG

«MAN SOLLTE SICH GUT ÜBERLEGEN, WIE VIEL MAN ALS ERBVORBEZUG GEWÄHREN WILL»

Renato Sauter, wann ist der richtige Zeitpunkt, das Eigenheim ans Kind zu überschreiben?
Wenn man selber auszieht und das Kind einzieht, macht es meistens auch Sinn, dass man die Besitzverhältnisse entsprechend neu regelt. Vermieten wäre zwar eine Option. Aber als Eigentümer geht man anders mit einer Liegenschaft um, nimmt auch eher Investitionen vor.

Was gibt es bei der Weitergabe für Optionen?
Einerseits lässt sich alles als Kauf abwickeln. Andererseits kann auch ein Teilbetrag als Erbvorbezug vereinbart werden oder aber man überträgt die Liegenschaft gleich als Ganzes als Erbvorbezug beziehungsweise verschenkt sie, was bei Kindern im Grunde das Gleiche ist. Wichtig ist in jedem Fall, die steuerlichen Folgen zu beachten. Gibt es mehrere Erben, muss man zudem aufpassen: Sofern keine anderen Regelungen getroffen wurden, muss man den Geschwistern nach dem Tod der Eltern den erhaltenen Erbvorbezug ausgleichen. Bei dieser Berechnung ist der Wert des Hauses zum Todeszeitpunkt massgebend, was je nach Preisentwicklung einen enormen Unterschied machen kann. Sollte das Nachlassvermögen dann ausserdem zu gering sein, müsste das Kind, welches die Liegenschaft übernommen hat, die Geschwister aus dem eigenen Vermögen ausgleichen.

Wie lässt sich Streit unter Kindern diesbezüglich vorausschauend verhindern?
Indem sich alle zusammen an einen Tisch setzen und die Bedingungen festlegen, am besten unterstützt durch eine Fachperson. Falls dies für alle in Ordnung ist, kann dabei auch der Übernahmewert der Liegenschaft im Übertragungsvertrag festgelegt und ein allfälliger Mehrwert ausgeschlossen werden. Dadurch wird die Marktentwicklung ausgeschlossen. Ich empfehle zudem, ein Gewinnanteilsrecht zu vereinbaren. Dieses kommt zum Tragen, wenn die häufig zu einem moderaten Preis weitergegebene Liegenschaft beispielsweise innerhalb von zehn Jahren mit Gewinn weiterverkauft wird.

Gibt es Fristen zu beachten, bis wann man einen Erbvorbezug gewähren sollte?
Das ist eine der häufigsten Fragen an uns, weil viele meinen, dass man durch einen frühen Erbvorbezug spätere Pflegekosten umgehen könnte. Bei der Berechnung von Ergänzungsleistungen wird jedoch ein freiwilliger Vermögensverzicht von über 10'000 Franken pro Jahr angerechnet. Ein Haus mit einem Wert von 500'000 Franken müsste man also 50 Jahre im Voraus verschenken, damit es bei Ergänzungsleistungen keine Rolle mehr spielt.

Gibt es trotzdem finanzielle Überlegungen, die man sich als Liegenschaftsbesitzer beim Gewähren eines Erbvorbezuges machen sollte?
Wenn mindestens ein Viertel des Hauswertes als Schenkung beziehungsweise Erbvorbezug übertragen wird, fällt oft keine Grundstückgewinnsteuer an. Das ist aber kantonal geregelt, weshalb sich diesbezüglich eine Fachberatung lohnt. Gleichzeitig sollte man sich gut überlegen, wie viel man wirklich als Erbvorbezug gewähren will. Denn ist das Kapital einmal weg, fehlt einem auch die Möglichkeit, dieses zum Beispiel in eine andere Wohnform zu investieren.


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