Elektro- und Verbrennungsmotor im Vergleich
Für Elektromotoren spricht vieles, vor allem langfristig betrachtet. Sterben Verbrenner bald endgültig aus?
Text — Raphael Hegglin
Die Frage nach Elektro- oder Verbrennungsmotor hat sich eigentlich erübrigt: Anfang Jahr entschied das EU-Parlament, dass ab 2035 in der EU keine Neuwagen mit Diesel- und Benzinmotoren mehr zugelassen werden. Sonderwege für Nicht-EU-Länder wie die Schweiz – sollten sie denn überhaupt gewünscht sein – sind aus praktischen Gründen gar nicht möglich. Denn die Automobilindustrie stellt relativ geschlossen ihre Produktion von Verbrennern auf Elektroautos um. Das sind Milliardeninvestitionen, die sich dereinst lohnen müssen. Parallel dazu weiterhin in Verbrennungsmotoren zu investieren, wäre aus ökonomischen Gründen wenig sinnvoll.
Es ist also davon auszugehen, dass spätestens ab 2035 immer weniger Garagen Diesel- und Benzinautos warten und reparieren, auch das Tankstellennetz wird zunehmend schrumpfen. Doch ist dieser Umstieg wirklich sinnvoll oder nur Zwängerei und das Produkt heimlicher Lobbyarbeit? Diese Faktoren sprechen für Elektroautos:
CO2-AUSSTOSS
Beim Fahren stösst ein Elektroauto – im Gegensatz zum Verbrenner – kein CO2 aus. Entscheidend für die tatsächliche Klimabilanz ist jedoch die Herkunft des verwendeten Stroms: 1 kWh aus Wasser- und Kernkraft verursacht etwa 5 g CO2-Äquivalente, 1 KWh aus Photovoltaik rund 70 CO2-Äquivalente und eines aus Windturbinen etwa 16 CO2-Äquivalente. Die Emissionen von Strom aus fossilen Brennstoffen wie zum Beispiel Kohle betragen hingegen zwischen 600 und 1000 g CO2-Äquivalente pro kWh.
Nicht nur der CO2-Ausstoss pro Fahrkilometer ist für die Klimabilanz eines Autos entscheidend: Die graue Energie – die Energie für Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung – fällt ebenso ins Gewicht. In diesem Punkt schneiden Autos mit Verbrennungsmotor heute besser ab, Elektroautos sind aufwendiger in der Produktion.
Das Mehr an grauer Energie amortisiert sich mit den Einsparungen während der Fahrt jedoch schnell: Laut Paul Scherrer Institut verursacht ein durchschnittliches Elektroauto mit dem heutigen Strommix etwa 30 Tonnen Treibhausgase (Lebensfahrleistung von 200'000 Kilometern). Ein vergleichbares Benzinauto stösst hingegen mehr als doppelt so viele Emissionen aus.
INFO
ELEKTROMOBILITÄT: GEHT UNS BALD DER STROM AUS?
Laut einer Studie von Ernst Basler und Partner werden im Jahr 2040 über 60 % der Fahrzeuge elektrisch fahren. Der Strombedarf wird sich daher gegenüber heute um etwa 11 Prozent erhöhen. Hinzu kommt der ansteigende Stromverbrauch, verursacht durch den Umstieg auf Wärmepumpen. Ob sich der Zuwachs allein durch den Bau von Photovoltaik- und Windkraftanlagen decken lässt, ist umstritten. Eine neue Studie der ETH hat gezeigt, dass es neben dem massiven Ausbau erneuerbarer Energie auch nach 2040 noch Strom aus Kernkraftwerken brauchen wird.
ENERGIEEFFIZIENZ
Die Physik setzt Grenzen: Verbrennungsmotoren können maximal etwa 50 % der zugeführten Energie in Bewegungsenergie umwandeln, der Rest geht hauptsächlich als Abwärme verloren. In der Praxis erreichen Benzinmotoren einen Gesamtwirkungsgrad von etwa 20 %, Dieselmotoren einen von etwa 45 %.
Elektromotoren wandeln hingegen bis zu 90 % des zugeführten Stroms in Bewegungsenergie um und können Bremsenergie zurückgewinnen (Rekuperation). Bezieht man Lade- und Entladeverluste mit ein, so erreichen Elektroautos heute einen Gesamtwirkungsgrad von 65 bis 80 %. Elektromotoren können also nicht nur emissionsfrei arbeiten, sie nutzen die zugeführte Energie auch wesentlich effizienter als Verbrenner.
Brennstoffzellen-Fahrzeuge sind ebenfalls mit einem Elektromotor ausgerüstet. Nur bezieht dieser den Strom nicht aus einem Akku, sondern aus einer Brennstoffzelle. Diese ist in der Lage, Brennstoffe wie Wasserstoff in Strom umzuwandeln. Da Wasserstoff vorgängig mit Strom erzeugt sowie komprimiert und transportiert werden muss, liegt der Gesamtwirkungsgrad von Brennstoffzellenfahrzeugen nur bei etwa 30 %. Ihre Vorteile gegenüber Elektrofahrzeugen mit Akku sind die grössere Reichweite und dass sie sich so schnell wie herkömmliche Autos betanken lassen.
ENTWICKLUNGSPOTENZIAL
Den Verbrennungsmotor hat man in den vergangenen 100 Jahren kontinuierlich weiterentwickelt und optimiert – viel mehr herausholen lässt sich kaum. Der Umstieg auf künstlich erzeugte Treibstoffe, sogenannte Synfuels oder E-Fuels, könnte die Klimabilanz der Verbrenner zwar deutlich verbessern. Um diese Treibstoffe herzustellen, sind jedoch grosse Mengen an Elektrizität erforderlich. Es ist daher unwahrscheinlich, dass Synfuels jemals in ausreichender Menge zur Verfügung stehen werden.
Bei Elektrofahrzeugen ist das Entwicklungspotenzial hingegen gross. Neue Konzepte für besonders effiziente Leichtfahrzeuge sind erst am Entstehen und die Recyclingquote der Akkus verbessert sich laufend. Sie könnte in Zukunft bei über 90 % liegen. Schon heute verbraucht ein Elektroauto drei- bis viermal mal weniger Energie für dieselbe Strecke als ein Benziner. Und es gibt Prototypen, die etwa 10-mal weniger verbrauchen.