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Estrichausbau

Der Estrichausbau gehört zu den beliebtesten Wohnraumerweiterungen. Was auf den ersten Blick einfach erscheint, erfordert aber einiges an Planung.

Text — Thomas Bürgisser

 

WEG MIT DEM GERÜMPEL

Möchten Sie endlich mehr Platz für Ihr Hobby? Fehlt dem gekauften Haus ein dringend benötigtes Kinderzimmer oder soll der Traum vom grossen Wohnzimmer verwirklicht werden? Auf der Suche nach mehr Wohnraum landet man schnell beim Dachstock. Denn dieser sollte nicht nur für das Gerümpel genutzt werden, wenn anstelle dessen so viel Schönes entstehen könnte. Ein lichtdurchfluteter, grosser Raum, vielleicht mit freigelegten Balken, einer Lukarne oder dank Cabriofenster sogar einem neuen, kleinen Balkon. Und durch die dafür nötige Dämmung des Daches spart man auch gleich noch einiges an Energie.

Foto: Velux
Foto: Velux
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Mit einem Cabriofenster erhält man nicht nur Tageslicht, sondern auch gleich noch einen kleinen, neuen Balkon im Dachstock.

DIE KOSTEN

Gemessen an der gewonnenen Wohnfläche ist ein Dachausbau zwar nicht gerade günstig – schnell hat man über 50‘000 Franken investiert. Und wenn gleichzeitig noch gedämmt, vielleicht sogar die Dachkonstruktion erneuert werden muss, geht es bald gegen die 100‘000 Franken. Trotzdem gehört der Dachausbau noch zu den günstigsten und praktischsten Wohnraumerweiterungen. Wenn denn das Gesetz mitspielt. Denn fast jeder Dachstockausbau braucht eine Baubewilligung, und sei es nur wegen der Nutzungsänderung. Bei kleinen Anpassungen wird oft ein vereinfachtes Verfahren angewandt. Ist der Dachraum aber beispielsweise zu wenig hoch, muss das Dach angehoben werden. Und dann kann sich die Baubewilligung auch ein paar Monate hinziehen. Ganz zu schweigen von einem Dachabbruch und Neuaufbau mit Flachdach. Wenn das überhaupt erlaubt ist.

TIPP

WENN NICHT DER ESTRICH – VIELLEICHT DER KELLER?

Nicht immer ist ein Ausbau des Estrichs möglich. Dann würde sich auch ein Kellerausbau anbieten. Klar, auch dieser muss gedämmt werden – und das wird von aussen eher schwierig. Und auch hier gibt es behördliche Auflagen. So findet ebenfalls eine Nutzungsänderung statt. Ausserdem ist Licht und Frischluftzufuhr erforderlich. Es könnten also der Einbau von Lichtschächten oder eine Absenkung des Gartens drohen. Hingegen verändert sich die Gebäudehöhe nicht. Und auch sonst bleibt von aussen vieles gleich – der Denkmal- oder Ortsbildschutz stellt hier also kaum ein Problem dar.

VIELE STOLPERSTEINE

Die Vorschriften sind je nach Gemeinde unterschiedlich, aber auch je nach Zone und Gebäude. Bei einer
Dachanhebung muss die maximal erlaubte Gebäudehöhe berücksichtigt werden. Auch Lukarnen, Dachfenster und Co. sind nicht überall erlaubt, zum Beispiel aus Gründen des Denkmal- oder Ortsbildschutzes. Und nicht zuletzt gilt es, ein Auge auf die Ausnützungsziffer zu haben. Denn ist die maximale Wohnfläche bereits ausgenützt, wird es schwierig. Viele Gemeinden haben bei älteren Häusern jedoch Ausnahmeregeln bezüglich des Estrichausbaus.

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Esszimmer mit Küche, Arbeitszimmer oder lichtdurchfluteter Wohnraum: Mit einem Dachstockausbau gewinnt man einiges an Wohnfläche.

RICHTIG DÄMMEN

Auch der Ausbau selbst erfordert einiges an Fachwissen, die Hilfe eines Architekten oder Planers ist meist unabdingbar. Da wäre zum Beispiel der Aufgang: Die vielleicht vorhandene Leiter ist wohl kaum mehr praktikabel. Wie sieht es mit der Heizung aus? Reicht deren Leistung noch? Welche anderen Leitungen braucht es? Auch die Trittschalldämmung sollte gut geplant sein, gleich wie die Isolation des Dachraumes. Klar: Am einfachsten ist es, zwischen den Dachstuhlträgern zu dämmen. Die Balken selber werden dadurch aber nicht gedämmt, mit dem Risiko von Wärmebrücken. Kommt über die Balken noch eine zusätzliche Dämmschicht, ist man schon etwas besser dran. Am idealsten jedoch ist das Dämmen von aussen – nur muss dazu das Dach abgedeckt werden. Bei alledem sollten Sie die Dampfbremse nicht vergessen. Diese verhindert, dass Feuchtigkeit in die Dämmung gelangt und es später zu Schimmel kommt.

