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Wann soll ich mein Haus dämmen?

Das Dämmen der Gebäudehülle gilt als wichtigste Massnahme einer energetischen Sanierung. Doch es ist auch die kostenintensivste. Daher wollen die einzelnen Schritte gut geplant sein.

Text — Raphael Hegglin

 

Ein Blick in die Zukunft hätte uns vieles erspart. Häuser zum Beispiel würden vermutlich schon seit langem mit einer dicken Wärmedämmung ausgestattet. Denn diese ist an sich nicht teuer. Bei einem Neubau wirken sich die Kosten für das Dämmmaterial und die Montage kaum auf den Gesamtpreis des Hauses aus.

Anders sieht es aus, wenn ein bestehendes Haus gedämmt wird: Für ein Einfamilienhaus ist mit Kosten von 75'000 bis 150'000 Franken zu rechnen, um Fassade, Dach und Keller zu isolieren – je nach Architektur und baulicher Situation.

 

FÖRDERGELDER UND HEIZKOSTENERSPARNIS

Reduziert werden diese Kosten durch die Fördergelder des Gebäudeprogramms, die je nach Kanton zwischen 40 und 70 Franken pro Quadratmeter gedämmter Aussenfläche betragen. Für ein Einfamilienhaus darf man daher mit Fördergeldern von 10'000 bis 20'000 Franken für die Dämmung der Gebäudehülle rechnen. Noch wichtiger ist die aus der Sanierung resultierende Heizkostenersparnis: Werden Dach, Fassade und Kellerboden mit einer Wärmedämmung versehen, reduziert sich der Heizwärmeverbrauch bereits um 40 bis 60 %. Mit einer energetischen Sanierung der Aussenhülle lassen sich also schnell einmal 2500 Franken und mehr an jährlichen Heizkosten sparen. Die Investitionen für die Dämmung von Dach, Fassade und Kellerboden amortisieren sich üblicherweise innerhalb von 30 bis 40 Jahren – Stand heute. Es ist zu befürchten, dass die Energiepreise weiter steigen – wodurch sich die Dringlichkeit einer Sanierung erhöht. Dafür sind die Sanierungskosten schneller amortisiert.

DIE DÄMMUNG DER AUSSENHÜLLE

Eine grosszügige Wärmedämmung lohnt sich: Ihr Materialpreis beeinflusst die baulichen Gesamtkosten nur unwesentlich. Denn der Aufwand für Planung und Montage ist nicht abhängig von der Dämmstärke. Doch wie und wo soll ein Haus gedämmt werden? Das sind die betroffenen Bauteile:


FASSADE

Wenn immer möglich sollte ein Gebäude von aussen gedämmt werden. So lassen sich Wärmebrücken effizient ausschalten. Innendämmungen hingegen sind punkto Bauphysik eine grosse Herausforderung und sollten nur von spezialisierten Firmen durchgeführt werden. Innendämmungen kommen in der Regel dann zum Zuge, wenn es aufgrund des Denkmalschutzes oder der Grenzabstände nicht anders möglich ist. Wer Aussenmauern dämmen lässt, kann das alte Fassadenbild beibehalten oder auf ein neues wechseln. Auf Wunsch lässt sich so die Architektur eines Hauses grundlegend verändern. Dabei stehen zwei Fassadentypen zur Auswahl:
 

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Kompaktfassaden sind gegen aussen hin verputzt. Die Dämmplatten dahinter sind direkt aufs Mauerwerk geklebt oder geschraubt. Die verputzte (oder kompakte) Fassade ermöglicht schlanke Konstruktionen. Mit ihnen lässt sich die Architektur eines bestehenden Gebäudes nahezu erhalten – oder auf Wunsch umgestalten: Verputze können verschiedene Oberflächenstrukturen und Farben haben, von rustikal bis puristisch-modern. Kompaktfassaden sind kostengünstiger als hinterlüftete Fassaden. Sie benötigen in der Regel jedoch mehr Unterhalt, sind mechanisch weniger widerstandsfähig und weisen eine geringere Lebensdauer auf.

 

 

 

 

 

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Hinterlüftete Fassaden sind mit einer Fassadenverkleidung versehen, die Materialauswahl ist riesig. So gibt es Fassadenverkleidungen aus Holz, Faserzement, Stein, Klinker, Keramik, Metall oder Kunststoff. Die meisten dieser Materialien sind ausgesprochen langlebig. Die hinterlüftete Fassade verfügt über einen Abstand zwischen Fassadenverkleidung und Dämmmaterial. Durch diese Hinterlüftung kann Luft zirkulieren und Feuchtigkeit effizient abführen, was bauphysikalische Vorteile bringt. Doch ist die hinterlüftete Fassade konstruktiv aufwendiger und materialintensiver als eine Kompaktfassade – und daher auch teurer.

