Fassadendämmung: ein Pullover fürs Haus
Fenster sind dazu da, Tageslicht in einen Raum zu lassen und den Blick nach draussen zu ermöglichen. Gleichzeitig soll durch sie so wenig Wärme wie möglich verloren gehen – und sie müssen sich zum Lüften öffnen lassen.
Text — Raphael Hegglin
Bis in die 1980er-Jahre baute man viele Häuser ohne Wärmedämmung. Erst Anfang der 1990-Jahre kamen die ersten verbindlichen Normen. Sie forderten für Neubauten eine Wärmedämmung von etwa 8 cm Stärke. Heute sind 20 cm und mehr Standard.
Über ungedämmte Aussenwände gehen 30 bis 40 % der Heizwärme verloren – sie bilden daher die grösste energetische Schwachstelle an einem Altbau. Diese lassen sich jedoch fast immer nachträglich dämmen. Insbesondere bei einer Fassadenrenovation ist es daher empfehlenswert, die Wärmedämmung auf den neusten Stand zu bringen. Eine so instand gestellte Fassade hält wieder für 40 bis 50 Jahre.
ZWEI FASSADENTYPEN
Fassaden lassen sich auf zwei Arten dämmen und bekleiden: als Kompaktfassade oder als hinterlüftete Fassade. Bei der Kompaktfassade werden die Dämmplatten direkt auf das äussere Mauerwerk geklebt oder verschraubt. Darauf kommt ein Verputz, der die unterschiedlichsten Farben und Strukturen aufweisen kann. Eine Kompaktfassade ist meist günstiger als eine hinterlüftete Fassade und mit ihr lässt sich die Architektur eines bestehenden Gebäudes am ehesten erhalten. Die Kompaktfassade ist jedoch aufwendiger im Unterhalt und mechanisch weniger widerstandsfähig als eine hinterlüftete Fassade.
Die hinterlüftete Fassade punktet durch ihre hohe Lebensdauer und die gute Feuchtigkeitsabfuhr. Bei ihr trennt eine Luftschicht die Fassadenbekleidung von der dahinter liegenden Wärmedämmung, diese wiederum ist direkt an der Aussenwand befestigt. Die Materialauswahl ist bei der hinterlüfteten Fassade gross: Sie reicht von Holz, Faserzement, Stein, Keramik oder Metall bis hin zu Kunststoff und Geweben.
Aufbau einer hinterlüfteten Fassade
(Foto: Flumroc AG)
Aufbau einer Kompaktfassade
(Foto: Flumroc AG)
ACHTUNG WÄRMEBRÜCKEN
Eine Wärmedämmung anzubringen, erfordert viel Fachwissen. Ansonsten können Wärmebrücken entstehen: Stellen in der Aussenhülle eines Gebäudes, die Wärme wesentlich besser leiten als benachbarte Bauteile. Die Folge davon sind innenraumseitig kalte Zonen im Bereich der Wärmebrücken. An diesen kann sich Kondenswasser bilden und Schimmelpilz wachsen.
Typische Beispiele für Wärmebrücken sind auskragende Geschossböden, die sich als Balkon fortsetzen, oder hervorstehende Bauteile wie Erker. Schwachstellen bilden oft auch Kamine, die ungedämmt aus dem Dach ragend dem Gebäude Wärme entziehen. Oder Heizkörpernischen: Hier ist das Mauerwerk weniger dick und die Dämmkraft dadurch vermindert. Wärmebrücken können zudem nachträglich, beim Dämmen eines Hauses entstehen – zum Beispiel, wenn die Fensterleibungen ungedämmt bleiben. Es ist daher wichtig, bei einer nachträglichen Wärmedämmung die Architektur und die Konstruktionsweise eine Hauses zu berücksichtigen.
HAUS MIT NEUEM GESICHT
Eine Fassadensanierung bietet auch die Chance, dem Haus ein neues Erscheinungsbild zu geben. Bei Putzen stehen unterschiedlichste Materialien zur Auswahl und sie lassen sich mittels verschiedener Techniken auftragen und strukturieren. Auch punkto Farbwahl sind kaum Grenzen gesetzt – solange die Farbe die Vorgaben ans Ortsbild erfüllt. Es sind zudem Putze erhältlich, die Algen- und Pilzwachstum verhindern.
