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Neue Heizung: Wer Energie sparen möchte, muss vorausdenken

Der anstehende Heizungsersatz löst vielfach einen Dominoeffekt aus. Denn wer sich mit seiner Heizung beschäftigt, sieht sich plötzlich mit allen Energieflüssen im Haus konfrontiert. 

Text — Raphael Hegglin

 

Es ist in der Regel nicht sinnvoll, die neue Heizung als 1:1-Ersatz zu planen – und oft ist das gesetzlich auch nicht mehr möglich. Zunehmend schreiben die Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn 2014) vor, was punkto Heizungsersatz erlaubt ist und was nicht.

Was fordern die MuKEn 2014 punkto Heizungsersatz? Ein grosser Teil der Einfamilienhäuser in der Schweiz erreicht heute die Energieeffizienzklasse D nicht. In solchen Gebäuden muss der Heizungsersatz nach einer der 11 Standardlösungen erfolgen (siehe Infobox). Oder aber die Energieeffizienz wird vorgängig ausreichend verbessert. Doch selbst wenn keine Auflagen an den Heizungsersatz bestehen, empfehlen sich meist Begleitmassnahmen, welche die Energieeffizienz des Gebäudes erhöhen. Denn solche Massnahmen senken nicht nur den Heizwärmebedarf, sie erlauben in der Regel auch den Einsatz eines sparsameren Heizwärmeerzeugers.

 

HEIZWÄRMEBEDARF UND VORLAUFTEMPERATUR

Ein entscheidender Punkt für die Effizienz eines Heizsystems ist die erforderliche Vorlauftemperatur. Das ist jene Temperatur, auf welche das Heizwasser erhitzt werden muss, bevor es in den Heizkreislauf gepumpt wird. Je schlechter ein Haus gedämmt und je kleiner die Radiator-Fläche ist, desto höher muss die Vorlauftemperatur gewählt werden.

Erstens richtet sich die Vorlauftemperatur also nach der Wärmemenge, die fürs Heizen eines Raumes erforderlich ist: Geht laufend viel Energie über die Aussenhülle verloren, müssen pro Zeiteinheit entsprechend hohe Wärmemengen «nachgepumpt» werden. Das ist nur mit heissem Heizwasser möglich. Zweitens ist entscheidend, wie gut die zur Verfügung stehende Wärme in den Raum abgegeben werden kann. Je mehr Kontaktfläche ein Radiator mit der Raumluft hat, desto weniger warm muss das Heizwasser sein, um ausreichend Wärme zu übertragen.

INFO

11 STANDARDLÖSUNGEN NACH MUKEN 2014

Die 11 Standardlösungen nach MuKEn 2014 sind technische Vorgaben, mit denen sich die Umweltfreundlichkeit eines Heizsystems verbessern lässt. Das kann zum Beispiel die zusätzliche Montage einer Solaranlage sein oder der Umstieg auf eine Holzfeuerung oder eine Wärmepumpe. Ebenfalls beliebt ist der Wechsel auf einen Wärmepumpenboiler, welcher seinen Strom aus einer hauseigenen Photovoltaikanlage bezieht. Doch: Bei den MuKEn 2014 handelt es sich um nationale Vorschriften, welche die Kantone in Eigenregie umsetzen. Was bei einem Heizungsersatz erlaubt ist und was nicht, unterschiedet sich daher von Kanton zu Kanton – und ändert sich laufend.


AM SPARSAMSTEN MIT TIEFEN TEMPERATUREN

Warum ist die Vorlauftemperatur für die Effizienz eines Heizsystems so entscheidend? Grundsätzlich gilt: Je höher sie ist, desto mehr Energie muss fürs Heizen aufgewendet werden. Das liegt einerseits an den Wärmeverlusten im Heizsystem, die mit hohen Temperaturen überproportional steigen.

Noch entscheidender ist, dass der heute populärste Wärmeerzeuger, die Wärmepumpe, mit steigender Vorlauftemperaturen an Effizienz einbüsst: Wärmepumpen arbeiten am sparsamsten, wenn sie das Heizwasser nicht über 50° C erwärmen müssen – optimal sind Temperaturen von um die 35° C.

 

FLÄCHE ÜBERTRÄGT WÄRME

Alte Radiatoren sind üblicherweise auf hohe Heizwassertemperaturen von um die 70° C ausgelegt und dementsprechend klein dimensioniert. Sie eignen sich nicht für effiziente Heizsysteme. Mehr Wärme-Übertragungsfläche lässt sich durch spezielle Niedertemperatur-Radiatoren realisieren. In Kombination mit einer effizienten Gebäudehülle reichen dann Vorlauftemperatur von um die 40° C, um einen Raum auch an kalten Wintertagen warm zu halten. Noch mehr Wärme-Übertragungsfläche ermöglichen Fussbodenheizungen, welche fast die gesamte Raumfläche zur Wärmeübertragung nutzen. Auch sie lassen sich nachträglich einbauen – zum Beispiel mittels Einfrästechnik.

