Wie heizen wir künftig?

Effizient, CO2-neutral und langlebig: Heizungen müssen viel erfüllen. In Zukunft noch mehr als heute schon.

Text — Raphael Hegglin

 

Am Anfang war das Feuer. Wann genau es sich der Mensch nutzbar machte, ist umstritten. Die Archäologie nennt Zeitpunkte, die zwischen ein bis vier Millionen Jahre zurück liegen – lange bevor der heutige Homo sapiens die Weltbühne betrat. Sicher ist: Für die Menschheit war es ein gewaltiger Schritt nach vorn: Von nun an konnte sich die Sippe an lodernden Flammen wärmen und Nahrungsmittel zubereiten. Sie waren weniger den Launen des Wetters und der Jahreszeiten ausgesetzt, was ihre Überlebenschancen deutlich steigerte.

Lange Zeit war ein offenes Feuer die einzige Heizung. Selbst im Mittelalter konnten sich nur Gutbetuchte einen Ofen leisten. In vielen Häusern brannte noch immer ein offenes Feuer, der Rauch entwich durch ein einfaches Loch im Dach, und auch Zwischenböden waren mit einem simplen Loch als Rauchabzug versehen. So verpuffte ein Grossteil der Wärme nach draussen, und die einzelnen Räume wurden kaum warm.

 

AUS FEUER WIRD HEIZTECHNIK

Jahrmillionen nach dem ersten durch Menschenhand entfachten Feuer entwickelte sich die Heizungstechnik rasant. Im 16. Jahrhundert setzten sich Kamin und Ofenheizungen durch – auch weil der
Brennstoff Holz immer knapper und ein effizienteres Heizsystem immer wichtiger wurde.

Bis Mitte des 20. Jahrhunderts erzeugte man Heizwärme vorwiegend mit Holz und Kohle, dann folgte der Siegeszug der Öl- und Gasheizungen. Gleichzeitig setzte sich die Wärmeübertragung mittels Wasser durch. Nun liessen sich alle Räume in einem Haus gleichmässig erwärmen.

In den 1980er-Jahren wurde der Treibhauseffekt zunehmend zum Thema. In der Folge brachten die Hersteller immer effizientere Öl- und Gasbrennsysteme auf den Markt, der CO2-Ausstoss liess sich dadurch deutlich reduzieren. Noch wirksamer war die stetig verbesserte Wärmedämmung – sie ist auch heute noch wichtigste Energiesparmassnahme.

INFO

JAHRESARBEITSZAHL (JAZ)

Die Jahresarbeitszahl bezeichnet die energetische Effizienz eines Wärmepumpenheizungssystems. Sie gibt das Verhältnis der über das Jahr abgegebenen Wärme zur aufgenommenen elektrischen Energie an. Bei einer JAZ von drei hat die Wärmepumpe also dreimal mehr Wärme produziert wie Strom verbraucht.

Typische Werte für JAZ sind:

  • Erdreich: 3,5 – 5
  • Aussenluft: 2,7 – 3,5
  • Grundwasser: 4 – 5,5

HEIZUNG, QUO VADIS?

Auch wenn sich der Heizwärmebedarf und damit der CO2-Ausstoss moderner Gebäude drastisch reduziert hat: Künftig soll möglichst CO2-neutral geheizt werden. So greift zum Beispiel Dänemark radikal durch und verbietet die Installation von fossil beheizten Kesseln in Neubauten. Ab 2016 wird der Einbau von Öl-Heizkesseln sogar in bestehenden Bauten verboten. Weitere europäische Staaten möchten nachziehen, und auch in der Schweiz überlegt man sich, die Gesetze weiter zu verschärfen.

Doch wie weiter? Wie soll künftig geheizt werden? Die meisten Fachleute sind sich einig, dass die Wärmepumpe auch in den nächsten Jahrzehnten eine tragende Rolle bei der Heizwärmeerzeugung spielen wird. Schon heute werden Dreiviertel der neu gebauten Einfamilienhäuser in der Schweiz durch Wärmepumpen beheizt.

 

WÄRMEPUMPE MIT SPEICHERSYSTEM

Der Erfolg der Wärmepumpe hat einen guten Grund: Sie zapft erneuerbare Wärmequellen an und kann so – je nach Energiequelle – aus einer Kilowattstunde Strom ein Vielfaches an Wärme gewinnen (Jahresarbeitszahl). Eine Wärmepumpe funktioniert also wie ein umgekehrter Kühlschrank. Sie entzieht der Umwelt Wärmeenergie und leitet diese ins Gebäude. Das funktioniert über Verdampfen und anschliessendes Kondensieren eines Wärmeübertragungsmediums, zum Beispiel Propan oder Kohlendioxid. Wie effizient eine Wärmepumpe ist, wird hauptsächlich von der Art der Wärmequelle bestimmt: Je wärmer sie ist, desto besser. So beziehen Luft-Wasser-Wärmepumpen ihre Wärmeenergie
aus der Aussenluft. Sie sind in der Anschaffung zwar günstiger als Sole-Wasser-Wärmepumpen, dafür aber weniger effizient. Denn letztere zapfen über ein Bohrloch die Erdwärme an und können bei gleichem Strombedarf etwa 30 Prozent mehr Wärme produzieren.