Die hinterlüfteten Fassade bietet noch mehr Gestaltungsfreiheit. Faserzementplatten gibt es zum Beispiel als klein-, mittel- oder grossformatige Platten in allen erdenklichen Farben. Erhältlich sind auch Faserzementplatten, die Holz, Schiefer oder Naturstein imitieren. Beliebt sind zudem Naturmaterialien wie Stein und Holz. Stein überzeugt durch eine besonders lange Lebensdauer, Holz durch seine gute Umweltbilanz.
EINFAMILIENHÄUSER IM LAUFE DER ZEIT
Vor 1910
Die Fassade ist oft geschützt und darf nicht verändert werden.
Die Wände sind meist aus Backstein oder Bruchstein gefertigt und aussen roh oder mit einem Putz versehen. Häuser aus dieser Zeit haben oft Mauern mit einem Dicke von 50 cm bis 1 m. Sie sind also massiver als die Aussenwände der folgenden Baujahre und dämmen etwas besser. Trotzdem entspricht ihre Energieeffizienz bei weitem nicht den heutigen Anforderungen. Der Denkmalschutz verhindert allerdings oft eine herkömmliche Aussendämmung. Alternativen sind die Innendämmung oder ein Dämmputz, mit dem sich das Erscheinungsbild erhalten lässt.
1910 bis 1949
Dünne Wände, wenig Schallschutz — es besteht Verbesserungspotenzial.
Bei diesen Häusern sind einschalige Aussenwände mit einer Dicke von 30 bis 40 cm üblich, oft bestehen sie aus Mauersteinen. Der Wärmeverlust durch diese Wände ist hoch, auch bieten sie nur wenig Schallschutz. Viele dieser Einfamilienhäuser haben schlichte Aussenwände ohne architektonische Spielereien wie Erker, Balkon und Zierelemente. Sie lassen sich daher relativ gut dämmen. Empfehlenswert ist es, bei diesen Gebäuden den Erdbebenschutz überprüfen zu lassen. Denn Mauerwerk aus Backsteinen ist besonders gefährdet.
1950 bis 1969
Beton wurde immer beliebter, teilweise jedoch schlecht verarbeitet.
Die 30 bis 40 cm dicken, schlecht dämmenden Wände sind üblicherweise aus Backstein oder aus Stahlbeton gefertigt. Beton wurde in der ersten Hälfte dieser Epoche weniger sorgfältig verarbeitet wie in den darauffolgenden Jahren. Das äussert sich durch freiliegende Armierungseisen (Rostflecken) und Risse. Betroffene Aussenwände sollten dringend saniert werden, damit die Schäden nicht grösser werden und die Bausubstanz gefährden. In diesem Zuge lohnt es sich, ebenfalls die Aussenwände zu dämmen, da ohnehin Gerüste aufgestellt werden müssen.
1970 bis 1989
Diese Häuser sind erstmals mit einer Wärmedämmung versehen worden.
Das Mauerwerk wurde in dieser Zeit komplexer, Aussenmauern sind oft zweischichtig aufgebaut. Aufgrund der Ölkrisen in den 1970er-Jahren hat man begonnen, Häuser mit einer – aus heutiger Sicht minimalen – Wärmedämmung auszustatten. Diese sorgt für etwas bessere Dämmwerte, sie sind jedoch immer noch rund fünfmal schlechter als jene von heute erstellten Wänden. Zudem befindet sich das Dämm-Material am Ende seiner Lebensdauer. Es empfiehlt sich, die Aussenwände vor dem Fensterersatz zu dämmen, um ein optimales Ergebnis zu erzielen.
1990 bis 2009
Die standardmässige Wärmedämmung ist nach wie vor funktionsfähig.
Seit 1990 ist die Wärmedämmung an Häusern Vorschrift. Jene aus der Anfangszeit ist zwei- bis viermal weniger stark als eine heute verbaute. Doch Fassaden aus dieser Zeit befinden sich üblicherweise noch in einem guten Zustand und müssen nicht saniert werden. Umso wichtiger ist ein regelmässiger Unterhalt, damit kleine Schäden nicht zu grossen werden. So sollte man nach dem Winter kontrollieren, ob sich an der Fassade Risse gebildet haben. Ist das der Fall, sollten diese sofort versiegelt werden – sonst kann die dahinter liegende Wärmedämmung beschädigt werden.
Fotos: Peter Hert / i-PRESSUM GmbH
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