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Dienstbarkeiten und Baugesetze

Eigenheimbesitzer können mit ihrer Liegenschaft machen, was sie wollen? Nicht ganz! Es gibt immer Vorgaben zu beachten, die allenfalls Neu- und Ausbauten wie auch Nutzungen beschränken.

Text — Thomas Bürgisser

 

Einfach einmal drauflosbauen – das gibt es in der Schweiz nicht. Zum einen bestehen öffentlich-rechtliche Vorgaben, etwa in Form von Baugesetzen. Hier wird von Bund, Kantonen und Gemeinden zum Beispiel geregelt, welche Bauten wie ausgeführt wo erstellt werden dürfen. Es gibt aber auch privatrechtliche Einschränkungen wie Dienstbarkeiten beziehungsweise Servitute, die meist im Grundbuch eingetragen sind. Eine Übersicht:

 

ZONENPLAN

Im Zonenplan zeigt eine Gemeinde auf, wie ein Boden genutzt werden darf, Parzelle für Parzelle. Dabei gibt es je nach Kanton verschiedene Zonen, in denen gar nicht oder nur für bestimmte Zwecke gebaut werden darf. Im Detail ausgeführt wird das meistens in einer Bau- und Zonenordnung, die je nach Gemeinde auch anders heissen kann.

 

SONDERNUTZUNGSPLAN

Teilweise bestehen für gewisse Zonen besondere Vorschriften, die über jene der Bau- und Zonenordnung hinausgehen. Das können zum Beispiel Sonderbauvorschriften sein, durch welche das Erscheinungsbild eines Quartiers möglichst einheitlich bleiben soll. Oder ein Gestaltungsplan als Entwicklungsinstrument für ein bestimmtes Gebiet.

INFO

WO INFORMIEREN?

  • ÖREB-KATASTER: Im Kataster der öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen (ÖREB) sind Vorgaben festgehalten, die sich beispielsweise aus einem Nutzungsplan ergeben. Der ÖREB-Kataster ist online abrufbar. Noch sind nicht alle ÖREB dort eingetragen, der ÖREB-Kataster wird aber laufend ergänzt. Auf Bundesebene finden sich hier zum Beispiel die Nutzungsplanung, Baulinien von Nationalstrassen aber auch die Lärmempfindlichkeitsstufen oder belastete Standorte. Abrufbar ist der ÖREB-Kataster über cadastre.ch.
  • GRUNDBUCH; Dienstbarkeiten sind privatrechtlich und nicht im ÖREB-Kataster eingetragen, sie sind dem Grundbuch zu entnehmen. Ein Grundbuchauszug mit den entsprechenden Angaben kann beim dafür verantwortlichen Grundbuchamt bestellt werden. Verzeichnis der Schweizer Grundbuchämter


BAULINIEN

Baulinien sind Planungsinstrumente der Nutzungsplanung: wo braucht man Platz für einen eventuellen Strassenausbau? Für Eisenbahnen oder Leitungen? Solche Flächen für bestehende oder künftige Anlagen im öffentlichen Interesse sollen von Bauten freigehalten werden. Entsprechend zeigen Baulinien an, bis wohin höchstens gebaut werden darf, und ersetzen allgemeine öffentlich-rechtliche Abstandsvorschriften.

 

KATASTERPLAN

Auf einem Katasterplan wird ein Grundstück gemäss amtlicher Vermessung gezeigt. Auch Gebäude – bestehende oder geplante – sind darauf verzeichnet, gleich wie Baulinien, Strassen, Gewässer usw. Wichtig ist dieser Katasterplan beispielsweise beim Kauf oder Verkauf von Grundstücken, aber auch bei einer Baueingabe.

 

DIENSTBARKEITEN

Unter Dienstbarkeiten versteht man zum einen Einschränkungen, die auf einem Grundstück lasten, und zwar gegenüber anderen Grundstücken (Grunddienstbarkeit) oder Personen (Personaldienstbarkeit). Zum anderen können Dienstbarkeiten aber auch Vorzüge sein, die mit dem Grundstück verbunden sind. Es gibt eine Vielzahl verschiedener Dienstbarkeiten:
 

DER EXPERTE

Tobias Bättig
Fachanwalt SAV Bau- und Immobilienrecht Partner  Rudolf & Bieri AG, Luzern

«Gegen bestehende Baulinien kann man sich grundsätzlich nicht wehren»

Wie wehre ich mich gegen Dienstbarkeiten im Grundbuch?
Grundsätzlich können im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeiten nur im Einverständnis aller daran berechtigten Grundeigentümer gelöscht werden. Kann man sich nicht einigen, müsste eine Klage um Löschung beim zuständigen Zivilgericht eingereicht werden. Dies kann der belastete Grundeigentümer vor Gericht verlangen, wenn die Dienstbarkeit für das berechtigte Grundstück jegliches Interesse verloren hat, zum Beispiel ein Grundstück anders erschlossen wird und das Wegrecht nicht mehr benötigt wird. Falls ein Interesse der berechtigen Grundeigentümerin zwar noch besteht, aber im Verhältnis zur Belastung beim anderen Grundeigentümer unverhältnismässig ist, kann die Dienstbarkeit gemäss Gesetz allenfalls gegen Entschädigung abgelöst werden.

