Gutes Wohnklima
Ob wir uns in einem Haus wohl fühlen, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Sie lassen sich beeinflussen – und sind teilweise relevant für den Energieverbrauch.
Text — Raphael Hegglin
Es gibt Begriffe, die man oft hört, uns aber wenig sagen. «Wohnklima» und «Komfort» sind solche. In der Werbung setzt man sie gerne ein, wenn es an anderen Argumenten mangelt. Doch was steckt wirklich dahinter? Und lässt sich Komfort überhaupt messen?
Wie wichtig Komfort tatsächlich ist, spüren wir meist erst, wenn er nicht mehr vorhanden ist. Wer einige Zeit in einem Zelt oder einer Hütte ohne Strom und warmem Wasser verbracht hat, kann ein Lied davon singen. Doch echter Komfort macht Dinge nicht einfach nur bequem, er kann sogar die Lebensqualität und die Gesundheit fördern. Solcher Komfort – oder besser gesagt die Qualität des Wohn- bzw. Raumklimas – lässt sich anhand verschiedener Faktoren beziffern. Das sind die wichtigsten:
RAUMTEMPERATUR
Die Wohlfühltemperatur in Wohn- und Arbeitszimmern liegt bei etwa 20° Celsius, im Schlafzimmer reichen 16 bis 18° Celsius, und im Badezimmer dürfen es gerne 23° Celsius sein. Reichen diese Temperaturen nicht aus, liegt das meist an einer undichten und unzureichend gedämmten Aussenhülle. Im Bereich der Wände und Fenster fühlt es sich dann an, als würden diese Kälte abstrahlen – in Realität ziehen sie Wärme in grossem Masse ab und leiten sie nach draussen. Das Resultat davon: Man muss den Raum auf über 21° Celsius erwärmen, damit man sich darin noch wohl fühlt.
Dies erhöht den Heizwärmeverbrauch allerdings deutlich: Wer den die Raumtemperatur um 1° Celsius erhöht, steigert den Energieverbrauch um etwa 6 %. Ein auf 23° Celsius eingestellter Wohnraum erhöht die Heizkosten also etwa um ein Viertel! Eine zeitgemässe Wärmedämmung sorgt also sowohl für tiefe Heizkosten als auch für hohen Wohnkomfort. Oder anders gesagt: Ein schlecht gedämmtes Haus benötigt deutlich mehr Energie für ein behagliches Wohnklima als ein gut gedämmtes.
INFO
DIESE GERÄTE KÖNNEN DAS WOHNKLIMA VERBESSERN
- Luftentfeuchter: Besteht nur in einem einzelnen Raum ein Feuchtigkeitsproblem, lohnen sich bauliche Massnahmen oft nicht. Günstiger und ausreichend ist die Installation eines Luftentfeuchters. Es gibt Modelle mit einem Tank, der regelmässig geleert werden muss, und solche, die sich an die Abwasserleitung anschliessen lassen. Da Luftentfeuchter relativ viel Strom benötigen, sollte man ein Gerät mit der Energieeffizienzklasse A wählen. Ebenfalls wichtig ist, dass der Luftentfeuchter der Raumgrösse angepasst ist. Zu klein dimensionierte Geräte entfeuchten nur mangelhaft und verbrauchen gleichzeitig viel Strom, da sie dauernd arbeiten müssen.
- Luftbefeuchter: Sinkt die Luftfeuchtigkeit in einem Innenraum unter 40 %, steigert ein Luftbefeuchter den Wohnkomfort spürbar – und kann sogar Krankheiten vorbeugen: Medizinerinnen und Mediziner erachten eine relative Luftfeuchtigkeit von 45 bis 55 % als ideal. Aus energetischer Sicht empfehlenswert sind Luftbefeuchter, die mit dem Verdunstungsprinzip arbeiten. Sie benötigen etwa 30-mal weniger Strom als ein Gerät, das Wasser mittels Erhitzen verdampft. Allerdings muss man Verdunstungsgeräte öfter reinigen, ansonsten können darin Bakterienherde entstehen.
