Gebäudehülle modernisieren

Systeme, Materialien, Gesetze: Wer saniert, muss sich im Voraus gut informieren. Wie lässt sich der Dschungel etwas lichten? Hier erfahren Sie alles zur Gebäudehülle.

Text — Thomas Bürgisser

 

ZUERST GEBÄUDEHÜLLE

Eine energetische Sanierung hilft nicht nur, die Umwelt zu schützen – sondern auch bares Geld zu sparen. Nur: Wo beginnen? Klar ist, dass jedes Gebäude ein Einzelfall mit seinen individuellen Stärken und Schwächen ist. Hier schafft ein Gebäudeenergieausweis (GEAK) den besten Überblick. Oft ist der erste Schritt die Dämmung der Gebäudehülle, so dass die Heizung anschliessend auf den neuen Wärmebedarf abgestimmt werden kann.

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Am häufigsten wird die Gebäudehülle von aussen gedämmt. Damit alles fachgerecht und ohne Wärmebrücken durchgeführt wird, lohnt es sich, einen Profi ins Boot zu holen.

DÄMMUNG DER AUSSENWÄNDE

Nur schon durch die Dämmung der Aussenwände lassen sich bei einem durchschnittlichen Einfamilienhaus 10 bis 20 Prozent Energie einsparen. Am seltensten wird dabei von innen her gedämmt. Hier riskiert man am meisten Wärmebrücken, also Schwachstellen in der Dämmung, und verliert erst noch an Wohnfläche. Da bei dieser Methode aber die Fassade unverändert bleibt, ist sie zum Beispiel für Gebäude unter Denkmalschutz gut geeignet. Auch eine Kerndämmung ist möglich, sofern das Haus über ein Zweischalenmauerwerk verfügt. Dessen Hohlräume werden dann mit einer Dämmung gefüllt, wobei die mögliche Dicke vom vorhandenen Hohlraum abhängig ist und dieser oft zu klein ist für eine genügende Dämmung.

TIPP

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DAS IST DER U-WERT!

Da es viele verschiedene Dämmarten und -materialien gibt, kann nicht pauschal gesagt werden, wie dick eine Dämmung mindestens sein sollte. Als Vergleichswert wird vielmehr der Wärmedämmwert, der U-Wert, herangezogen. In Watt pro Quadratmeter und Kelvin (W/m2K) gibt dieser an, wie viel Wärme durch ein Bauteil, also beispielsweise eine Wand oder ein Fenster, verloren geht. Bei Aussenwänden von über 50 Jahre alten, praktisch ungedämmten Häusern liegt der U-Wert oft bei 0.8 bis 1.2 W/m2K, bei einem Neubau bei 0.2 W/m2K oder darunter. Wie viel Dämmung es nun im Rahmen der Sanierung braucht, um einen Wert von 0.2 zu erreichen, hängt stark von der bestehenden Situation ab sowie vom verwendeten Dämmmaterial und der Dämmart.

So kann man beispielsweise mit einer dicken Strohdämmung grundsätzlich gleich viel erreichen wie mit neuartigen Dämmmaterialien, bei denen meist schon wenige Zentimeter reichen.

KOMPAKT ODER HINTERLÜFTET FASSADE

Am häufigsten wird die Dämmung aussen angebracht. Damit auch hier keine Wärmebrücken entstehen, empfiehlt es sich, einen Profi ins Boot zu holen. Er hilft auch zwischen Kompaktfassade und hinterlüfteter Fassade zu entscheiden. Bei ersterer kommen die Dämmplatten direkt aufs Mauerwerk. Oft bestehen diese aus Schaumstoff oder Mineralwolle. Bei der hinterlüfteten Fassade wiederum gibt es eine Tragekonstruktion, dazwischen kommen Zellulosefasern oder Stein- beziehungsweise Glaswolle. Der grosse Unterschied: Eine Kompaktfassade kommt mit 200 bis 300 Franken pro Quadratmeter günstiger, ist aufgrund der weniger gut abfliessenden Feuchtigkeit jedoch qualitativ weniger hochwertig.

Foto: Flumroc AG
Foto: Flumroc AG

Nicht nur gedämmt, sondern gleich ganz umgebaut: Bei grösseren Eingriffen ist in den Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich als Richtwert ein U-Wert von mindestens 0.25 W/ m2K bei Dach oder Wänden vorgesehen.

DÄMMUNG DES ESTRICHBODENS

Fast gleich viel Energie wie bei den Aussenwänden lässt sich durch die Dämmung des Estrichbodens sparen. Wird das Dach gedämmt, weil der Estrich als Wohnraum genutzt werden soll, wirds jedoch schon teurer. Noch am günstigsten wird dann zwischen den Dachstuhlträgern gedämmt. Die Balken selber bleiben dadurch aber kalt, mit dem Risiko von Wärmebrücken. Werden die Balken mit einer zusätzlichen Dämmschicht überzogen, kann man diesen Effekt eingrenzen. Am idealsten jedoch ist das Dämmen von aussen – nur muss dazu das Dach abgedeckt werden. Einfacher geht es da schon im Keller zu und her. Mit etwas handwerklichem Geschick kann man hier die Decke oft sogar selber isolieren: Und nochmals fünf bis zehn Prozent Energie einsparen.

