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Vorgehen und Finanzierung einer Gebäudesanierung

Irgendwann stehen bei jedem Gebäude Erneuerungsarbeiten an. Nur: Wann ist finanziell der richtige Zeitpunkt, und wie geht man die Modernisierung am besten an? 

Text — Thomas Bürgisser

 

An den Ecken einiger Küchenschranktüren löst sich langsam die Beschichtung, einzelne Scharniere wackeln und als wäre das nicht genug, pfeift seit neustem der Kühlschrank pausenlos. Reicht der Ersatz der defekten Teile? Denn eigentlich wäre die Küche aus den 1980ern ansonsten noch in Ordnung. Oder soll sie doch gleich komplett erneuert werden? Dabei hätte man bald die energetische Sanierung der Aussenhülle in Angriff nehmen wollen ... 

Wann etwas in einem Haus ersetzt werden soll, ist nicht zuletzt eine finanzielle Frage. Nur wenige können sich ohne mit der Wimper zu zucken eine Gesamtsanierung leisten, bei der ihr Haus innen wie aussen komplett erneuert wird und am Schluss quasi ein Neubau steht. In den meisten Fällen entscheiden sich Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer für ein schrittweises Vorgehen: Ersetzt wird das, was am nötigsten ist. 

 

WANN WAS ERSETZEN?

Die Nutzungsdauer einer Küche, eines Bades oder eines anderen Bauteils kann erheblich von den offiziellen Angaben abweichen. Ausschlaggebend ist, in welcher Qualität gebaut wurde, wie regelmässig der Unterhalt erfolgt und wie schonend Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer mit ihrem Material umgehen. Sie können die Lebensdauer eines Bauteils massgeblich beeinflussen.

Trotzdem geht alles früher oder später kaputt und muss spätestens dann ersetzt werden. Da sich dies für die einzelnen Bauteile nicht terminieren lässt, kommt es in Realität meist zur etappenweisen Sanierung. Auch so lässt sich ein Haus – längerfristig – innen wie aussen komplett erneuern und der Aufwand sogar noch verteilt über mehrere Jahre steuerlich in Abzug bringen.
 

CHECKLISTE

WAS HÄLT WIE LANGE?

Die Lebensdauer von Bauteilen ist enorm individuell, die paritätische Lebensdauertabelle kann aber eine Orientierungshilfe sein:

  • Fassade: 20 – 40 Jahre
  • Dach: 30 – 50 Jahre
  • Fenster: 25 – 30 Jahre
  • Badezimmer: 10 – 40 Jahre
  • Küche: 15 – 40 Jahre (Einrichtung), 10 – 15 Jahre  (Apparate)
  • Parkett: 30 – 40 Jahre
  • Keramik/Naturstein: 30 – 40 Jahre
  • Teppich, Laminat: 10 – 25 Jahre
  • Heizung: 15 – 40 Jahre
  • Elektrische Anlagen: 15 – 40 Jahre
  • Wasserleitungen: 30 – 50 Jahre 

WELCHE REIHENFOLGE LOHNT SICH?

Experten raten jedoch, nicht zu sehr aufzuteilen. Denn zahlreiche kleine Aufträge zu vergeben und Baustellen mehrfach einzurichten, kommt gesamthaft teurer, was die Steuerersparnis der etappenweisen Sanierung schnell zunichte macht. 

Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer sollten also nicht zu sehr nach dem Lust-Prinzip vorgehen oder immer zuwarten, bis etwas unwiderruflich kaputt ist. Ebenso sollten sie sich nicht ohne Weitblick an verlockenden Fördergeldern orientieren.Damit am Schluss alles zueinander passt, ist ein geplantes Vorgehen wichtig. Hier lohnen sich Vorinvestitionen, um die Ausgangslage zu kennen und optimal budgetieren zu können. Allenfalls sogar bereits vor dem Liegenschaftskauf, um keine bösen Überraschungen zu erleben. Wie ist die Gebäudesubstanz, wie sehen die Wasserleitungen von innen aus, welche energetischen Massnahmen bieten sich an? Das reicht von Vorstudien bis zu einem GEAK Plus, dem Energieausweis der Kantone mit detailliertem Beratungsbericht.