- Luftreiniger und Luftwäscher: Die beiden Geräte arbeiten zwar unterschiedlich, entfernen aber beide Pollen, Bakterien, Viren und Feinstaub aus der Luft. Luftwäscher reichern zusätzlich die Luft mit Feuchtigkeit an. Ob dies erwünscht ist oder nicht, hängt von den individuellen Bedürfnissen ab. Ob Luftreiniger oder Luftwäscher: Nicht alle reinigen ausreichend gut! Vor dem Kauf ist es daher empfehlenswert, Testberichte zu studieren. Denn die Unterschiede sind gross: Während die einen Geräte selbst Viren aus der Luft entfernen, verbessern andere die Luftqualität nur marginal.
LUFTFEUCHTIGKEIT
Hier geht es um mehr als Wohlfühlen: Die Luftfeuchtigkeit beeinflusst sogar unsere Gesundheit. Idealerweise beträgt sie in den Innenräumen zwischen 40 und 60 %. Liegt sie darunter, dann trocknen unsere Schleimhäute aus, zudem wird vermehrt Staub aufgewirbelt, die Luftqualität sinkt. Bakterien, Viren und Pilze haben dann leichteres Spiel, und wir werden schneller krank – was jeden Winter zu beobachten ist.
Doch eine zu hohe Luftfeuchtigkeit ist ebenfalls nicht gut: Mit ihr steigt das Risiko, dass Schimmel wächst. Die Sporen aller Schimmelpilz-Arten können Allergien, Asthma und Kopfschmerzen auslösen sowie das Lungengewebe schädigen. In extremen Fällen kann es sogar zu Vergiftungen, schweren Infektionskrankheiten und Nierenerkrankungen kommen. Schimmel muss daher sofort fachgerecht entfernt werden. Ebenso wichtig ist es, die Ursache auszuschalten. Eventuell reicht dazu schon regelmässiges Lüften oder ein Luftentfeuchter. Ansonsten sollte man schnellstmöglich eine Fachperson beiziehen.
LUFTQUALITÄT
Möglichst rein soll sie sein: In der Luft unerwünscht sind Feinstaub, Schadstoffe, Pflanzenpollen und Staub. Denn sie vermindern nicht nur den Wohnkomfort, sondern können auch Allergien auslösen und krank machen. Luftschadstoffe, Pollen und Staub können durch Lüften von aussen nach innen gelangen oder aus dem Gebäude selbst stammen. Abhilfe können Luftreinigungsgeräte schaffen (siehe Infobox oben: «Diese Geräte können das Wohnklima verbessern»).
Ebenso wichtig sind ein niedriger CO2- und ein hoher Sauerstoffgehalt. In Wohnhäusern liegen diese Werte üblicherweise immer im Toleranzbereich. Allenfalls kann der CO2-Gehalt bei einer hohen Zahl Gäste und dauerhaft geschlossenen Fenstern – zum Beispiel beim Weihnachtsfest – darüber hinaussteigen. Gesundheitsgefährdend ist dies nicht, man wird jedoch müde davon. Regelmässiges Lüften ist dann empfehlenswert.
INFO
VORSICHT: SCHADSTOFFE IN DER LUFT
In vielen Altbauten schlummern Altlasten, die Gifte in die Luft abgeben können. Es lohnt sich daher, das Haus einmal kritisch zu begutachten – um die Altlasten zum Beispiel im Zuge einer energetischen Sanierung entfernen zu lassen. Darauf sollte man besonders achten:
- Holz: Bis in die 1980er-Jahre wurde Holz oft mit gesundheitsgefährdenden Schutzmitteln behandelt. Besonders zu erwähnen sind hierbei PCP, Lindan und DDT. Diese Mittel sind besonders giftig und können Kopfschmerzen und andere Beschwerden auslösen.
- Asbest: Solange es gebunden bleibt, ist es ungefährlich. Sobald sich asbesthaltige Materialien aber zersetzen bzw. zerschnitten, angebohrt oder abgeschliffen werden, geben sie hochgefährliche, krebserregende Fasern ab. Asbest wurde bis ins Jahr 1990 verbaut und findet sich in Bodenbelägen, Plattenklebern, Isolationsmaterialien und Verkleidungen. Vor einer Sanierung sollten entsprechende Bauteile unbedingt geprüft werden.
