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Begrünung der Hausfassade

Als Ausgleich für die vielen versiegelten Flächen wie Gebäude oder asphaltierte Strassen, bringen Pflanzen Natur dorthin, wo sonst wenig Grün zur Verfügung steht. Die urbane Begrünung von Fassaden und Dächern verbessert nicht nur das Klima, sondern bildet auch einen wichtigen Lebensraum für Insekten und Vögel.

Text — Helen Weiss

 

Üppiges Blattwerk und bunte Blütenpracht auf kleinstem Raum: Kletter- und Schlingpflanzen sind wahre Wunder aus dem Reich der Natur. Mit erstaunlich wenig Platz im Erdreich schaffen sie es, Wände, Mauern und Dächer ergrünen zu lassen. Den Trend, Häuser in ein grünes Gewand zu hüllen, ist vor allem in den Städten entstanden. Denn das Blattwerk filtert Abgase und Staub und schützt das Haus vor der Sommerhitze. Das ist in Zeiten des Klimawandels mit Temperaturerhöhung und steigender Anzahl von Hitzetagen und Tropennächten besonders willkommen. Es macht also durchaus Sinn, sein Haus zu begrünen. Leider haben die Schäden an den Fassaden, welche Efeu, wilder Wein und Co. verursachen, einigen Hauseigentümern die Lust an einem Dornröschenschloss vertrieben. Die Skepsis ist in Bezug auf die Fassadenschäden berechtigt. Es ist deshalb wichtig, dass die Gebäudebegrünung professionell geplant und umgesetzt wird.
 

INFO

EINHEIMISCHE BEGRÜNUNGEN ALS LEBENSRAUM

Der ökologische Wert einheimischer Pflanzen übertrifft jenen von Neophyten – als fremdländische Arten – im Allgemeinen deutlich. Exotische Pflanzen mögen dekorativ aussehen, sind für viele einheimische Tiere aber oft nutzlos. Die heimischen Tier und Pflanzenarten haben sich über Jahrmillionen aneinander angepasst. Gebietsfremden Arten fehlt diese gemeinsame Entwicklung. Im Bereich der verholzenden Kletterpflanzen sind aus ökologischer Sicht das Waldgeissblatt (Lonicera periclymenum), die Gemeine Waldrebe (Clematis vitalba) oder das Efeu (Hedera helix) interessant. Ein empfehlenswerter kletternder Strauch ist etwa auch die Hundsrose (Rosa canina), die bis zu drei Meter hochklettert. Hopfen (Humulus lupulus) ist ebenfalls spannend als Kletterstaude, die relativ schnell wächst. Für das Dach eignen sich mehrjährige Stauden wie Steinquendel (Acinos alpinus), Golddistel (Carlina vulgaris) oder Natternkopf (Echium vulgare). Aufgrund seiner Genügsamkeit punkto Nährstoffe und Wasser sind auch alle Hauswurz-Arten (Sempervivum) bestens für eine Dachbegrünung geeignet.

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SCHUTZ VOR FEUCHTIGKEIT

Dach- und Fassadenbegrünungen werten ein Gebäude ästhetisch auf und sorgen gleichzeitig für ein ausgeglichenes Wohnklima. Der Nutzen punkto Kühlung an ungedämmten Häusern ist enorm: Gebäudebegrünungen mindern bei heissen Temperaturen die Kühllast, da sie die Fassaden vor einem starken Aufheizen bewahren. Grossflächige Hausbegrünungen verdunsten laufend Wasser und kühlen dadurch die Umgebung etwas ab. Auch bei minimalstem Bodenangebot kann man auf dem Dach und an den Wänden relativ grosse Flächen begrünen; ein Vorteil gerade in dicht überbauten Gebieten. Kletterpflanzen an Hausmauern verzögern zudem die Alterung der Fassade, indem sie den Regen an ihren Blättern abtropfen lassen und grosse Temperaturschwankungen ausgleichen. Grosse Kletterer, die am Gebäudefuss wurzeln, wirken noch aus einem anderen Grund positiv: Sie saugen Wasser aus dem Untergrund und schützen das Mauerwerk vor Feuchtigkeit.

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So genannte Gerüstkletterpflanzen wie der imposante Blauregen (1. Bild) oder die hübsche Clematis (3. Bild) benötigen zum Klettern ein Gerüst.


