Das kann Mikromobilität
Neue Verkehrsmittel machen den Individualverkehr nicht nur umweltfreundlicher, sondern auch flexibler.
Text — Raphael Hegglin
Der durchschnittliche Arbeitsweg misst in der Schweiz 14,5 Kilometer – mit Rückweg also rund 30 Kilometer pro Tag. Näher liegt für die meisten Einwohnerinnen und Einwohner das nächste Einkaufscenter sowie andere Läden für den täglichen Bedarf.
Strecken über 100 Kilometer gehören hingegen für die Mehrheit nicht zum Alltag, und über 500 Kilometer am Stück fährt man meist nur in den Ferien. Mit anderen Worten: Ein Fahrzeug mit einer Reichweite von 50 Kilometern deckt einen Grossteil der Mobilitätsbedürfnisse hierzulande ab. Noch weniger auf die Reichweite kommt es in der Stadt an, hier reichen meist schon 10 bis 15 Kilometer Reichweite, um an einem Tag «weit» herumzukommen.
ZUNEHMENDE MODELLVIELFALT
Lange Zeit gab es zwischen Velo und Auto nur das Motorrad. Mit dem Siegeszug des batteriebetriebenen Elektromotors hat sich das geändert. Heute gibt es eine Vielzahl verschiedener Kleinfahrzeuge für kurze und mittlere Distanzen – und es werden immer mehr. Zusammenfassen lassen sich diese Verkehrsmittel unter dem Begriff Mikromobilität.
Wobei der Begriff etwas tiefstapelt. Denn die vorhergehende Streckenstatistiken zeigen, dass Kleinfahrzeuge eine wichtige Rolle in unserem zukünftigen Mobilitäts-Konzept übernehmen können. Konkret sind damit die folgenden Fahrzeuge gemeint:
E-BIKES:
Es gibt solche mit Tretunterstützung bis 25 km/h (langsame Pedelecs) und solche mit Tretunterstützung bis 45 km/h (S-Pedelec, «S» für schnell). Je nach Einsatzgebiet eignet sich ein langsames oder ein schnelles E-Bike. Wer fast nur in der Stadt unterwegs ist, greift eher zu einem Modell bis 25 km/h, da höhere Geschwindigkeiten ohnehin selten möglich sind. Und: Aufgrund ihrer geringeren Leistung haben die langsameren E-Bikes höhere Reichweiten.
Wer das E-Bike täglich zum Pendeln aus der Agglomeration für Fahrten über 10 km nutzt, wählt hingegen eher ein S-Pedelec. Das Mindestalter für sämtliche E-Bikes liegt in der Schweiz bei 14 Jahren. Dann benötigen Jugendliche einen Ausweis der Kategorie M (Motorfahrräder) für ein E-Bike bis 25 km/h; ab 16 Jahren braucht es keinen Ausweis mehr. Für ein E-Bike bis 45 km/h ist hingegen immer ein Führerausweis – mindestens der Kategorie M – erforderlich.
ELEKTROROLLER
Sie sehen wie Motorroller oder Motorräder aus, sind aber mit einem Elektromotor und Akku ausgerüstet. Es gibt leichte Elektroroller, die maximal 20 km/h fahren. Für sie muss man ab 16 Jahren keinen Führerschein haben, zwischen 14 und 16 Jahren braucht es einen der Kategorie M. Ein Kontrollschild ist nicht erforderlich und es besteht keine Helmpflicht. Für Modelle bis 30 km/h ist in jedem Fall mindestens ein Ausweis der Kategorie M sowie ein Nummernschild erforderlich, zudem besteht Helmpflicht.
Gleiches gilt für Elektroroller bis 45 km/h; für sie ist jedoch ein Führerschein Kategorie A1 erforderlich und sie sind erst ab 16 Jahren erlaubt. Für Motorroller ohne Maximalgeschwindigkeit (Leistung über 11 kW) muss man 18 Jahre alt sein und einen Führerschein der Kategorie A besitzen.
E-TROTTINETTS
Die kleinen Flitzer sieht man mittlerweile überall, beliebt sind sie auch im Sharing-Abo. E-Trottinetts können mehr leisten, als auf den ersten Blick erscheinen mag. Ihre Geschwindigkeit ist auf 20 km/h begrenzt, was aber schon ein flottes Tempo ist. Ein Helm ist nicht vorgeschrieben, wird jedoch empfohlen. Zwischen dem 14. und 16. Lebensjahr ist ein Führerschein Kategorie M erforderlich, danach sind sie ohne Ausweis verfügbar.
ELEKTROSTEHROLLER
Berühmtestes Produkt ist der Segway. Auch bei Elektrostehrollern ist die Geschwindigkeit auf 20 km/h begrenzt. Und ein Helm ist nicht vorgeschrieben – jedoch empfohlen. Zwischen dem 14. und 16. Lebensjahr ist ein Führerschein der Kategorie M erforderlich, danach darf man Segways & Co. ohne Ausweis fahren.
ELEKTROMOBILE MIT DACH (KABINENROLLER)
Diese drei- und vierrädrigen Elektromobile bieten Platz für eine bis zwei Personen. Sie sind mit einer Leichtbau-Karosserie sowie Scheiben ausgestattet und dadurch auch bei Regen und Schnee nutzbar. Mittlerweile gibt es Prototypen mit über 200 km Reichweite – das macht den Kabinenroller zum Kleinstwagen. Auch leistungsfähigere Modell erreichen allerdings kaum eine Maximalgeschwindigkeit von über 90 km/h; sie sind nicht für die Autobahn zugelassen.
Für Fahrten in und um eine Stadt eignen sie sich jedoch gut, auch weil sie nur wenig Parkfläche benötigen. Je nach Modell und Höchstgeschwindigkeit ist für ein Kabinenroller kein Führerschein oder einer der Kategorie M oder B erforderlich. Da Kabinenroller das ganze Jahr nutzbar sind und viele Modelle auch Platz für Gepäck bieten, könnten sie künftig das Auto in vielen Fällen ersetzen.
ELEKTROMOBILE OHNE DACH
Diese sind vor allem für Seniorinnen und Senioren interessant, denn sie ermöglichen Mobilität bis ins hohe Alter. Elektromobile haben eine tiefen Einstieg und im Falle einer Gehbehinderung darf man mit ihnen auch auf dem Trottoir fahren. Die Geschwindigkeiten reichen von 10 bis 45 km/h. Auf der Strasse gelten für Elektromobile dieselben Regeln wie für Fahrräder: Man muss mit ihnen am rechten Rand oder falls vorhanden auf dem Radstreifen fahren. Nicht erlaubt ist das Fahren auf Autostrassen und Autobahnen.
INFO
AUF STRASSE UND TROTTOIR VERBOTEN
Der akkubetriebene Elektromotor hat vieles möglich gemacht. Auch Spass-Fahrzeuge wie Hoverboards, Smartwheels, Monowheels, motorisierte Skateboards und viele mehr. Sie alle haben eines gemein: Mit ihnen darf man nicht auf Strassen oder Trottoirs fahren. Erlaubt sind sie nur auf abgesperrten, privaten Arealen. WICHTIG: Für alle auf der Strasse gefahrenen Elektrofahrzeuge ist eine Typengenehmigung (Strassenzulassung) erforderlich!