DER EXPERTE

Roger Nufer,
Fachspezialist Gebäude,
Bundesamt für Energie

«JEDER KANTON LEGT SELBER FEST, WELCHE MASSNAHMEN GEFÖRDERT WERDEN»

 

Roger Nufer, wie gehe ich am besten vor, wenn ich mein Haus energetisch sanieren möchte?
Wir empfehlen immer, zuerst einen «Gebäudeenergieausweis der Kantone» inklusive einem Beratungsbericht zu machen (GEAKplus). Dieser ist so oder so Pflicht bei einem Förderbeitrag ab 10’000 Franken für die Sanierung der Gebäudehülle. Vor allem aber zeigt er verschiedene Sanierungsvarianten inklusive entsprechender Kosten, Förderbeiträge und Steuerersparnisse auf und bildet so eine gute Grundlage für eine längerfristige Planung einer Gebäudesanierung.

Wie viel muss ich dämmen, damit ich Fördermittel erhalte?
Jeder Kanton legt selber fest, welche Massnahmen zu welchen Bedingungen gefördert werden. Grundlage dafür bildet das Harmonisierte Fördermodell der Kantone (HFM 2015). Im Rahmen des HFM 2015 hat man sich auch auf Minimalanforderungen geeinigt. So muss beim Bauteil, also zum Beispiel bei einer Wand, mindestens eine Verbesserung beim U-Wert von 0.07 W/m2K erreicht werden und der Endwert muss tiefer sein als 0.20 W/m2K. Dafür erhalte ich mindestens 40 Franken pro Quadratmeter.

Werden auch neue Fenster gefördert?
Der reine Fensterersatz wird zum Beispiel im Rahmen des «Gebäudeprogramms» nicht mehr gefördert, weil eine Dreifachverglasung heute Standard und praktisch gleich teuer ist wie eine Zweifachverglasung. Es gibt also keinen «Preisaufschlag für bessere Wärmedämmung», der durch Förderung abgefedert werden müsste. Es kann aber sein, dass einzelne Kantone dies trotzdem noch fördern. Die Kontaktdaten der kantonalen Stellen für Auskünfte findet man unter das gebaeudeprogramm.ch

NEUE FENSTER

Zur Gebäudehülle gehören aber auch die Haustüre – und vor allem die Fenster. Hier gibt es die Möglichkeiten der Fensterrenovierung und des Ersatzes: Wobei letzteres manchmal sogar günstiger kommt und erst noch effektiver ist. Waren vor zehn Jahren noch Zweifachverglasungen Standard, sind es heute Dreifachverglasungen. Im Vergleich sind sie nochmals 40 Prozent effizienter. Dafür sorgt auch das isolierende Edelgas in den Zwischenräumen der Gläser sowie eine unsichtbare Beschichtung, die einen Teil der Sonnenenergie ins Gebäudeinnere lässt, die Wärme aber nicht mehr raus. Mit solchen Fenstern erreicht man einen sehr guten Wärmedämmwert (U-Wert) von 0.6 W/m2K (siehe dazu Tipp) – und lässt erst noch weniger Lärm ins Haus. So gilt bei den Fenstern wie bei der gesamten Gebäudehülle: Eine energetische Sanierung sorgt nicht nur für geringeren Energieverbrauch. Sondern auch für mehr Komfort dank behaglicher Wohnatmosphäre.

CHECKLISTE

FÜNF FAKTEN ZUR AKTUELLEN GESETZESLAGE

  • Grundsätzlich kann der Gesetzgeber nur zum Dämmen verpflichten, sobald man das entsprechende Bauteil angeht. Es besteht keine Sanierungspflicht.
     
  • Einen gesetzlichen Rahmen zum Dämmen geben die Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKen) vor. Deren detaillierte Ausgestaltung geschieht jedoch in den einzelnen Kantonen unter Einbezug von SIA-Normen.
     
  • Die letzte Version der MuKen (2014) haben einige Kantone bereits ganz oder teilweise umgesetzt, in anderen Kantonen laufen die Beratungen dazu. Vorschriften im Bereich Dämmung und Fenster haben sich im Vergleich zu den vorhergehenden MuKen 2008 jedoch nicht verändert – und letztere sind in allen Kantonen praktisch einheitlich umgesetzt.
     
  • Bezüglich Dämmung ist in den MuKen 2008 wie auch 2014 ein U-Wert von mindestens 0.25 W/m2K bei Dach oder Wänden vorgesehen, sobald diese umgebaut beziehungsweise gedämmt werden.
     
  • Bezüglich im Rahmen eines Umbaus eingesetzter Fenster sehen die MuKen 2008 noch einen Maximal-U-Wert von 1.3 W/m2K vor. Aufgrund der Weiterentwicklungen der Fenster wird dieser in den MuKen 2014 auf 1.0 W/m2K gesenkt.