Energetisch sanieren: Lohnt sich das?
Jeder Altbau ist ein Unikat. Entsprechend schwierig sind Pauschalaussagen zum Kosten-Nutzen-Verhältnis energetischer Massnahmen. Die folgenden Faktoren sind ausschlaggebend.
Text — Raphael Hegglin
«Gut für die Finanzen, den Komfort und fürs Klima», fasst die Broschüre des Gebäudeprogramms die Vorteile einer energetischen Sanierung zusammen. Kühle Rechner werden – zumindest was den ersten Punkt betrifft – den Kopf schütteln. Denn eine kurze Milchbüchlein-Rechnung offenbart etwas anderes.
So reduziert sich durch eine Gesamtsanierung der Heizwärmebedarf eines Altbaus um etwa zwei Drittel. Für einen durchschnittlichen Einfamilienhaus-Altbau ergibt sich daraus eine jährliche Heizkostenersparnis von 2500 bis 3000 Franken. Demgegenüber stehen Sanierungskosten von durchschnittlich etwa 150'000 Franken. Stand heute braucht es also etwa 50 Jahre, bis sich die Kosten der energetischen Sanierung über die Heizkostenersparnis amortisiert haben.
Selbst wenn sich die Energiepreise in den kommenden Jahren verdoppeln, so werden einzelne Bauteile wie zum Beispiel die Heizung oder die Fenster noch vor der Amortisationszeit das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben – und wieder ersetzt werden müssen.
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FÖRDERGELDER FRÜHZEITIG BEANTRAGEN
Damit die Rechnung wie im Beispiel aufgeht, muss man die möglichen Fördergelder sowie die Steuerabzüge maximal ausschöpfen. Doch Förderprogramme zur Gebäudesanierungen ändern sich in der Schweiz laufend und unterscheiden sich kantonal wie auch kommunal. Zudem müssen Fördergelder vor Baubeginn bewilligt werden, eine nachträgliche Eingabe ist oft nicht zulässig. Eigentümerinnen und Eigentümer sollten daher frühzeitig abklären, welche Gelder sie beanspruchen können. Viele Gemeinden und Kantone betreiben dazu Auskunftsstellen, ansonsten gibt eine Energieberatung Aufschluss.
Ein Förderprogramm besteht in der gesamten Schweiz: Das Gebäudeprogramm unterstützt Massnahmen für eine bessere Energieeffizienz wie die Dämmung von Dächern und Fassaden, die Abwärmenutzung, bessere Gebäudetechnik oder den Einsatz erneuerbarer Energien. Die Kantone legen jedoch selbst fest, welche Massnahmen zu welchen Bedingungen gefördert werden. Detaillierte Informationen zu den unterschiedlichen Fördermassnahmen findet man auf der Website: www.dasgebaeudeprogramm.ch.
ETAPPIEREN UND STEUERN SENKEN
Energetische Sanierungen sind zwar wertsteigernd, lassen sich aber seit 2020 von den Steuern absetzen. Der Bund hat dies entschieden, um die Energiestrategie 2050 zu stärken. Investitionen in energiesparende und umweltschonende Massnahmen lassen sich auf maximal drei Jahre aufgeteilt von den Steuern abziehen. Dies gilt auch für Photovoltaik- und Solarwärmeanlagen. Ebenfalls begünstigt wird ein energieeffizienter Ersatzneubau: In diesem Falle lassen sich die Rückbaukosten für den Altbau von den Steuern abziehen.
Mit einer etappierten, auf Jahre verteilten energetischen Sanierung lassen sich also am meisten Steuern sparen. Zu sehr aufteilen sollte man trotzdem nicht: Viele einzelne Bauarbeiten kommen unter dem Strich teurer als einige grosse. Denn für jeden Auftrag muss der Bauplatz neu eingerichtet werden. Die daraus resultierenden Mehrkosten übersteigen die Steuerersparnis dann schnell einmal.
ZEITPLAN ENTSCHEIDEND
Alles also nur eine Schaumschlägerei, verursacht durch Medien, Politik und Wirtschaft? Mitnichten: Obige Milchbüchlein-Rechnung bildet nur einen Teil der Realität ab und bezieht viele wichtige Faktoren nicht ein. Sie trifft daher nur zu, wenn planlos saniert wird. Eine durchdachte und fachgerecht erstellte Sanierungsstrategie berücksichtigt hingegen auch die Lebensdauer der bestehenden Bauteile und wie man mit seinen finanziellen Mitteln am meisten bewirken kann. Mit diesem Vorgehen lohnt sich eine energetische Sanierung – über die Lebenszeit gerechnet – durchaus (siehe «Sanieren ohne Plan ist teuer»).
Trotzdem sollten Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer die Kosten für einzelne Sanierungsetappen abschätzen können. Dies ermöglicht es ihnen, auf Augenhöhe mit Handwerkern und Planern verhandeln zu können (siehe Infobox «Richtpreise für Sanierungen).
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GESAMTSANIERUNG ODER ERSATZNEUBAU?
Je nach Zustand eines Gebäudes ist ein Ersatzneubau sinnvoller als eine aufwendige Renovation. Übersteigen die veranschlagten Renovationskosten 70 % des Liegenschaftswerts, sollte man einen Ersatzneubau in Erwägung ziehen. Denn bei Sanierungsarbeiten ist immer mit Unvorhersehbarem zu rechnen – was die Kosten in die Höhe treibt. Gleichzeitig erreicht selbst ein fachgerecht sanierter Altbau nicht die Gebäudequalität eines nach MuKEn 2014 erstellten Neubaus.
