Smart Home gegen Einbrecher
Harte Zeiten für Einbrecher: Alarmanlagen und Überwachungskameras kann heute jeder selbst installieren. Die Smart-Home-Sicherheitssysteme lassen sich vom Handy aus steuern.
Text — Helen Weiss
Dank der frühen Dämmerung haben Einbrecher momentan Hochsaison. «Die Dunkelheit ist das ideale Arbeitsumfeld für Einbrecher», weiss Marco Liechti, Ressortleiter Kriminalprävention bei der Basler Polizei. Doch die Langfinger sind auch durch den Tag aktiv: Die meisten Einbrüche passieren zwischen 11 und 14 Uhr, also wenn die Bewohnerinnen und Bewohner beim Arbeiten oder Einkaufen sind und dabei ein Fenster oder gar die Türe offen lassen. Über 400 000 Einbrüche verzeichnete die Schweizerische Kriminalprävention letztes Jahr; immerhin ein Fünftel weniger als 2014. Denn Hausbesitzerinnen und -besitzer rüsten jetzt auf. «Sicherheits-App statt Sicherheitsschloss» heisst es neuerdings. Die vernetzten Sicherheitssysteme versprechen Rund-um-die-Uhr-Kontrolle über die eigenen vier Wände und sind erst noch leicht selbst zu installieren.
Die Smart-Home-Sicherheitssysteme funktionieren im Prinzip alle ähnlich: Die Kamera wird an einem Ort fixiert, von dem aus möglichst Eingangstür, Fenster und viel Raum überwacht werden kann. Je nach Modell verbindet sich die Kamera per WLAN oder Netzwerkkabel mit dem Internetrouter – ein Computer ist nicht notwendig. Die Kamera erkennt mittels Infrarot Bewegungen und Geräusche; die Empfindlichkeit lässt sich über die App einstellen. Bei einem ungewöhnlichen Ereignis speichert das System einen kurzen Videoclip in der Cloud und setzt einen Alarm an das Smartphone ab. Die App auf dem Smartphone alarmiert per Sofortmitteilung (Push), SMS oder Mail, wobei das Video abgespielt werden kann. Alternativ lässt sich auf das Livebild umschalten.
Bei einem Einbruch werden heute kaum mehr Scheiben eingeschlagen…
VORSICHT: FALSCHALARM
Smart-Home-Sicherheitssysteme sind ganz klar auf dem Vormarsch. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Systeme sind ohne technische Vorkenntnisse zu bedienen und passen sich den Bedürfnissen an. Natürlich muss man das traute Heim nicht gleich zu einem vollständig überwachten Hochsicherheitstrakt mit Kameras und Sensoren an jeder Ecke aufrüsten. «Sie sind aber ein ideales Mittel zur Ergänzung der Einbruchverhütung», erklärt Liechti. «Gerade für Hausbesitzer, die nicht mehrere tausend Franken für eine fest installierte Alarmanlage ausgeben möchten, bieten sich Smart-Home-Sicherheitssysteme deshalb an.» Wichtig sei jedoch, ein Modell zu wählen, das auf einer Kamera aufbaue und von einer Infrarotbeleuchtung unterstützt werde, so dass auch nachts Bilder aufgenommen werden. «Erhält man eine entsprechende Warnung aufs Handy, lässt sich dank der Filmaufnahme überprüfen, ob tatsächlich ein Einbruch verübt wurde», erklärt Liechti. Denn setzt der Hausbesitzer einen Falschalarm bei der Polizei ab – etwa weil ein Nachfalter auf der Kameralinse sitzt – haftet er mit mehreren hundert Franken für den Einsatz.
Bei teureren Modellen können bestimmte Bildbereiche ausgespart werden, was sinnvoll ist, wenn sich in einem überwachten Bereich regelmässig Haustiere aufhalten. Der Handel bietet zudem Software an, die zwischen Mensch und Tier unterscheidet oder ungewöhnliche Temperaturanstiege registriert – etwa bei einem Feuer. Neben fertigen Systemen lassen sich auch einzelne Komponente einsetzen wie Türund Fensterschlösser, die man per Smartphone auch von unterwegs verriegeln kann. Zudem gibt es Zusatz Gadgets wie zum Beispiel Wassermelder in Küche und Bad.
DER EXPERTE
Stephan Günther,
Leiter Haushaltversicherungen
bei der Mobiliar
Kundinnen und Kunden, die eine professionelle Alarmanlage installieren lassen, erhalten bei der Mobiliar einen Rabatt von 30 Prozent auf die Diebstahlprämie in der Hausratversicherung. Bei selbst montierten Smart-Home-Sicherheitssystemen wird hingegen keine Vergünstigung gewährt, da die dafür notwendigen Kriterien nicht erfüllt werden. So besteht etwa keine Alarmübermittlung an eine ständig besetzte Sicherheitszentrale. Zudem sind die meisten Smart-Home-Sicherheitssysteme nicht fest installiert. Wir beobachten aber die Entwicklung auf dem Markt. Es ist deshalb nicht auszuschliessen, dass wir bei qualitativ hochstehenden Systemen in Zukunft einen Rabatt auf die Versicherungsprämie gewähren.
ANWESENHEIT VORTÄUSCHEN
Die Idee hinter Smart-Home-Sicherheitssystemen ist clever, laut Henry Tröhler ist die Umsetzung oft jedoch noch nicht ausgereift: «Das Internet als Schnittstelle zwischen Gerät und Benutzer ist angreifbar und je nach Standort nicht immer verfügbar», erklärt der Obmann der technischen Arbeitskommission beim Verband Schweizerischer Errichter von Sicherheitsanlagen. Eine besondere Gefahr sind versierte Hacker, die sich in manche Systeme in wenigen Schritten einloggen und sie ausser Kraft setzen oder manipulieren können. «Zudem kann der Akku des Mobiltelefons leer sein oder man hat es gerade nicht zur Hand und verpasst dadurch den Alarm, der abgesetzt wird.» Um tatsächlich vor einem Einbruch zu schützen, müsse eine Sicherheitsanlage einen Alarm an eine ständig besetzte Alarmempfangsstelle senden, welche dann die Polizei informiert. «Von Fachleuten installierte Alarmanlagen sind zudem strengen EU-Normen und fachlichen Richtlinien unterworfen, Smart-Home-Sicherheitssysteme werden jedoch weder entsprechend geprüft noch zertifiziert», so Tröhler.
Beide Fachleute sind sich jedoch einig, dass eine Alarmanlage allein – egal ob durch Fachleute oder selbst installiert – nicht vor einem Einbruch schützt. Denn im Gegensatz zu mechanischen Einbruchsicherungen wie Gitter vor den Fenstern oder Riegel an den Türen können Alarmanlagen einen Einbruch nicht verhindern, sondern lediglich den Einbrecher abschrecken oder den erfolgten Einbruch melden. «Die Alarmanlage ist immer nur eine Ergänzung», so Marco Liechti. «Einbrecher lassen sich nur durch bauliche Vorkehrungen stoppen.» Zusatzfunktionen aus der intelligenten Haustechnik , wie zum Beispiel die Steuerung von Lampen oder Rollläden per Handy, sollten laut dem Fachmann jedoch ebenfalls genutzt werden. Liechti: «Das ist eine ideale Strategie, das Haus belebt wirken zu lassen, auch wenn man in den Ferien ist.»