Was tun gegen Lärm?

Das menschliche Gehör, das bei der Geburt bereits fixfertig entwickelt ist, ist äusserst sensibel und sehr effizient mit unserem Körper verbunden. Auf bestimmte Geräusche reagiert jeder Mensch anders, weil er sie mit unterschiedlichen Emotionen verbindet. Kein Wunder also, gibt’s oft Streit um Lärm.

Text — Helen Weiss

 

Jedes Geräusch löst ein Gefühl aus: Das Knacken von Schokolade lässt uns das Wasser im Mund zusammenlaufen, während uns das Knacken von Fingerknöcheln kalte Schauer über den Rücken jagt. Auch Lärm wird subjektiv wahrgenommen, denn sowohl messtechnisch als auch akustisch lässt sich keine allgemeine Abgrenzung finden zwischen Musik, Klängen, Geräuschen und Lärm. Gerade aufgrund dieses individuellen Empfindens löst Lärm oft auch Spannungen unter Mitmenschen aus. Denn bei der Wahrnehmung gilt oft die Grundregel «Lärm wird von den anderen gemacht». Doch was tun, wenn die Nachbarn laut sind? Hier gilt es zuerst, die eigenen Empfindungen in eine Relation zu stellen. Das heisst: zulässigen Lärm wie Babygeschrei muss man hinnehmen. Beschweren darf man sich hingegen über Kinder, die im oberen Stock Seilspringen – sie verursachen unnötigen Lärm.

 

ZULÄSSIGER ODER UNNÖTIGER LÄRM?

Den Bewohnern im oberen Stockwerk vorzuwerfen, man «höre alles», ist denn meist auch nicht besonders zielführend. Schliesslich sind die Wände so dick, wie sie sind, und das Problem liegt anderswo. Wenn die Nachbarin hingegen nachts um 2 Uhr noch immer wild feiert, darf man sich ruhig beschweren, denn auch das zählt zu unnötigem Lärm. Das gilt ebenfalls, wenn der Hobbygärtner nebenan jeden Freitagabend seinen Rasen mäht, während man sich von einer anstrengenden Arbeitswoche im Liegestuhl auf das Wochenende einstimmen möchte: Das ist zwar durchaus zulässig, aber störend. Hier darf man auf nette Art über den Gartenzaun mal nachfragen, ob die Rasenpflege immer zum selben Zeitpunkt stattfinden muss, und die eigene Sicht der Dinge darlegen. In solchen Situationen gilt immer: einen neutraler Ort für das Gespräch wählen, nicht aus negativen Emotionen heraus reklamieren, sondern freundlich und neutral agieren sowie respektvoll bleiben. Die Nachbarin ist kein Kind, das gerügt werden muss, sondern eine erwachsene Person, der auf Augenhöhe begegnet wird.

INFO

ZU LAUT? SANIERUNG EINFORDERN

Wenn die Strasse übermässigen Lärm verursacht, können Mieter und Hauseigentümer den Einbau von Schallschutzfenstern fordern. Lärm ist übermässig, wenn die massgebenden Grenzwerte überschritten werden. Falls Sie vermuten, dass Sie von übermässigem Strassenlärm betroffen sind, können Sie bei der kantonalen Lärmschutz-Fachstelle cerclebruit.ch Auskunft über die Lärmbelastung an der Liegenschaft gemäss dem kantonalen Lärmbelastungskataster verlangen. Im Falle einer Grenzwertüberschreitung können Sie den Sanierungszeitplan oder das Sanierungsprojekt einfordern. Vorlagen dazu erhalten Sie bei der Geschäftsstelle der Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz oder unter aefu.ch.

Ergibt die Auskunft, dass bei Ihnen der Alarmwert erreicht oder überschritten ist, so sind dringende Massnahmen zu treffen: Ist eine Sanierung aus bestimmten, in der Lärmschutzverordnung definierten Gründen nicht möglich, dann sind Schallschutzfenster einzubauen. Die Kosten für den Einbau von Schallschutzfenstern trägt meistens der Eigentümer der Strasse. Dies kann in bestimmten Fällen auch die Gemeinde sein. Aber: Wurde die Wohnliegenschaft an einer bereits lärmigen Strasse errichtet, trägt hingegen der Eigentümer der Liegenschaft die Schallschutzkosten. Auskünfte dazu erhalten Sie von der zuständigen Lärmschutz-Fachstelle. Wird der Immissionsgrenzwert überschritten, der Alarmwert aber nicht erreicht, so muss der Kanton oder die Gemeinde die Sanierung gemäss Sanierungsplan einleiten. Allerdings werden in diesem Fall keine Schallschutzfenster finanziert. Fehlt ein Sanierungsplan oder gar der Lärmbelastungskataster, empfiehlt sich der Beizug einer rechtskundigen Person.