- Möbel und Holzwerkstoffe: Am häufigsten kommt Formaldehyd vor, ein Bestandteil von Spanplatten und verleimten Möbeln. Formaldehyd reizt die Schleimhäute, führt zu Augenbrennen, Kopfschmerzen, Müdigkeit sowie Konzentrationsstörungen und kann Allergien auslösen. Seriöse Hersteller setzen auf Bindemittel, die nur wenig Formaldehyd freisetzen. Doch leider gibt es keine gesetzlichen Richtlinien, und Möbel ohne Zertifizierung bergen daher Risiken.
SCHALLSCHUTZ
Gut gedämmte Wände, Dächer und Fenster schützen besser vor Lärm. Daher verbessert sich der Lärmschutz automatisch mit einer energetischen Sanierung. Und dies ist wichtig: Lärm stresst den menschlichen Körper, im schlimmsten Fall führt er über längere Zeit zu Konzentrationsstörungen, Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Krankheiten. Laut Bundesamt für Umwelt (BAFU) leidet hierzulande etwa jede fünfte Person unter Lärm, hauptverantwortlich dafür ist der Verkehr. Bund, Kantone sowie Gemeinden haben daher reagiert und verkehrsberuhigende Massnahmen ergriffen.
Bei Altbauten reicht die behördlich angeordnete Lärmreduktion oft nicht, und es ist eine Sanierung erforderlich. Im Fokus stehen dabei vor allem die Fenster: Schallschutzfenster ermöglichen eine Lärmreduktion von bis zu 39 Dezibel. Dies entspricht einer Reduktion von rund 90 %. Oft reicht der Ersatz der alten Fenster nicht aus, und es müssen zusätzlich die Storen- und Rollladenkästen gedämmt werden. Nur so wird der neue Schallschutz wirksam.
TAGESLICHT
Draussen im freien Feld wird es bei uns bis zu 120'000 Lux hell, an düsteren Tagen sind es noch etwa 10'000 Lux. Drinnen sind es hingegen oft weniger als 500 Lux. Viel zu wenig: Bei weniger als 1'000 Lux tagsüber drohen Müdigkeit und Vitamin-D-Mangel. Grosszügige Fenster und Tageslichteinfall sind daher nicht nur eine Frage des Komforts, sie sind auch wichtig für die menschliche Gesundheit.
Zwar regelt seit Juni 2019 die Norm SN EN 17037 erstmals den fachgerechten Einsatz von natürlichem Licht in Wohn- und Geschäftsgebäuden. Altbauten hingegen fallen punkto Tageslichteinfall oft durch schlechte Werte auf. Ein Fensterersatz verbessert die Lichtverhältnisse dank moderner Glasvergütung und geringem Rahmenanteil – also grösserer Glasfläche – spürbar. Doch gilt auch mit solchen: Egal, wie hoch der Wohnkomfort auch ist, der tägliche Spaziergang ist durch nichts zu ersetzen!
CHECKLISTE
INDIZIEN FÜR EIN SCHLECHTES WOHNKLIMA
- Schlechter Geruch, stickige Luft: Zu wenig Frischluft, es muss mehr gelüftet werden. Nach einem Fensterersatz (dichtere Fenster) muss das Lüftungsverhalten angepasst werden.
- Schimmliger Geruch, Kellergeruch: Zu hohe Luftfeuchtigkeit
- Viel Staub in der Luft: Verdacht auf zu tiefe Luftfeuchtigkeit
- Trockene Augen und Schleimhäute, häufiger Husten: Verdacht auf zu tiefe Luftfeuchtigkeit
- Unausgeglichene Innentemperaturen: Unzureichende Wärmedämmung, veraltete Fenster.
- Atembeschwerden, Husten, Brennen im Hals, Kopfschmerzen: Verdacht auf Luftschadstoffe oder Schimmel
- Chronische Müdigkeit: Verdacht auf Luftschadstoffe