Foto: Naturstein-Verband Schweiz NVS

Naturstein, Keramik, Kunststein: eine Übersicht

Schon einmal versucht, eine Küchenabdeckung aus Stein auszuwählen? Eine Steinplatte für den Gartenweg oder den Eingangsbereich? Steinfliesen fürs Badezimmer oder die Aussenwand? Die Auswahl an Materialien ist riesig. Denn Stein ist nicht gleich Stein. 

Text — Thomas Bürgisser

 

NATURSTEIN – DER NATÜRLICHE

Naturstein ist ein Stein, wie er im Buche steht. Beziehungsweise in der Natur. Dort wird er abgebaut und anschliessend für die unterschiedlichsten Einsätze zugesägt und bearbeitet. Insgesamt, so schätzt man, gibt es weltweit rund 5000 verschiedene Natursteine, wobei sich diese rund 30 Gesteinsarten zuordnen lassen. Beziehungsweise drei Gesteinsfamilien: Magmatische Gesteine, Sedimentgesteine und metamorphe Gesteine.
 

INFO

WOHER KOMMT NATURSTEIN?

Die Herkunft von Naturstein ist eng mit der Gesteinsart beziehungsweise der individuellen Optik verbunden. Schliesslich kommen nicht überall auf der Welt die gleichen Natursteine in gleicher Ausprägung vor. So gibt es zum Beispiel Granit aus der Schweiz – aber praktisch auch aus der gesamten restlichen Welt. Zu den grössten Exporteuren gehören China und Indien, ebenfalls verbreitet ist Granit aus Brasilien oder Italien. Italien ist zudem bekannt als Marmor-Land, aber auch aus der Türkei oder Indien gibt es viel Marmor. Auch Sandstein aus Indien ist weit verbreitet. Die Schweiz muss sich in Sachen Sandstein aber ebenfalls nicht verstecken: Die Fassade des Bundeshauses zum Beispiel besteht unter anderem aus Berner Sandstein.


Zu den magmatischen Gesteinen gehören Granit und Basalt. Entstanden aus Lava sind sie besonders harte Steine. Zu den Sedimentgesteinen zählen Kalk- oder Sandsteine. Sie bestehen aus Ablagerungen wie loses Gestein oder auch Skelette von Kleinstlebewesen von vor Millionen von Jahren. Sedimentgesteine  sind weicher als beispielsweise Granit und tendenziell auch heikler. Die metamorphen Gesteine wiederum  sind eine Weiterentwicklung anderer Natursteine, die durch hohen, natürlichen Druck oder hohe Temperaturen quasi umgewandelt wurden und neue Eigenschaften erhielten. Marmor etwa besteht unter anderem aus Kalkstein, Gneis zum Beispiel aus Granit oder Sandstein. Je nachdem, welche Sedimente unter welchen Umständen umgewandelt wurden, haben die Gesteinsarten andere Ausprägungen. Grundsätzlich ist Individualität ein zentraler Aspekt bei Natursteinen. Selbst innerhalb der gleichen Gesteinsarten können sie sich je nach Abbauort enorm unterscheiden bezüglich Muster, Färbung oder auch Eigenschaften. Und so ist jeder Naturstein ein  Unikat.

DER EXPERTE

Jürg Depierraz
Geschäftsführer Naturstein-Verband Schweiz NVS

 

«AKTUELL GIBT ES NOCH 77 SCHWEIZER STEINBRÜCHE FÜR NATURWERKSTEIN»

Jürg Depierraz, kann man in der Schweiz einfach Steine abbauen, wo man will?
Ganz so einfach ist es nicht. Ein Steinbruch muss in einer Abbauzone liegen und es braucht eine Konzession sowie eine kantonale Abbaubewilligung. Diese sind immer zeitlich und räumlich begrenzt. Allgemein ist die ganze Abbauplanung komplex und zeitintensiv, da viele umweltrechtliche, wirtschaftliche, technische, raumplanerische und gesellschaftliche Fragen geklärt werden müssen und viele Interessengruppen involviert sind.

Lohnt sich ein Schweizer Steinbruch überhaupt noch?
Leider nimmt die Anzahl aktiver Schweizer Naturwerksteinbrüche seit vielen Jahren ab, aus diversen Gründen. Aktuell gibt es noch 77 Steinbrüche. Aber solange einheimischer Naturstein nachgefragt wird, wird es auch immer engagierte Steinbruchbetreiber geben. Tatsächlich beobachten wir sogar, dass die Sensibilisierung für die Verwendung einheimischer Natursteine zugenommen hat. Die regionale Wertschöpfung hat bei Bauherrschaften an Bedeutung gewonnen. Gleich wie der Ökologieaspekt mit den kurzen Transportwegen.

Welche Natursteine findet man denn hierzulande?
Eigentlich fast alle wesentlichen Gesteinsarten, von den Kalksteinen im Jurabogen über die Sandsteine im Mittelland bis zu den Graniten, Gneisen und Quarziten im Alpenbogen. Da sind wir in einer sehr glücklichen Lage. Verwendung finden diese zum Beispiel für Böden oder Wände in Bädern, Küchen und im Wohnbereich. Aber auch für den Gartenbau, für Hausfassaden, Strassen- und Platzgestaltungen.