DIE EXPERTIN

Sabine Hirsbrunner
Kommunikations- verantwortliche «Das Gebäudeprogramm»

ENERGETISCH SANIEREN MIT FÖRDERGELDERN

«Da die Vergabe von Fördergeldern je nach Kanton und Gemeinde unterschiedlich geregelt ist, ist es wichtig, sich im Voraus zu informieren. Einen Überblick geben die Webseite des Gebäudeprogramms (Kanton auswählen) oder energiefranken.ch. Als erster Schritt zur Planung energetischer Sanierungen empfiehlt sich ein GEAK Plus (Gebäudeenergieausweis der Kantone mit Empfehlungen). Dieser basiert auf einer Analyse des energetischen Ist-Zustandes und zeigt auf, welche Massnahmen sich anbieten, wie sie gebündelt werden können, welche Kosten und Einsparungen anfallen. Der GEAK berücksichtigt die Ziele der Bauherrschaft sowie Fördergelder und steuerliche Aspekte. 

Daraus lässt sich auch abschätzen, ob sich allenfalls ein Zusatzeffort lohnt, zum Beispiel eine Gesamtsanierung nach Minergie-Standard. Dank Förderbeiträgen und tieferen Energiekosten sind ganzheitliche Modernisierungen trotz höherer Anfangsinvestition oft wirtschaftlich. Solche lassen sich beim Gebäudeprogramm auch etappenweise realisieren. Es müssen jedoch die Fristen eingehalten und der Förderantrag vor Baubeginn beim Kanton gestellt werden.»


WAS ZUSAMMEN ANGEHEN?

Hat man die Ausgangslage geklärt, gibt es verschiedene Herangehensweisen in Etappen. Oft wird empfohlen, von aussen nach innen zu renovieren. Vor der Innensanierung also die Gebäudehülle anzugehen, inklusive Dämmung, so dass sich die Heizung dann optimal auf den neuen Bedarf ausrichten lässt. Manchmal aber passt auch die andere Richtung besser. Etwa um staub- und lärmintensive Innenarbeiten noch vor dem Einzug zu realisieren. Dazu gehört allenfalls das Ersetzen von Leitungen für Wasser oder Wärmeverteilung. Oder auch, wenn Badezimmer oder Küche innerhalb des Gebäudes verschoben werden sollen, ein neuer Bodenaufbau gefragt ist oder Wände raus- und Anbauten dazukommen. Auf jeden Fall schnüren sollte man jene Pakete, die sich rein arbeitstechnisch aufdrängen: Der Fassadenanstrich zusammen mit dem Dämmen. Und wenn das Gerüst schon steht, eventuell auch die Dacharbeiten angehen. Dabei sollte das Endresultat immer im Blick bleiben. Damit beispielsweise Leitungen für später bereits vorbereitet sind. Wer ausserdem weiss, wie viel die nächste Etappe kostet, kann gezielt darauf sparen.
 

INFO

BAUBEWILLIGUNG NICHT VERGESSEN!

Sobald bei einem Gebäude grössere Änderungen vorgenommen werden – aussen, teilweise aber auch innen –, braucht es eine Baubewilligung. Dabei geht es darum, dass alles zonen- und gesetzeskonform ist, vom Energetischen bis zum Umgang mit Schadstoffen wie Asbest. Die kantonalen Unterschiede können jedoch gross sein. Die Energievorschriften beispielsweise orientieren sich zwar an den Mustervorschriften MuKEn 2014, deren Umsetzung ist aber kantonal verschieden. Entsprechend sollte man vor einem Projekt immer frühzeitig bei der Gemeinde vorstellig werden.


WERTVERMEHREND ODER WERTERHALTEND?

Die Frage ist vor allem steuertechnisch entscheidend. Während wertvermehrende beziehungsweise wertsteigernde Massnahmen den Wert der Liegenschaft erhöhen, können werterhaltende Massnahmen oft als Unterhalt abgezogen werden. Vereinfacht gesagt gilt all das als werterhaltend, was bereits Vorhandenes wieder instand setzt: Heizung ersetzen, Bodenbelag erneuern, Wände streichen, usw. Wertvermehrend hingegen ist, wenn etwas Neues hinzukommt, zum Beispiel das Dach ausgebaut oder das Badezimmer mit einer Sauna ergänzt wird.