Für die Antwort auf die Frage «Gesamtsanierung oder Ersatzneubau?» braucht es eine umfassende Gebäudeanalyse. Denn Bauteile haben je nach Art und Materialqualität unterschiedliche Lebenszyklen, weshalb das Baujahr wenig über den Zustand eines Hauses aussagt.
Doch selbst wenn die Analyse für einen Ersatzneubau spricht, ist ein solcher nicht in jedem Fall empfehlenswert. Denn es ist nicht in jeder Situation gegeben, dass ein Ersatzneubau wieder gleich gross oder mit den gleich knappen Grenzabständen errichtet werden darf. Vor dem Entscheid für einen Ersatzneubau muss man daher auch die rechtliche Situation genau abklären.
ENERGIESCHLEUDERN VERLIEREN AN WERT
Allein die Heizkostenersparnis gegen die Sanierungskosten aufzurechnen, greift zu kurz: Die Werterhaltung ist ebenfalls ein Argument, das für eine energetische Sanierung spricht. Denn wer heute ein Haus kauft, orientiert sich am Neubaustandard. Dieser ist punkto Energieeffizienz um ein Vielfaches besser als jener von unsanierten Einfamilienhäusern, die vor 1990 erbaut wurden. Selbst gut in Schuss gehaltene – aber nicht energetisch sanierte – Immobilien verlieren daher zunehmend an Wert. Dies einfach, weil sie sich nicht mehr auf dem Stand der Technik befinden.
Solange man ein Haus selbst bewohnt, bleibt der geschätzte Marktwert allerdings nur eine Zahl auf dem Papier. Doch möchte man später verkaufen oder den Kindern weitervererben, dann spielt er plötzlich eine entscheidende Rolle. Denn wenn Banken die Finanzierung einer Immobilie prüfen, rechnen sie nüchtern. Und selbst ein Traumobjekt mit guter Lage wird abgestraft, wenn es eine Energieschleuder ist. Die Finanzierung durch die Bank kann dadurch scheitern.
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FINANZIERUNG EINER SANIERUNG
Wieviel eine energetische Sanierung unter dem Strich kostet, hängt nicht nur von den Bauarbeiten ab. Ausschlag-gebend ist auch, wann und wie man die eigenen Mittel einsetzt.
Die Sanierungskosten sind nicht der Preis, den Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer am Ende bezahlen müssen. Fördergelder und steuerliche Abzüge reduzieren die Kosten spürbar, längerfristig können sich die Investitionen sogar lohnen – und nicht nur amortisieren. Hierzu ein Rechnungsbeispiel, welches das Gebäudeprogramm zusammen mit Fachpersonen erstellt hat:
- Investitionskosten der Erneuerung: Fr. 133'300.00
- Förderbeiträge inkl. Steuerabzügen: Fr. 51'000.00
- Eingesparte Energie- und Betriebskosten: Fr. 124'000.00
- Einsparung gesamt: Fr. 41'900.00
Bemerkung: Die Einsparungen wurden mit der Barwert-Methode über einen Zeitraum von 30 Jahren gerechnet. Die Investitionskosten der Erneuerung sind die Mehrkosten gegenüber den Pinselrenovation, die in diesem Zeitraum ohnehin fällig wären.
RICHTPREISE FÜR SANIERUNGEN
Die Kosten können im Einzelfall, je nach Zustand und Bauweise eines Gebäudes, abweichen:
- Dämmung Fassade: Fr. 200.00 bis Fr. 300.00 pro m2
- Dämmung Steildach: Fr. 60.00 bis Fr. 250.00 pro m2
- Dämmung Estrichboden: Fr. 80.00 bis Fr. 150.00 pro m2
- Dämmung Flachdach: Fr. 100.00 bis Fr. 400.00 pro m2
- Dämmung Kellerdecke: Fr. 80.00 bis Fr. 130.00 pro m2
- Dämmung Fassade: Fr. 200.00 bis Fr. 300.00 pro m2
- Neue Fenster: Fr. 800.00 bis Fr. 1000.00 pro m2
- Ersatz Heizungsanlage: Fr. 20'000.00 bis Fr. 40'000.00
- Einbau Warmwasser-Solaranlage: Fr. 10'000.00 bis Fr. 15'000.00
- Einbau Photovoltaikanlage: Fr. 25'000.00 bis Fr. 30'000.00
DEM GESETZ VORGREIFEN
Der Sanierungsdruck erhöht sich auch auf politischer bzw. gesetzlicher Seite. Ausschlaggebend sind hierbei vor allem die MuKEn 2014, die Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich. Mittlerweile sind sie in fast allen Kantonen – zumindest teilweise – verbindlich.
Bei Altbauten greifen die MuKEn 2014 besonders beim Heizungsersatz: Gebäude, welche sich in einer schlechteren Gebäudeklasse als D befinden, müssen nach dem Heizungsersatz mindestens 10 % ihres Heizwärmebedarfs durch erneuerbare Energie decken. Oder aber sie werden vor dem Heizungsersatz energetisch saniert, damit sie mindestens in die Gebäudeklasse D rutschen.
Bereits zeichnet es sich ab, dass weitere Vorgaben dazukommen werden. Darauf zu warten, kommt in vielen Fällen teurer als vorzugreifen – jedenfalls längerfristig betrachtet. Denn wer ohne Zeitdruck und nach Plan saniert, erreicht mit den eingesetzten Mitteln am meisten.