INDIVIDUELLE ABMACHUNGEN

Die meisten Gemeinden halten die Spielregeln zum Lärm im Rahmen einer Gemeinde- oder Polizeiverordnung fest. Häufig findet sich darin ein eigenständiger Abschnitt für Lärmschutz, der auch die gängigen Ruhezeiten regelt. Selbstverständlich darf man nach Absprache als Wohnparteien individuelle Regelungen beschliessen, um etwa ohrenbetäubendes Musizieren oder lautstarkes Handwerken auf bestimmte Zeiten zu beschränken. Verständnis und die Offenheit für Kompromisse helfen, eine zufriedenstellende Lösung des Problems zu finden. Falls also der Nachbar tatsächlich nur am Freitagabend Zeit für die Rasenpflege hat, kann man sich vielleicht auf eine andere Uhrzeit einigen oder man erledigt in dieser Zeit selbst einige Hausarbeiten, bevor man sich in den Liegestuhl legt. 

 

LÄRMSCHUTZ DANK GRÜNZEUG

Der Anspruch, im eigenen Heim jederzeit das machen zu dürfen, was man will, gilt nur, wenn man allein in der Wildnis wohnt. Hat man Nachbarn in der Nähe, lebt man sozusagen in einer riesigen WG, bei der Rücksicht und auch ein gewisses Mass an Kulanz gefragt sind. So lässt sich in manchen Fällen der Lärm auch umdeuten. Das klappt, wenn man dem Lärm einen Sinn gibt und man sich klar macht, dass er einen Vorteil für uns hat oder zeitlich begrenzt ist. Wenn besagter gartenaffine Nachbar den Rasen mäht, weiss man, dass es bald nach frischem Gras duftet. Mit gezielten Übungen lässt sich zudem eine innere Ruhe finden, denn jeder ärgerliche Gedanke über die Lärmquelle ist reine Zeitverschwendung und stresst oft mehr als der Lärm selbst.

CHECKLISTE

RUHE FINDEN, LÄRM ERTRAGEN

Nicht immer lässt sich der Lärm aussperren – wenn bauliche oder andere Massnahmen nicht möglich sind, kann auch eine Veränderung auf psychologischer Ebene mittels Entspannungsübungen bei der Bewältigung der Lärmbelastung helfen. Diese sollten Sie dann üben, wenn Sie sich gut fühlen, um auch in der Stresssituation den ruhigen Zustand zu erreichen. Diese Atemübung entspannt, wenn Sie sich über Lärm nerven:

  • Denken Sie an Ihre Atmung und finden Sie dabei Ihren eigenen natürlichen Rhythmus. Es hilft, durch die Nase einzuatmen, kurz die Luft anzuhalten und dann durch den Mund auszuatmen. Indem Sie sich auf ihre Atmung konzentrieren, fällt es Ihnen leichter, den Lärm auszublenden.
  • Warten Sie einen Moment, bevor Sie wieder einatmen. Versuchen Sie jedes Mal, wenn Sie ausatmen, ein wenig von Ihrer Anspannung abzubauen. Tun Sie dies einige Minuten lang, bis Sie den Lärm ausblenden können. 
  • Nehmen Sie in einem nächsten Schritt einen vollständigen Atemzug durch die Nase und zählen Sie dabei langsam bis 3 . Füllen Sie Ihre Lungen vollständig. Atmen Sie durch den Mund aus und zählen Sie dabei langsam bis 3.
  • Erweitern Sie die Übung, indem Sie bis 3 zählend einatmen und bis 6 zählend ausatmen. Wiederholen Sie die Übung mehrmals und lauschen Sie Ihren Atemgeräuschen.
  • Atmen Sie normal durch die Nase ein und durch die Nase aus. Wenn Sie denken, die Lungen sind leer, blasen Sie durch den Mund aus – es ist erstaunlich, wie viel Luft bleibt. Mehrmals wiederholen.
     


Lärmgestresste sollten zudem versuchen, ihr Wohnumfeld durch Lärmstopp-Massnahmen zu optimieren. Dazu gehört zum Beispiel der Einbau von Schallschutzfenstern. Ideale Lärmschlucker sind zudem Grünpflanzen, bodentiefe Vorhänge, Wände mit schallabsorbierender Farbe sowie Teppichboden statt Laminat. Auch wer sich leise Technik ins Haus holt, gewinnt: Beim Kauf von Wasch-, Spülmaschinen und Trocknern sollte man deshalb auf das «Silence»-Siegel achten. Im Garten kann eine Begrünung – zusammen mit anderen Massnahmen – zu einer angenehmen Klangqualität der Aussenräume beitragen und so das persönliche Wohlbefinden in dicht besiedelten Räumen verbessern. So streuen beispielsweise Äste und Belaubung den Schalleinfall und brechen die hohen Spitzen. Immergrüne Hecken dienen zudem gleichzeitig als Lärm- und Sichtschutz.