Es ist also empfehlenswert, sich frühzeitig mit dem Heizungsersatz zu beschäftigen. Nur so lassen sich in einem Gebäude optimale Voraussetzungen für ein effizientes – sowie längerfristig betrachtet kostengünstigeres – Heizsystem schaffen. Und der zu erwartende Dominoeffekt an Massnahmen bleibt verkraftbar.

EINFAMILIENHÄUSER IM LAUFE DER ZEIT

Vor 1910

Oft sind von früher Kamine vorhanden – die sich heute nutzen lassen.

Diese Häuser wurden ursprünglich meist dezentral, mit Holz oder Kohle beheizt. Die alten Kamine lassen sich oft wieder in Betrieb nehmen, was den Einsatz von Holzfeuerungen vereinfacht. Zudem sind die Keller teilweise mit einem Brennholzlagerraum ausgestattet, er eignet sich auch für Pellets. Verzichtet man auf eine Holzfeuerung, so lassen sich die ungenutzten Kamine als Kabel- und Leitungsschächte für eine Photovoltaik- oder Solaranlagen nutzen. Solarstrom und Solarwärme ergänzen so die bestehende Heizung.

1910 bis 1949 

In der Übergangszeit mit Holz heizen ist oft einfach realisierbar.

Langsam begann sich die Zentralheizung durchzusetzen oder wurde nachträglich eingebaut. Zusätzlich sind viele Häuser aus dieser Periode mit einem zusätzlichen Kachel- oder Kaminofen ergänzt worden. Solche sind heute aktueller denn je: Modelle mit Wärmespeicher-Funktion und externer Luftzufuhr ermöglichen umweltfreundliches und kostengünstiges Heizen während der Übergangszeit. Allerdings setzt dies eine ausreichende Wärmedämmung voraus – zumindest die Fenster und die Dämmung des Daches sollten sich auf einem zeitgemässen Stand befinden.

1950 bis 1969

Energieeffizienz muss sich vor dem Heizungsersatz verbessern.

Zentralheizungen mit Öl-Heizkessel wurden in dieser Zeitspanne Standard. Da man sich damals kaum Gedanken um den Energieverbrauch machte, sind die Gebäude im Originalzustand schlecht gedämmt und die Radiatoren auf hohe Vorlauftemperaturen ausgelegt. Es ist daher kaum möglich, einfach eine neue Heizung an die bestehende Wärmeverteilung anzuschliessen. Vor dem Heizungsersatz empfiehlt sich eine Energieberatung: Sie zeigt auf, welche Massnahmen erforderlich sind, um eine gesetzeskonforme wie auch gut finanzierbare Heizlösung zu finden.

1970 bis 1989

Fossile und elektrische Heizungen bereiten heute Probleme.

Die Situation dieser Häuser ähnelt jener aus der Periode von 1950 bis 1969. Zwar hat man zunehmend auch Gas- statt Ölheizungen verbaut, die Problematik bleibt jedoch dieselbe. Ebenfalls problematisch ist der je nach Region zahlreich erfolgte Einbau dezentraler Elektroheizungen. Immer mehr Kantone setzen eine Frist, in der diese ersetzt werden müssen. Ab Bekanntgabe beträgt sie in der Regel 15 Jahre. Diese Zeit sollte man nutzen: Der Ersatz von Elektrospeicheröfen ist teuer und aufwendig. Es lohnt sich, frühzeitig zu planen und die Finanzierung zu sichern.

1990 bis 2009

Unkomplizierter Heizungsersatz — mit Optimierungspotenzial.

In dieser Zeit haben sich Wärmepumpen im Einfamilienhaus durchgesetzt. Eine solche lässt sich am Ende ihrer Lebensdauer unkompliziert durch eine neue – meist noch effizientere – ersetzen. Eine alte Öl- oder Gasheizung kann ebenfalls meist problemlos ausgetauscht werden: Häuser aus dieser Zeit sind ausreichend wärmegedämmt, um mit tiefen Vorlauftemperaturen klarzukommen. Eventuell lohnt es sich, mit dem Umstieg auf eine Wärmepumpe die Radiatoren auszutauschen oder eine Fussbodenheizung installieren zu lassen. 

Fotos: Peter Hert / i-PRESSUM GmbH

 

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