Umfassende Sanierung mit Zertifikat
Aus einem kleinen 50er-Jahre-Häuschen schuf die Familie Dahinden in Seuzach ein modernes, lichtdurchflutetes Zuhause nach Minergie-Standard.
Text — Thomas Bürgisser
ENTSCHEID FÜR UMFASSENDE SANIERUNG
«Ein Eigenheim war schon immer unser Traum», erzählt Daniel Dahinden. Der zweifache Familienvater
ist ebenfalls in einem Einfamilienhaus aufgewachsen. «Das wollten wir unseren Kindern auch bieten.» Fündig wurden er und seine Frau Manuela schliesslich in der Nähe ihrer Mietwohnung in Seuzach: Ein kleines Haus, Baujahr 1959. Ebenerdig, mit Estrich in der Dachschräge, 4.5 Zimmer, 130 Quadratmeter Wohnfläche und 800 Quadratmeter Grundstück. «Weil schon länger nichts mehr am Haus gemacht wurde, bezahlten wir dafür praktisch den Landpreis, investierten anschliessend aber rund eine Million Franken. Uns war klar, dass entweder abgerissen oder saniert werden musste.» Die Entscheidung fiel auf eine umfassende Sanierung. «Bei einem Abbruch hätten neu Grenzabstände von acht Metern eingehalten werden müssen», erklärt Architekt Peter Büchel von Büchel Neubig Architekten in Weinfelden. «So aber konnten Dahindens sich auf das Bestandesrecht beziehen. Ausserdem war das Fundament gut, weshalb wir dieses mit einigen Raumanpassungen im Untergeschoss belassen haben, ansonsten aber alles bis auf den Rohbau zurückgebaut haben.»
Vorher
Nachher
Das Haus mit Baujahr 1959 verfügte zuvor über 4.5 Zimmer, die sich einzig auf das Erdgeschoss
verteilten. Mit einem modernen Aufbau wurde die Wohnfläche fast verdoppelt auf rund 220 Quadratmeter.
WÜNSCHE FRÜH ANBRINGEN
Praktisch parallel zur Kaufabwicklung im Jahr 2012 begann die Ausarbeitung der Pläne – «mit beidseitiger Beteiligung», so Daniel Dahinden schmunzelnd. «Zu Recht», meint Peter Büchel. «Schlussendlich muss sich die Bauherrschaft wohlfühlen in ihrem Zuhause, nicht der Architekt. Dies erfordert einen nahen, intensiven Austausch und klar formulierte Wünsche.» Die Anforderungen der Familie: Genug Zimmer für ihre Familie, ein Gästezimmer – und vor allem viel Licht und grosse Fensterflächen. Ausserdem war Dahindens nachhaltiges Modernisieren wichtig, weshalb sie sich für eine Erdsondenheizung für Raum- und Wasserwärme, eine 20-Zentimeter-Dämmung, kontrollierte Lüftung und die Minergie-Zertifizierung entschieden. «Natürlich könnte man auch ohne Zertifikat nach Minergie-Standard bauen», führt Peter Büchel dazu aus. «Doch nur wer nach Minergie mit Zertifikat baut, kann sich dessen letztlich sicher sein.»
Im Dezember 2012 begann der Rückbau auf die Grundmauern. Zur anschliessenden Aufstockung um eine Etage entschied sich das Ehepaar für einen verputzten Holzaufbau, ergänzt mit Eternit-Elementen. Die Aufbauelemente konnten im Voraus gefertigt und innerhalb von zwei Tagen aufgebracht werden. Auch war es aufgrund des geringeren Gewichts statisch einfacher als Beton. Gedämmt wurde mit dem Isofutura-Fassadensystem. Dank diesem konnte lückenlos gedämmt sowie die gesamte Leitungsführung integriert werden. Vor allem aber gleicht das System dank flexibler Schrauben den leicht schrägen Grundbau mit dem neuen Aufbau aus.
Vorher
Früher waren Küche und Wohn-/Essraum getrennt. Links: Der Abgang zum Untergeschoss.
Blick ins ehemalige Esszimmer. Heute sind sämtliche Fenster bis zum Boden gezogen.
Der Estrich konnte früher einzig als Stauraum genutzt werden.
Nachher
Das grosse Garagentor ermöglicht ausserdem den direkten Zugang zum Velokeller.
Besonders clever: Die Sonnenstore ist direkt in der Abdeckung eingelassen.
Mit gleich zwei Tanks sammelt die Familie Dahinden das Regenwasser vom Dach.