 

 

 

 

DACH

Schrägdächer in gutem Zustand und mit Unterdach ausgestattet, lassen sich oft unkompliziert vom Dachraum her dämmen (unter oder zwischen den Sparren). Dies ist die kostengünstigste Variante. Befindet sich der Dachstock jedoch nahe am Ende seiner Lebensdauer, dann sollte das Dach gesamthaft erneuert werden. Wer diese Kosten scheut, kann anstelle des Dachs den Estrichboden dämmen lassen. Diese Variante ist wesentlich kostengünstiger und die Arbeiten dauern nicht lange. Doch bleibt der Estrich weiterhin kalt und lässt sich nicht als zusätzlicher Wohnraum nutzen.

Flachdächer lassen sich fast nur im Zuge einer Gesamterneuerung dämmen. Das bedeutet, dass auch die Dichtungsfolie und Dampfsperre ersetzt werden müssen. Doch die Vorteile überwiegen: Durch ein ungedämmtes Flachdach gehen erhebliche Mengen Wärmeenergie verloren.

 

KELLER

Über ungedämmte Kellerdecken können bis zu 10 Prozent der Heizwärme verloren gehen. Gleichzeitig ist das Dämmen der Kellerdecke die einfachste und kostengünstigste energetische Massnahme. Es ist daher oft die erste, die Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer umsetzen lassen. Ambitionierte Heimwerker können diese Arbeit sogar selbst ausführen. Bauphysikalische Vorabklärungen sind allerdings zwingend: Eventuell müssen die Dämmplatten zum Keller hin mit einer Dampfsperre versehen werden, da sich sonst Kondenswasser im Dämmmaterial bilden kann.


SIND SCHWEIZER SANIERUNGSMUFFEL?

Obiges Zahlenbeispiel ist eine überschlagsmässige Rechnung, die im Einzelfall abweichen kann. Allgemein aber gilt: Wer die Aussenhülle dämmt und die Fenster sowie die Heizung ersetzt, kann den Heizwärmebedarf – und damit die Heizkosten – um 70 % und mehr reduzieren. Trotzdem werden in der Schweiz jedes Jahr nur 1 % der Altbauten energetisch saniert. Häufigster Grund dafür ist, dass Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer die hohen Investitionen für eine Gesamtsanierung nicht aufbringen können, selbst wenn sie möchten. Die Lösung dieses Problems heisst zeitliche Planung: Wenn ein Bauteil der Aussenhülle repariert oder ersetzt werden muss, sollte man die Chance packen und dieses energetisch auf den neusten Stand bringen. 

 

ERSATZ AM ENDE DER LEBENSDAUER

Es ist aus finanzieller Sicht zum Beispiel unsinnig, eine alte Fassade neu zu verputzen, ohne sie im selben Zuge aufzudämmen. Denn die Kosten für zahlreiche vorbereitende Arbeiten sowie die Montage und Demontage des Gerüsts bleiben dieselben – mit oder ohne Wärmedämmung. Ist ein Bauteil am Ende seiner Lebensdauer angekommen, sollte man es daher durch ein möglichst energieeffizientes ersetzen.
Bei Fassaden beträgt die Lebensdauer durchschnittlich 40 Jahre, bei Schrägdächern 50 Jahre und bei Flachdächern 30 Jahre. Dies sind zwar nur Richtwerte, die finanziellen Rücklagen sollten sich jedoch nach diesen Werten richten. Denn wer so rechnet und plant, kann die energetische Sanierung etappieren und budgetverträglich durchführen.

INFO

ACHTUNG WÄRMEBRÜCKEN

Alte Häuser haben oft Wärmebrücken. Das sind Stellen in der Aussenhülle, an denen besonders viel Heizenergie verloren geht. Oder genauer gesagt: Wärmebrücken leiten Wärme wesentlich besser als die übrige Gebäudehülle. Typische Wärmebrücken sind mit dem Geschossboden verbundene Balkonplatten, Storenkästen, Gebäudeecken, Erker und allgemein Auskragungen sowie die Ecken alter Fenster. Bemerkbar machen sich Wärmebrücken im Altbau als abgekühlte Stellen, an denen sich im Winter Kondenswasser bilden kann.

Mit dem Dämmen der Gebäudehülle lassen sich diese Wärmebrücken ausschalten. Doch leider gelingt dies nicht immer. Grund dafür sind planerische Fehler und Kostendruck. Doch sind Wärmebrücken in sanierten Gebäuden sogar problematischer als vorher. Denn die Gebäudehülle nicht sanierter Altbauten ist weniger dicht, sodass durch den konstanten Luftaustausch mehr Feuchtigkeit aus dem Haus entweichen kann. Tendenziell gibt es in Altbauten daher weniger Feuchteschäden im Bereich von Wärmebrücken. In sanierten Gebäuden können sie hingegen erst richtig zum Problem werden: Schimmelpilzwachstum ist ein typisches Zeichen einer konstruktiv mangelhaft erstellten Wärmedämmung.