Wärmedämmung soll dünner werden
Mit zunehmender Dämmstärke wächst der Flächenverlust. Neue Hochleistungs-Materialien sollen Abhilfe schaffen.
Text — Raphael Hegglin
Dick soll sie sein: An Neubauten sind mittlerweile Dämmstärken von 25 bis 30 Zentimetern gebräuchlich. Pro zehn Meter Hausbreite gehen so 3 m2 Nutzfläche verloren oder auf ein ganzes Einfamilienhaus schnell einmal über 10 m2 pro Geschoss.
Neue Dämmstoffe sollen daher besser isolieren – in erster Linie nicht, um die Energieeffizienz weiter zu steigern, sondern um die Dicke der Dämmung reduzieren zu können. Im Fokus stehen dabei seit einigen Jahren zwei Dämmstoffe, die bereits vereinzelt eingesetzt werden:
AEROGELE
Diesen Stoff hat man zuerst nur in der Raumfahrt eingesetzt. Heute lässt sich Aerogel günstiger herstellen, sodass auch Gebäude damit gedämmt werden. Doch der Preis ist immer noch hoch: Aerogele kosten bis zu 20-mal mehr als herkömmliche Dämmstoffe.
Aerogel ist ein extrem poröser Feststoff, der aus Kieselsäure gewonnen wird – ein Bestandteil von Sand. Aus der Kieselsäure stellt man zuerst ein wässriges Gel her, das man anschliessend unter speziellen Produktionsbedingungen trocknen lässt. Das Resultat: Ein feinporiger Feststoff, der aus 95 % Luft besteht. 1 Gramm Aerogel hat die Oberfläche eines Fussballfelds, und seine Poren sind 1000-mal dünner als der Faden eines Spinnennetzes. Dadurch dämmt Aerogel doppelt so gut wie herkömmliche Dämmstoffe. Zudem hat es eine besonders hohe Lebensdauer und wirkt brandhemmend wie auch schallschluckend.
Aerogele dämmen bis zu dreimal besser als herkömmliche Dämmstoffe. Das heisst, eine 8 Zentimeter dicke Dämmschicht aus Aerogel erzielt das gleiche Resultat wie eine heute übliche Dämmschicht von 25 Zentimetern Dicke. Aerogel ist als Matten oder als flockiger Einblasstoff erhältlich. Es wird als reines Aerogel, aber auch in Kombination mit Mineralwolle angeboten.
Ebenfalls hat die Empa Backsteine entwickelt, die in ihrem Inneren mit Aerogel gefüllt sind. Eine Wand aus solchen Backsteinen dämmt von sich aus schon gut.
VAKUUMISOLATIONSPANEELE
In herkömmliche Dämmstoffen wirkt Luft, eingeschlossen in möglichst kleine Poren, als Isolator. Noch besser als Luft isoliert hingegen keine Luft: das Vakuum. Daher hat man vakuumierte Dämmstoffe, sogenannte Vakuumisolationspanele (VIP) entwickelt. Diese bestehen aus einem pulverförmigem Dämmstoff, der von einer luftdichten Vakuum-Folie ummantelt ist. Aufgrund des Vakuums ist das Paneele steif und fest. Dieser Effekt ist zum Beispiel auch bei vakuumiertem Pulverkaffee zu sehen.
Die ein bis zwei Quadratmeter grossen VIP dämmen bis zu zehnmal besser als herkömmliche Dämmstoffe – ein 2,5 Zentimeter dickes VIP entspricht also etwa den 25 Zentimetern EPS oder Mineralwolle. Doch die aufwendige Konstruktion schlägt sich im Preis nieder: Eine Wärmedämmung mit VIP ist etwa fünfmal teurer als eine herkömmliche.
Daher verwendet man VIP heute vor allem dort, wo jeder Zentimeter zählt: zum Beispiel beim nachträglichen Dämmen von Dachterrassen, Aussentüren, Fensterleibungen oder zur Innenisolation von Böden und Wänden.