PLANUNG IST ENTSCHEIDEND

Einen Plan sollte auch haben, wer die Totalsanierung abgeschlossen oder einen Neubau realisiert hat. Denn irgendwann steht der erste oder nächste Eingriff an. Um diesen nicht zu verpassen, ist eine langfristige technische wie auch finanzielle Planung angebracht, etwa mithilfe der Lebensdauertabelle von Bauteilen. Darauf abgestimmt lässt sich ein mehrjähriger Fahrplan erstellen. Eine Rolle spielen sollte darin auch die eigene Lebensplanung. Möchte man in der Liegenschaft alt werden, diese irgendwann den Kindern weitergeben oder eher an Dritte weiterverkaufen? Entscheidende Fragen. Denn so gehen allfällig nötige Einrichtungen für das Alter nicht vergessen: Der Treppenlift, bevor der neue Anstrich kommt, oder die schwellenlose Dusche, wenn das Badezimmer renoviert wird. Andererseits lohnen sich Renovierungen kaum noch, wenn die Liegenschaft wenig später verkauft werden soll. Dann überlässt man die Planung besser seinen Nachfolgern, die dann ganz nach ihrem Geschmack modernisieren können.

NACHGEFRAGT

Adrian Wenger
VZ VermögensZentrum

FINANZIERUNG VON SANIERUNGEN

Eine Sanierung muss finanziell gut geplant sein. Im Kurzinterview gibt Adrian Wenger vom VZ VermögensZentrum Tipps, worauf es dabei zu achten gilt.

Adrian Wenger, wie finanziere  ich Sanierungen am besten?
Idealerweise hat man dafür vorgesorgt. So kommen die aktuell tiefen Hypozinsen Immobilienbesitzern zwar entgegen. Das gesparte Geld aber legt man am besten zur Seite, zumindest teilweise. Um eine Reserve auf dem Konto zu haben oder die Hypothek vorausschauend zu amortisieren und sich so eine Reserve zu schaffen.

Gibt es einen Richtwert?
Eine Möglichkeit ist, monatlich eine marktübliche Miete beiseite zu legen. Ein anderer guter Richtwert sind zwei Prozent der Hypothek jährlich. Was neben den laufenden Kosten übrig bleibt, ist Reserve. Wichtig aber ist, dass sich die Sanierung anschliessend nicht einfach am Ersparten orientiert, sondern an den tatsächlichen Bedürfnissen.

Was heisst das?
Auch für die Immobilie sollte man einen Plan haben: Welche Sanierungen machen wann Sinn und passen sie auch langfristig zu meinen Lebensumständen? Ich beobachte oft, dass rund um die Pensionierung nochmals in eine Komplettsanierung investiert wird. Fünf Jahre später wird die Immobilie verkauft, weil sie zu gross ist. Da geht viel Geld verloren. Besser wäre, vorher zu überlegen, ob sich die Sanierung der Küche noch lohnt oder bald ein Verkauf ansteht. Oder ob sich zum Beispiel der Einbau einer Einliegerwohnung anbietet, wodurch auch die oft problematische Tragbarkeit im Alter gelöst wäre.

Woher bekomme ich Geld, wenn ich nichts angespart habe oder die Liegenschaft neu erworben habe?
Sofort nötige Sanierungen müssen beim Kauf natürlich einkalkuliert werden und allenfalls ins Kreditbegehren mit einfliessen. Möchte man die Hypothek zu einem späteren Zeitpunkt erhöhen, legt man am besten ein paar Arbeiten zusammen, damit es administrativ nicht um Kleinstbeträge geht. Und aufgepasst: Die Kreditwürdigkeit wird dann nochmals neu geprüft. Also nichts ausgeben ohne Zusage. Gleiches gilt für Vorsorgegelder. Immer zuerst abklären, ob diese wirklich für die geplanten Sanierungen eingesetzt werden dürfen, bevor man sie fix einplant.


 


WEITERFÜHRENDE LINKS

  • dasgebaudeprogramm.ch: Beispiele energetischer Sanierungen, Planungshilfen, Vorgehen für Förderungen, Übersicht geförderter Massnahmen
     
  • energiefranken.ch: Auflistung aller verfügbarer Förderangebote von Bund, Kantonen, Gemeinden und regionaler Energieversorger
     
  • GEAK.ch: Gebäudeenergieausweis der Kantone inklusive Verzeichnis von Experten