HAUSDACH IN GRÜN

Auch eine Dachbegrünung sieht nicht nur schön aus: Sie schützt das Dach vor starken Witterungseinflüssen und erhöht dessen Lebensdauer. Der Aufbau besteht dabei aus mehreren Schichten: Selbstverständlich muss die Abdichtung wurzel- und wasserfest sein. Die einfachste Begrünungsart – vor allem für Dächer mit geringer Tragkraft – ist der Bewuchs mit kriechenden Schlingpflanzen wie Efeu, Waldrebe oder Schlingknöterich und Wildem Wein. Bei der flächenmässigen Dachbepflanzung unterscheiden sich heute zwei Systeme: Bei der intensiven Dachbegrünung geht es nicht nur um eine möglichst effiziente Begrünung, sondern auch um Schönheit und Pflanzenvielfalt. Hier wird das Dachsubstrat dicker als 20 Zentimeter aufgetragen, wodurch sogar Bäume und Sträucher eingesetzt werden können.

 

TIPP

INSEKTEN BLEIBEN DRAUSSEN

Wer mit der Begrünung des Hauses eine Insekten- und Spinneninvasion befürchtet, sei beruhigt. Die Jagdreviere der Tiere sind draussen – die kleinen Wesen haben kein Interesse, ins Haus zu kommen, da sie auf die Pflanze als Lebensraum angewiesen sind. Sollte sich trotzdem mal ein Insekt ins Haus verirren, können die Tiere in einem leeren Konfiglas wunderbar beobachtet werden, bevor sie wieder sanft nach draussen spediert werden. Zusätzlich sorgen Vögel, die in den begrünten Wänden nisten, dass sich die Tierchen nicht zu stark vermehren. Erfahrungen zeigen zudem, dass sich Insekten und andere Gliederfüssler eher an warmen Hausmauern ansiedeln als an begrünten Fassaden. Zu bedenken sei jedoch, dass sich – je nach Wahl der Pflanzen – während der Blüten- und Fruchtzeit vermehrt Bienen und Wespen ums Haus tummeln. Ein Mückengitter kann in dieser Zeit helfen, ungebetene Gäste fernzuhalten.


Bei der extensiven Dachbegrünung hingegen müssen die Pflanzen mit sehr viel weniger Substrat auskommen, da die Schichtdicke nur sechs bis zwölf Zentimeter beträgt. Dadurch ist die Wasserversorgung stark eingeschränkt – die verwendeten Pflanzenarten müssen entsprechend anspruchslos, anpassungs- und regenerationsfähig sein. Daneben besteht sie Möglichkeit, Flachdächer mit Pflanzen in Kübeln zu begrünen: Von Vorteil sind hier die Mobilität; zudem können die Töpfe meistens direkt auf dem Kies eines Flachdachs aufgestellt werden.

CHECKLISTE

GARAGENDACH BEGRÜNEN – EINFACH UND SCHNELL

Der Fachhandel bietet komplette Sets zur Dachbegrünung von Garagen, Carports oder Velounterständen an. Bei den Pflanzen handelt es sich meist um Sedum, das rasch einen Teppich bildet und anspruchslos ist. Hält das Dach einer zusätzlichen Belastung von zirka 50 bis 80 Kilo stand, steht einem Gründach nichts mehr im Wege. So wird das Dach Schritt für Schritt grün:

  1. Dach säubern und auf Dichtheit überprüfen
  2. Die umlaufende Aufkantung anbringen; sie muss mindestens 8 Zentimeter betragen
  3. Die Selfmade-Begrünung ist für eine Dachneigung von bis zu 15 Grad geeignet
  4. Zur Abdichtung des Dachs die Wurzelschutzfolie ausbreiten und zurechtschneiden; an Überlappung denken
  5. Öffnung für das Regenwasser einschneiden
  6. Filtervlies verlegen, das verhindert das Ausschwemmen von Wurzeln
  7. Substrat aufbringen und mit dem Rechen verteilen
  8. Die Pflanzen setzen und gut angiessen
  9. Eventuell für das abfliessende Regenwasser eine Tonne bereitstellen
  10. Ein- bis zweimal pro Jahr Regenwasserabfluss auf Verstopfungen kontrollieren