Was ist, wenn eine Dienstbarkeit nicht eingehalten wird?
Sofern eine Ermahnung nicht ausreicht, stehen dem Dienstbarkeitsberechtigten mehrere rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung. Er kann aus Besitzesschutz beim Gericht klagen und verlangen, dass die Störung der Dienstbarkeit aufhört. Weiter kann sich eine betroffene Eigentümerin auch mittels Eigentumsfreiheitsklage zur Wehr setzen, namentlich wenn sie an der Ausübung der Dienstbarkeit völlig gehindert wird.

Kann ich auch gegen Baulinien etwas unternehmen?
Baulinien basieren im Gegensatz zu Dienstbarkeiten auf öffentlichem Recht. Gegen bestehende Baulinien kann man sich grundsätzlich nicht wehren. Allenfalls kann bei der Planungsbehörde ein Gesuch um Löschung oder Verschiebung eingereicht werden. Anders sieht es aus, wenn Baulinien erlassen oder verschoben werden. Das geschieht im Rahmen eines bestimmten Verfahrens von Planungsbehörden der Gemeinde oder des Kantons. Als betroffener beziehungsweise interessierter Grundeigentümer kann man sich dann innert einer gewissen Frist dagegen zur Wehr setzen und Rechtsmittel erheben.


BAURECHT

Wer eine Parzelle nicht verkaufen will, kann jemandem auch «nur» das Baurecht darauf erteilen. Meist wird ein solcher Baurechtsvertrag über eine sehr lange Zeitdauer abgeschlossen und für die Nutzung des Bodens wird ein Baurechtzins bezahlt.

 

NÄHERBAURECHT

Allgemein wird oft für eine Dienstbarkeit bezahlt, oder aber es wird ein Gegenrecht erteilt. So kann beispielsweise mit einem Nachbarn vereinbart werden, dass man näher ans Nachbargrundstück bauen darf, als allgemein öffentlich-rechtlich vorgesehen. Nicht selten erteilen sich beide Grundstückbesitzer das Recht gleich gegenseitig.

 

WEGRECHT

Mit einem Wegrecht erhält man die offizielle Erlaubnis, einen Weg zum eigenen Grundstück zu nutzen, der über ein anderes Grundstück führt. Dieser Weg muss auch erhalten bleiben. Gleichzeitig ist es ratsam, mit dem Wegrecht auch weitere Details wie etwa den Unterhalt des Weges zu regeln.

CHECKLISTE

DIESE ZONEN GIBT ES

Grundsätzlich wird auf Bundesebene zwischen Bauzone, Landwirtschaftszone und Schutzzone unterschieden. Jeder Kanton kann jedoch weiter unterteilen. Einige Beispiele:

  • Wohnzone: In Wohnzonen wird vor allem Wohnraum erstellt. Oft gibt es eine zusätzliche Unterteilung bezüglich erlaubter Geschosse.
  • Kernzone: Ein Gebiet, dessen Charakter möglichst erhalten bleiben soll, zum Beispiel eine Altstadt.
  • Öffentliche Bauten: Krankenhäuser, Schulen, Behörden – hier finden sich Gebäude mit öffentlichem Zweck.
  • Industrie-/Gewerbezone: Diese Zonen sind für Industrie- beziehungsweise Gewerbebauten vorgesehen.
  • Erholungszone: Diese Flächen sollen meist freibleiben, allenfalls sind Bauten wie ein Spielplatz erlaubt.
  • Landwirtschaftszone: Ausschliesslich für landwirtschaftliche Bauten.


LEITUNGSRECHT

Nicht nur oberirdisch kann ein Grundstück von anderen genutzt beziehungsweise durchquert werden, auch unterirdisch: wenn zum Beispiel Gas- oder Wasserleitungen über das Grundstück zu einem anderen führen. Dann spricht man vom Leitungsrecht.

 

WOHNRECHT

Zu den Personaldienstbarkeiten gehört das Wohnrecht. Dieses wird einer Person meist auf Lebzeiten erteilt. Das kann zum Beispiel sein, wenn eine Liegenschaft noch zu Lebzeiten an eine Stiftung vermacht wird, man selber aber bis zum Lebensende darin verbleiben will.

 

Es gibt noch viele weitere Servitute wie auch öffentlichrechtliche Einschränkungen. Sie alle können ein Bauvorhaben einschränken oder allenfalls erst ermöglichen. Entsprechend wichtig ist es, bei einem Kauf sämtliche dieser Vorgaben, Einschränkungen und Rechte zu kennen, um keine bösen Überraschungen zu erleben. Ein Blick ins Grundbuch wie auch in den Kataster der öffentlichrechtlichen Eigentumsbeschränkungen gehört also unbedingt dazu.