Aussaat: Gut geplant ist halb geerntet

Der März ist die ideale Zeit, um Blumen und Gemüsesetzlinge drinnen vorzuziehen. Nur mit einer frühzeitigen Planung können aus den kultivierten Sämlingen kräftige Pflanzen entstehen.

Text — Helen Weiss

 

AUFWAND LOHNT SICH

Von März bis Mai herrscht Hochkonjunktur im Glashaus, Frühbeetkasten und auf der Fensterbank. Denn wer sich für den kommenden Sommer ein kleines Blütenmeer und schmackhaftes Gemüse im Garten wünscht, muss jetzt schon planen und mit der Aussaat beginnen. Werden Sommerblüher selbst gezogen, muss man mit einer sechs- bis achtwöchigen Anzuchtszeit rechnen. Der Aufwand lohnt sich, denn wenn die Setzlinge nach den Eisheiligen – also ab Mitte Mai – ins Beet gepflanzt werden, haben sie bereits eine gewisse Grösse und können richtig durchstarten. Die Aussaat direkt ins Beet ist zwar weniger arbeitsintensiv, doch es dauert länger, bis die Blumen zum Blühen kommen. Da die Saat eine Bodentemperatur von etwa fünf bis zehn Grad Celsius benötigt, kann meist erst ab Ende April oder Mitte Mai ins Beet gesät werden. Zudem benötigt man viel mehr Samen und es besteht bei einem heftigen Regenguss die Gefahr des Verschwemmens.

TIPP

SAATGUT ZUR PROBE

Hat man alte Samen und ist sich nicht sicher, ob sie noch keimfähig sind, macht man am besten eine Keimprobe. Dafür wird eine kleine Schale mit angefeuchtetem Küchenpapier oder Watte ausgekleidet. Dann werden einige Samen auf die feuchte Unterlage verteilt. Im Gewächshaus oder auf der Fensterbank im Haus wird die Anordnung nun gut feucht gehalten. Wichtig ist, dass die Keimprobe nicht an der prallen Sonne steht. Nach einigen Tagen zeigen sich die ersten Keimblättchen: Wenn mindestens 80 Prozent der Samen keimen, macht eine Aussaat noch Sinn. Dieser Prozentsatz gilt jedoch nur für gekaufte Samen. Denn diese durchwandern vor der Abfüllung in die Samentüte einen Reinigungsprozess, was eine hohe Keimfähigkeit garantiert.

Richtig gelagert, hält Saatgut lange: Am besten bewahrt man es möglichst kühl, trocken und dunkel auf. In Schraubgläsern gefüllt, sind die Samen nicht nur vor Feuchtigkeit geschützt, sondern auch vor möglichen Schädlingen. Zusätzlich kann den Schraubgläsern ein Säckchen Silikatgel oder Reis beigefügt werden, um mögliche Feuchtigkeit zu verhindern.


Für die Aussaat von Gemüse spricht vor allem die breitere Auswahl, denn neue oder sehr alte Sorten sind als Setzlinge kaum erhältlich. Die Anzucht von Gemüse lohnt sich jedoch nur bei grösseren Mengen – wer bloss Platz für fünf Kohlrabi hat, kann sich getrost Setzlinge kaufen. Zwar können einige Gemüsearten wie Rüebli direkt ins Beet gesät werden. Doch bei einigen Arten wie Tomaten und Peperoni lohnt sich die vorzeitige Aussaat an einem frostfreien Ort, etwa auf der Fensterbank im Wohnzimmer.

DIE EXPERTIN

Bina Thürkauf,
Inhaberin der Bio-
Gärtnerei am
Hirtenweg in Riehen

«BIO-QUALITÄT LOHNT SICH»

«Nicht nur Lebensmittel, sondern auch Gemüsesetzlinge und Samen können heute in Bio-Qualität gekauft werden. Das lohnt sich: biologische Samen und Pflanzen werden umweltschonender produziert
und belasten dadurch weder Natur noch Gesundheit. Der Verzicht auf synthetischen Kunstdünger schützt nicht nur die Natur, sondern stärkt auch die Widerstandskraft der Pflanzen. Biologische Pflanzen sind oft kompakter und robuster, da sie dank organischem Dünger langsamer wachsen. Dadurch sind sie bestens auf die Verhältnisse im Garten vorbereitet. Natürlich lassen sich auch konventionell produzierte Samen und Setzlinge im eigenen Garten nach biologischen Richtlinien kultivieren. Doch der Kauf von Bio-Produkten ist eine Frage der Ideologie. Man kauft sich schliesslich auch kein T-Shirt für zwei Franken, das unter schlimmsten Bedingungen für Mensch und Umwelt produziert wurde, um es dann mit Bio-Waschmittel zu waschen. Wer sich für ein Bio-Produkt entscheidet, investiert in Umweltschutz, Nachhaltigkeit und eine grüne Zukunft.»