LICHT IST OMNIPRÄSENT
Mit diesem Aufbau konnte die Wohnfläche fast verdoppelt werden, auf neu 7.5 Zimmer und rund 220 Quadratmeter. Und die gewünschte Lichtdurchflutung ist omnipräsent. Im Erdgeschoss blieb der Grundriss zwar fast gleich, die bestehende Küche wurde aber zum Wohn- und Essraum hin geöffnet, aus drei Zimmern wurde ein Hobby- und ein Gästeraum, das bestehende Badezimmer mit Dusche und WC wurde modernisiert. Sämtliche Fenster sind neu bis zum Boden gezogen und geben den Blick frei auf den grossen Garten. Zum neu erstellten Obergeschoss gelangt man über eine offene Treppe, die mit dem gleichen Eichenparkett belegt ist der sich im auch Wohnbereich und Obergeschoss findet. Hier sind nun ein zweites Badezimmer mit Dusche, Bad und WC, ein Büro, zwei Kinder- und ein Elternzimmer eingebracht – letzteres teilweise auf Säulen schwebend über der Gartenterrasse. Eine zweite Terrasse entstand oberhalb des Wohnzimmers, die sich als Balkon der gesamten Südwest-Front weiter entlang zieht. Dass es trotz viel Glas nicht zu heiss wird, darauf können sich die Dahindens auch dank ihrer KNX-Hausautomation verlassen: Ausser am Wochenende öffnen sich die Storen um acht Uhr automatisch, je nach Jahreszeit ganz oder nur zum Teil. «Das lässt sich alles individuell steuern, auch über das Smartphone von unterwegs.»
DER EXPERTE
Peter Büchel
Architekt und Partner
Büchel Neubig
Architekten
«DAS WICHTIGSTE IST DAS BUDGET. BAUEN KOSTET ETWAS»
Peter Büchel, wie findet man für sein Eigenheimprojekt den richtigen Architekten?
Idealerweise über Empfehlungen von Bekannten oder Freunden. Denn nebst dem individuellen Stil ist es vor allem auch die Zusammenarbeit mit der Bauherrschaft, die später entscheidend ist. Architekt und Bauherrschaft müssen sich verstehen, damit das Resultat wirklich den Bedürfnissen der späteren Bewohnerschaft entspricht.
Was sollte man sich vor einem Projekt überlegen?
Das Wichtigste ist das Budget. Bauen kostet etwas. Und nicht nur die Details, sondern schlicht und einfach auch die Gebäudehülle. Ausserdem ist es von Vorteil, wenn man sich schon einmal Gedanken zu seinen Bedürfnissen gemacht hat. Wie viele Räume, welche Funktionen sind einem wichtig, usw.
Wie wichtig ist energetisches Bauen?
Aus meiner Sicht elementar, und zwar Minergie-zertifiziert. Das Haus soll anschliessend wieder rund 60 Jahre Bestand haben. Es lohnt sich deshalb, nicht einfach die günstigste Lösung zu wählen, sondern etwas zu investieren in den «Stand der Technik», sei dies mit einer Erdsondenlösung, bei der Dämmung, der Lüftung oder aber in Details wie eine Hausautomation.
ZUFRIEDEN MIT DEN MEISTEN ENTSCHEIDUNGEN
Diese Hausautomatisierung möchte Daniel Dahinden nicht mehr missen, gleich wie die kontrollierte Lüftung, «welche uns als berufstätige Eltern viel Lüftungsarbeit erspart». Allgemein seien sie auch vier Jahre nach Einzug noch zufrieden mit dem Grossteil ihrer Entscheide. «Den 400 Liter grossen Warmwasserspeicher würden wir heute wohl etwas grösser wählen. Auch, damit der tagsüber gewonnene Strom der dachfüllenden Photovoltaikanlage besser genutzt werden könnte.» Mit einer Leistung von 13.2 Kilowatt Peak deckt die Familie Dahinden sogar 120 Prozent ihres aktuellen Strombedarfs (inkl. Beheizung und Warmwasser) – aufgrund der zeitlich verschobenen Nutzung wird ein beträchtlicher Teil jedoch ins Stromnetz gespiesen.
Vorher
Das frühere Badezimmer wich einem Gästebad mit WC/Dusche im Erdgeschoss.
Nachher
Das grössere Badezimmer im Obergeschoss verfügt über Bad, Dusche und WC.
Für die Photovoltaik-Anlage hatten sich Manuela und Daniel Dahinden erst rund ein Jahr nach Einzug entschlossen. «Wären wir früher dran gewesen, hätten wir das Flachdach nicht noch begrünen müssen.» Ein guter Entscheid sei aber gewesen, dass sie sich mit der Umgebungsgestaltung ein paar Monate Zeit liessen. «So konnten wir uns zuerst einleben und in Ruhe überlegen, was wir umsetzen wollten», meint Daniel Dahinden. Inzwischen wurde der bisher steil abfallende Grundstückrand auf zwei Ebenen unterteilt und begradigt, nebst einem Gemüse- und Beerengarten findet sich vor allem viel Rasen rund ums Haus. Hier können die Kinder ungestört spielen – und die Eltern die schöne Aussicht geniessen.