Richtiges Lüften
Regelmässiges Lüften ist nicht nur wichtig für den Wohnkomfort, es verhindert auch Schäden am Gebäude. Doch so einfach es klingt: Man kann dabei einiges falsch machen.
Text — Raphael Hegglin
Leider gehören sie vielerorts zum Strassenbild: Fassaden, die oberhalb der Fenster schwarz-gräulich verfärbt sind. Es handelt sich dabei um Algen und Pilze, welche die Fassade allmählich zerstören. Grund dafür sind nicht etwa Baumängel, sondern falsches Lüften. Und zwar über Kippfenster: Der daraus entweichende Luftstrom enthält warme, feuchte Luft. Sie steigt entlang der – kalten – Fassade auf, worauf das darin enthaltene Wasser kondensiert. Da die Fassade deswegen fast dauerhaft feucht ist, bilden sich darauf Algen und Pilze.
KURZ UND KRÄFTIG LÜFTEN
Gekippte Fenster bringen weitere Probleme mit sich: Im Winter reicht schon ein einziges, damit über 10 Prozent der Heizwärme im betroffenen Raum nach draussen verschwinden – ohne dass sich dabei die Luftqualität im Haus merklich verbessern würde. Denn der Luftaustausch geschieht viel zu langsam, um die Feuchtigkeit effizient abzuführen und den Frischluftgehalt ausreichend zu erhöhen. Es gibt daher Energieberaterinnen und Energieberater, die Kippfenster am liebsten verbieten würden. Auch bei der Lancierung des Minergie-Labels spielte man mit diesem Gedanken.
Doch wie lüftet man richtig? Eigentlich ist es ganz einfach: Im Winter sollte man dreimal täglich für etwa je fünf Minuten stosslüften. Durch den Luftzug lässt sich mehr oder weniger die gesamte Innenluft austauschen. Der Trick dabei: Die Wände kühlen kaum ab, wodurch nur wenig Energie verloren geht – und die Fassade ist nicht dauerhaft Feuchtigkeit ausgesetzt.
INFO
KONTROLLIERTE LÜFTUNG UND LÜFTUNGSFENSTER
Mit einer Lüftungsanlage lässt sich ein grosser Teil der Heizwärme zurückgewinnen, die beim normalen Lüften durch die geöffneten Fenster verloren geht. Mindestens 80% der in der Abluft enthaltenen Wärme lassen sich mittels eines Wärmetauschers auf die zugeführte Frischluft übertragen und damit zurückgewinnen. Neben dem gesenkten Heizwärmebedarf verhindert eine Lüftungsanlage Schimmelwachstum und sorgt für gute Luftqualität, indem sie Pollen und andere Partikel aus der Zuluft filtert. Bei Neubauten setzen sich Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung daher zunehmend durch; beim Minergie-Standard sind sie gar Vorschrift. Im Zuge einer Sanierung lässt sich eine Lüftungsanlage in ein bestehendes Gebäude einbauen. Der technische und finanzielle Aufwand ist allerdings gross und lohnt sich meist nicht. Dieses Problem lässt sich durch fensterintegrierte Lüftungsgeräte lösen. Es handelt sich dabei um eine Kombination aus Fenster und einer Lüftungsanlage, die in den Fensterrahmen integriert ist. Sie werden zur Belüftung einzelner Räume installiert und gewinnen, ähnlich einer zentralen Lüftungsanlage, etwa 80 % der Energie zurück.
Es gibt auch Lüftungsfenster, die mit Sensoren permanent die Luftqualität überwachen und sich nur nach Bedarf einschalten. Zwar ist der nachträgliche Einbau solcher Fenster wesentlich einfacher als der einer kontrollierten Lüftungsanlage. Trotzdem ist auch er mit Aufwand verbunden: So braucht jedes Lüftungsfenster einen Stromanschluss, der meist zusätzlich installiert werden muss.
KELLER LÜFTEN NUR IM WINTER
Nicht nur im Winter kann man beim Lüften einiges falsch machen. Denn je wärmer Luft ist, desto mehr Wasser speichert sie. So sind an heiss-schwülen Sommertagen mehr als 25 Gramm Wasser in einem Kubikmeter Luft gelöst. Strömt diese Luft in einen kühlen Keller, dann kondensiert ein Teil des dieser Luftfeuchtigkeit auf den kühlen Wänden: In einem 50 Quadratmeter grossen Keller kann dies bis zu 1 Liter täglich sein. Über den gesamten Sommer kann sich ein trockener Keller so in einen modrigen Feuchtkeller verwandeln.
Im Sommer sollte ein Keller deshalb möglichst nicht gelüftet werden – oder zumindest nur nachts. Dabei kann man sich an folgende Regel halten: Ist es draussen kälter als im Keller, kann man lüften. Ist es draussen wärmer, dann gelangt mit dem Lüften Feuchtigkeit hinein.