DER EXPERTE

Mario Lorenzato
Produktmanager Dachfenster,
VELUX Schweiz AG

«DARAN GILT ES BEIM DACHFENSTER ZU DENKEN»


«Der Dachraum wird erst durch genügend Lichteinfall und frischer Luft zum gemütlichen Wohnraum. Dafür die richtige Lösung zu finden, ist aber gar nicht so einfach. Bei Steildächern am
häufigsten zum Einsatz kommen Schwingflügel- oder Klappflügelfenster. Mit einem Cabriofenster gewinnen Sie jedoch gleich noch einen kleinen Balkon dazu. Ist dieser schon vorhanden, lässt sich das Dachfenster mit einem Türelement kombinieren – als praktischer Zugang zur Dachterrasse. Bei Flachdächern schaffen Sie mit einem Flachdach-Fenster eine Lichtkuppel, praktischerweise ausgerüstet mit Motor und Regensensor. Mein Tipp: Wählen Sie dabei gebogenes Glas, so dass das Wasser besser abläuft und Sie eine klarere Sicht haben – ohne sich ständig über Wasserflecken ärgern zu müssen. Noch fast wichtiger als bei anderen Fenstern ist bei Dachfenstern ausserdem der Hitze- oder Sichtschutz. Ersteres muss immer aussen angebracht werden, ansonsten wärmt die Sonne bereits die Glasscheiben und die Hitze ist drin. Abhilfe bieten Markisen oder Rollläden. Geht es einzig um den Sichtschutz oder das blendende Sonnenlicht, reichen auch innen angebrachte Lamellenstoren oder Rollos. Ob Hitze-, Sichtschutz oder gleich beides: Ich empfehle immer, die Lösung zu automatisieren, zum Beispiel solarbetrieben. Ist der Dachraum besonders hoch, lässt sich eine Automatisierung so oder so nicht umgehen. Aber auch bei Ferienabwesenheiten ist es hilfreich, wenn die programmierten Markisen die Zimmerpflanzen vor zu viel Hitze schützen.»

DIE LETZTE HERAUSFORDERUNG

Ist der Dachstockausbau fertig, gehts ans Einrichten. Wobei: Wer clever ist, hat schon zuvor daran gedacht. Denn um den Raum trotz Dachschrägen optimal auszunutzen, eignen sich niedrige Einbauschränke. In diesen lässt sich gleich ein Teil des früheren Gerümpels praktisch verstauen. Auch Regale lassen sich perfekt auf die Dachschräge hin anpassen und zum Beispiel an den Raumenden aufstellen. Bei Sofa, Tisch und Co. setzten Sie am besten auf niedrige Ausgaben, das lässt den Raum höher wirken. Nicht zuletzt arbeiten Sie vorzugsweise mit hellen Farben, vielleicht mit einzelnen Farbakzenten. Und mit gezielt eingesetzten Spots fürs Licht – denn eine Hängeleuchte wird meistens schwierig.

CHECKLISTE

LOHNEN SICH VIELLEICHT AUCH GLEICH DIESE ARBEITEN?

Isolation der Aussenhülle: Wenn Sie das Dach schon dämmen, überlegen Sie sich, ob Sie die Wände nicht auch isolieren möchten. Auch ein neuer Anstrich oder der Ersatz  der Fenster sollten in Betracht gezogen werden.

Sofern Sie nicht nur von innen ausbauen: Prüfen Sie auch gleich den Zustand der Dachziegel.

Wenn das Baugerüst schon steht, das Dach eventuell erneuert wird: Wieso nicht die Gelegenheit nutzen für eine thermische Solaranlage oder für Photovoltaik?

Auch der Einbau einer Blitzschutzanlage könnte sich im gleichen Schritt lohnen. Dabei wird ein äusserer Blitzschutz mit Kupferdrähten installiert. Über diese sowie weitere leitfähige Gebäudeteile wird der Strom zur Erdung geleitet.

Oftmals muss auch der Zugang zum Estrich erneuert werden. Zum Beispiel mit einer neuen Treppe – welche übrigens genug breit sein sollte, damit Sie später auch Möbel ins Dachgeschoss bringen. Besonders schön wird das Resultat, wenn der Bodenbelag im bisher obersten Geschoss auch gleich der Treppe angepasst und erneuert werden kann.