SENSIBLE PFLÄNZCHEN

Für die Anzucht im Haus sollte nicht die übliche Blumenerde verwendet werden, da sie Dünger enthält, der den Sämlingen nicht besonders gut bekommt. Gartenerde oder Kompost eignet sich ebenfalls nicht: Sie vernässen zu stark, da sie zu schwer sind, und enthalten oft Unkrautsamen, die den Keimlingen zusetzen. Die Saatschale füllt man mit Aussaaterde, die glatt gestrichen und befeuchtet wird.

Für eine Direktsaat muss der Boden eine Mindesttemperatur von zwölf Grad aufweisen.

Nach der Aussaat wird eine dünne Schicht Erde über die Samenkörner verteilt: Als Faustregel gilt, die Erdschicht doppelt so stark zu halten, wie die Samenkörner dick sind. Die Aussaatschalen stellt man an einen hellen Platz am Fenster ohne direkte Sonne. Bei einer Temperatur von rund 20 Grad Celsius und regelmässigem Giessen keimt schon innert Wochen das künftige Gartenglück. Verwendet man eine Plastikfolie über der Saatkiste, erübrigt sich das Giessen meist, denn die Feuchte wird gehalten und die Temperaturschwankungen sind geringer.

TIPP

KLEINE KLONE FÜR DEN GARTEN

Bei überwinterten Sommerblumen wie Geranien und Fuchsien oder Kübelpflanzen wie Oleander lohnt es sich jetzt, Stecklinge zu schneiden. Diese Art der Vermehrung hat viel Potenzial: Neben einer schnellen Pflanzenentwicklung und dadurch kürzeren Kulturzeit birgt sie die Möglichkeit, Pflanzen zu vermehren, die schlecht oder keine Samen ansetzen. Durch die ungeschlechtliche Vermehrung enthält zudem die Tochtergeneration dasselbe genetische Material wie die Mutterpflanze. Seltene und alte Blumen- und Gemüsesorten, deren Samen im Handel nicht mehr erhältlich sind, können deshalb auf einfache Art weiter kultiviert werden.

Die Möglichkeiten der vegetativen Vermehrung sind schier unüberschaubar. Am verbreitetsten ist jedoch der Schnitt von Kopfstecklingen. Dabei werden im Frühling die jungen Triebspitzen der Mutterpflanze abgetrennt. Kleine Stecklinge sollten direkt unter einem Blattpaar geschnitten werden (siehe Bild), da dort am meisten Hormone gespeichert sind. Sauberes Arbeiten ist dabei wichtig, damit keine Krankheiten übertragen werden. In nährstoffarme Erde gesteckt und mit einem durchsichtigen Plastik bedeckt, bewurzeln die Stecklinge rasch und können bald in ein grösseres Gefäss verpflanzt werden.

AB IN DEN TOPF

Nachdem die Saat aufgegangen ist, stellt man die Schale meist ein wenig kühler, damit die Keimlinge nicht «vergeilen», also lange und schwache Triebe bilden, sondern sich kompakt entwickeln und gut verzweigen. Sind die Sämlinge so gross, dass man sie gut fassen kann, werden sie pikiert. Man entnimmt sie vorsichtig aus der Saatkiste und verpflanzt sie bis unter das erste Blattpaar in Töpfe. Sommerblüher mit grossen Samen, etwa Sonnenblumen, müssen nicht pikiert werden, sondern können direkt in die Töpfe gesät werden. Das gilt auch für Gemüsearten wie Kürbis, Zucchetti oder Gurken.

CHECKLISTE


SO GELINGT DIE ANZUCHT IM HAUS

Mit den richtigen Tipps und Tricks wird die Aussaat zum Kinderspiel:

  • SUBSTRAT: Für die Aussaat wird keimfreie, nährstoffarme Aussaaterde verwendet, die im Fachhandel erhältlich ist. In eine Aussaatschale gefüllt, wird sie leicht angedrückt. Die oberste Schicht wird gesiebt, so dass eine feinkrümelige Oberfläche entsteht
     
  • AUSSAAT: Sehr feine Samen werden mit etwas Sand gemischt. Um eine gleichmässige Verteilung zu erreichen, knickt man ein Blatt Papier und streut die Samen in den Falz. Nun verteilt man die Samenkörner mit gleichmässigen Bewegungen auf der Erde.
     
  • ANGIESSEN: Mit einem Brett wird das Saatgut leicht angedrückt, so dass ein guter Erdkontakt entsteht. Nun wird die Aussaat mit einer feinen Brause angegossen.
     
  • LICHT- UND DUNKELKEIMER: Einige Pflanzen benötigen Licht, um zu keimen. So genannte Lichtkeimer dürfen nach der Aussaat nicht mit Erde bedeckt werden. Dunkelkeimer hingegen – zu denen fast alle Gemüsearten zählen – benötigen eine leichte Erdbedeckung und einen abgedunkelten Raum zur Keimung.
     
  • STANDORT: Die Aussaatschale muss hell stehen, aber gegen direkte Sonneneinstrahlung geschützt werden. Eine Fensterbank auf der Nordseite des Hauses ist der ideale Standort.
     
  • PFLEGE: Die Saat muss immer feucht gehalten werden. Eine Plastikhaube (im Handel erhältlich) oder ein durchsichtiger, mit Löchern versehener Plastiksack sorgen für ein gutes Mikroklima.