KERAMIK – DER GEBRANNTE

Grundsätzlich besteht auch Keramik aus gleichen oder ähnlichen Rohstoffen wie Naturstein. Nur, dass diese vom Menschen zusammengemischt und weiter bearbeitet werden. Die Basis von Keramik ist Ton, also eigentlich verwitterter Stein. Hinzu kommen verschiedenste weitere Stoffe wie Sand, Quarz, Feldspat, färbende Oxide usw. – je nach erwünschten Eigenschaften des Endproduktes. Anschliessend wird die Keramik geformt beziehungsweise gepresst, getrocknet und zum Schluss gebrannt. Für besonders robuste Platten geschieht dies bei Temperaturen von bis zu 1200 Grad oder mehr. 

In manchen Fällen wird die Keramikoberfläche noch glasiert, für eine besondere Optik zum Beispiel, aber auch um sie vor Verschmutzungen oder Schäden zu schützen. Alle diese Arbeitsschritte unterscheiden Keramik von Naturstein und ermöglichen gleichzeitig ein gezieltes Abstimmen auf den Einsatzzweck. Entsprechend gilt Keramik als besonders robust und langlebig, ist einfach zu reinigen, kratzfest, feuerfest und vieles mehr – abhängig von der Mischung und Bearbeitung. Und nicht zuletzt sind die Gestaltungsmöglichkeiten fast unendlich. Entsprechend vielfältig ist auch das Angebot. Bekannte Keramikarten sind Feinsteinzeug oder Klinker. Aber auch Holzimitate sind möglich, gleich wie besonders dünne, grosse oder kleine Plättchen, etwa für Mosaike.
 

INFO

WIE NACHHALTIG SIND NATURSTEIN, KERAMIK UND KUNSTSTEIN?

Naturwerkstein ist ein natürliches Produkt, das einzig abgebaut und zugeschnitten sowie bearbeitet werden muss. Die enorme Langlebigkeit trägt zusätzlich dazu bei, dass Naturstein ein sehr nachhaltiger Baustoff ist. Bei Kunststein erhöht der verwendete Zement beziehungsweise das Kunstharz den Energieverbrauch bei der Herstellung etwas. Bei Keramik ist es der energieaufwendige Brennprozess. Auch dieser relativiert sich aber im Hinblick auf die sehr lange Lebensdauer. Ein wesentlicher Faktor bei allen drei Materialien ist jedoch der Transport: Je näher der Herstellungs- am Einsatzort, desto besser die Ökobilanz.


KUNSTSTEIN –DER GEPRESSTE

Auch wenn der Name etwas anderes vermuten lässt: Selbst der Kunststein ist im Grunde genommen ein Stein, zumindest besteht er zu einem grossen Teil daraus. Dabei gibt es zwei Arten von Kunststein, jene mit Zement und jene mit Kunstharz. Bei ersteren spricht man häufig auch von Betonwerksteinen oder Terrazzo-Platten, bei harzgebundenem Kunststein sind Agglo-Marmor oder Quarz-Komposit weit verbreitet. Zur Herstellung werden Gesteinsstücke – von grobkörnig bis gemahlen – mit Zement beziehungsweise Kunstharz vermischt, teilweise kommen noch Farbpigmente, Glassplitter und andere Bestandteile dazu. Anschliessend wird die Masse je nachdem gerüttelt, damit alle Luft entweicht, und unter hohem Druck gepresst. Nach dem Aushärten kann die Oberfläche noch bearbeitet werden, etwa durch Polieren oder Sandstrahlen.

Wie Keramik hat auch der Kunststein den Vorteil, dass durch das Zusammenmischen und die Bearbeitung gezielt Effekte erreicht werden können. So lässt sich etwa eine besondere Optik erzeugen und reproduzieren, bis hin zum Naturstein-Imitat. Gleichzeitig erhält das Material besondere Eigenschaften, von langlebig über robust bis zu kratzfest. Einschränkungen gibt es jedoch teilweise bei kunstharzgebundenem Kunststein: Nicht alle Ausführungen sind gleich temperatur- und säurebeständig. Hier gilt es also im Voraus gut abzuklären, welcher Kunststein sich für was eignet. Wie bei allen Steinen.

 

WEITERFÜHRENDE IINFORMATIONEN

 

CHECKLISTE

SO PFLEGT MAN STEIN RICHTIG

  • Naturstein: Natursteine sind enorm vielfältig, entsprechend schwierig sind auch pauschale Pflege-Empfehlungen. Je nach Art und Einsatzort wird Naturstein direkt zu Beginn meist vom Profi imprägniert, was bereits für einen ersten Grundschutz sorgt. Anschliessend reicht oft der Besen zur Grundreinigung und ab und zu etwas Wasser mit einem Reinigungsmittel. Aber Achtung: Säurehaltige Mittel greifen zum Beispiel Marmor oder Kalkstein an. Allgemein fragt man am besten gleich zu Beginn den Profi, worauf bei welchem Stein zu achten ist.
  • Keramik: Keramik ist grundsätzlich enorm widerstandsfähig. Trotzdem lohnt es sich auch hier, Reinigungsmittel zuerst an unauffälliger Stelle zu testen und auf kratzende Schwämme und allzu säurehaltige Reinigungsmittel zu verzichten, auch aus Rücksicht auf Fugen. Bei unglasierten, offenporigen Keramikplatten bietet sich nach Abklärung mit dem Hersteller allenfalls eine Imprägnierung an. Allgemein sind diese etwas anfälliger als glasierte Keramik.
  • Kunststein: Auch bei Kunststein kann je nach Art und Herstellerempfehlung eine Imprägnierung Sinn machen. Bei teils Kunstharz-Produkten gilt es, mit Hitze und Säure aufzupassen. Matte Oberflächen sind zudem etwas heikler, was Schmutz beziehungsweise Fingerabdrücke anbelangt, als glänzende. Ansonsten aber gilt Kunststein als sehr pflegeleicht.