Funktion Wärmepumpe

Für noch mehr Effizienz sorgen Wärmepumpen mit Speichersystem. Die Idee dahinter: Bei Wärmeüberschuss wie an heissen Sommertagen wird Wärme in einem Mediem gespeichert, im Winter
zapft die Wärmepumpe dann den Speicher an. Gerade bei diesen Speichersystemen liegt noch viel Entwicklungspotenzial. Als Wärmespeicher genutzt werden heutzutage vor allem das Erdreich sowie sogenannte Solar-Eis-Speicher. Der Trick mit dem Erdreich ist simpel: Im Sommer wird das Haus gekühlt und statt die dabei anfallende Abwärme einfach nach draussen zu blasen, leitet man sie über die
Wärmesonden ins Erdreich, wo sie sich im Winter mittels Erdwärmesonde wieder entnehmen lässt.

 

WÄRME DURCH KRISTALLISATION

Kaum komplizierter funktionieren Eisspeicher. Doch während sich teurere Bohrungen für Erdwärmespeicher eher für grössere Gebäude lohnen, werden Eisspeicher bereits heute in Einfamilienhäusern eingesetzt – allerdings haben solche Projekte heute noch Pioniercharakter. Die Speicher bestehen aus einem grossen Wassertank; mittels Solarkollektoren wird dieser mit Wärme versorgt. Die Wärmepumpe wiederum entzieht diese Wärme bei Bedarf. Der Trick ist, dass dabei das Wasser zu Eis wird und so auch seine Kristallisationswärme abgibt. Das ist die gleiche Energiemenge, die frei wird, wenn Wasser von 80° auf 0° C abgekühlt wird. Steht solare Wärme zur Verfügung, so wird das Eis im Speicher wieder geschmolzen. Dieses Prinzip der Wärmespeicherung ist nicht neu und zum Beispiel von Wärmekissen für den Winter bekannt. Da wird zwar kein Wasser, sondern Salz verwendet. Dieses verflüssigt sich bei 58 Grad in der Mikrowelle oder im Wasserbad, mittels Drücken einer Metallplatte kristallisiert es wieder und gibt seine Kristallisationswärme ab. Eine Wärmepumpe mit Solar-Eis-Speicher kann auf ähnliche Weise bis zu fünfmal mehr Wärme erzeugen, als sie Strom verbraucht.

Foto: Suricata/Wikimedia

Wärmekissen heizen mittels Kristallisationswärme.

ZUKUNFTSTRÄCHTIGES BLOCKHEIZKRAFTWERK

Wärmepumpen sind nicht die einzigen zukunftsträchtigen Heizungen: Blockheizkraftwerke werden ebenfalls als Zukunftstechnologie gehandelt. Sie produzieren Strom und Wärme. Denn Blockheizkraftwerke nutzen die bei der Stromproduktion entstehende Abwärme als Heizenergie. Es sind also dezentrale Kraftwerke, die gleichzeitig Strom und Wärme produzieren. Üblich sind Verbrennungsmotoren, die mittels Gas oder Diesel betrieben werden. Energieträger kann aber auch Biogas sein.

Blockheizkraftwerke haben einen hohen Wirkungsgrad von bis zu 90 Prozent, da sie Wärme und Strom gewinnen. Während die bei der Verbrennung anfallende Wärme zum Heizen verwendet wird, wird der erzeugte Strom ins Netz eingespeist. So richtet sich die Leistung eines BHKW nach der erforderlichen Wärme, sie dient also primär als Heizung. Das hat zur Folge, dass je nach Jahreszeit zu viel oder zu
wenig Strom für das Gebäude produziert wird. Zurzeit sind Blockheizkraftwerke im Einfamilienhausbereich selten. Es laufen weltweit aber verschiedene Versuche mit Kleinanlagen. Diese könnten künftig Einfamilienhäuser effizient mit Strom und Wärme versorgen – und falls mit Biogas betrieben, sogar CO2-neutral.

Foto: Suricata/Wikimedia

Blockheizkraftwerk

HOHER WIRKUNGSGRAD MIT BRENNSTOFFZELLEN

Die Grundidee von Brennstoffzellen-Heizgeräten ist dieselbe wie die von Blockheizkraftwerken: Ein Brennstoff, in der Regel Erdgas, wird chemisch umgewandelt und so Strom gewonnen. Es entsteht dabei aber auch Prozesswärme, sie verwendet man zum Heizen. Weil sowohl Strom als auch die anfallende Wärme genutzt wird, ergeben sich hohe Gesamtwirkungsgrade von 80 Prozent und mehr. Forscherinnen und Forscher tüfteln weltweit an Brennstoffzellen, und bereits sind einige serienreif. So zum Beispiel die der Winterthurer Firma Hexis. Ihr Modell für Einfamilienhäuser heisst «Galileo 1000 N» und ist etwa so gross wie ein Kühlschrank. Seit Herbst 2008 konnte Hexis knapp 100 Geräte ausliefern. Preislich liegen diese Brennstoffzellen-Heizgeräte im Bereich von Erdwärmepumpen inklusive Erdsonden, sie benötigen allerdings einen Anschluss ans Gasnetz. Gegenüber Wärmepumpen haben sie den Vorteil, dass sie nicht Strom verbrauchen, sondern produzieren – was bei der künftig drohenden Stromknappheit positiv ins Gewicht fällt. Um CO2-neutral zu laufen, müssen sie allerdings ausschliesslich mit Biogas betrieben sein.

Die Vielfalt der neuen System zeigt: Auch künftig sind individuelle Lösungen gefragt. Welches Heizsystem sich am besten eignet, wird sich auch in den nächsten Jahren von Fall zu Fall unterscheiden.