Foto: Gerhard Deutsch / Copyright: 2016 Hundertwasser Archiv, Wien

Gebäudehülle: Das Äussere zählt

Alles nur Fassade? Bei einem Haus sind die äusseren Werte tatsächlich wichtig. Die Gebäudehülle bestimmt nicht nur die Optik, sie muss auch dauerhaft Schutz vor Wind und Wetter bieten.

Text — Raphael Hegglin

 

Wohnung um Wohnung stapelt sich übereinander. Sandsteinfassaden wechseln sich ab mit solchen aus rotem, blauem, orangem und weissem Putz; auch Klinker-Mauern, Türmchen, Erker und Balkone fehlen nicht. Das Hundertwasser-Haus in Wien wirkt wie eine vertikal gebaute Stadt – bunt zusammengewürfelt und erfüllt von pulsierendem Leben. Dieser Effekt ist der einzigartigen Fassade zu verdanken. Letztlich versteckt sich dahinter ein Wohnblock, bestehend aus 52 sozialverträglichen Wohnungen und vier Geschäftslokalen. Die Fassade ist das prägende Element eines Hauses, wie das Hundertwasser- Haus eindrücklich verdeutlicht. Doch sie muss weit mehr als nur schönes Kleid sein: Fassaden schützen vor der Witterung. Sie sollen mittels Dämmung die Heizwärme im Gebäudeinnern halten, Schallschutz bieten und Feuchtigkeitsaustausch gewährleisten. Die Fassade ist wohl das multifunktionalste Bauteil – entsprechend riesig ist die Auswahl an verfügbaren Verkleidungs-Materialien.

Foto: Eternit (Schweiz) AG

Gepflegte, elegante Architektur dank neuen Swisspearl-Faserzementplatten.

STARKE DÄMMUNG LOHNT SICH

Fassaden müssen mindestens 30 Jahre halten, viele Hausbesitzer rechnen mit 50 Jahren. Steht dann eine Sanierung an, sollte sie entsprechend konsequent und auf dem neusten Stand der Technik durchgeführt werden. Das heisst: Mit einer Sanierung der Fassade ist auch die Zeit gekommen, die Wärmedämmung des betreffenden Hauses zu verbessern. Sparen lohnt sich dabei nicht: Eine starke Dämmung kostet nicht erheblich mehr als eine dünne. Der Grossteil des Preises ist bestimmt durch den Arbeitsaufwand für das Aufstellen der Baugerüste sowie das Montieren des Dämmmaterials – und der steigt mit zunehmender Dämmstärke nicht. Der etwas höhere Materialpreis amortisiert sich hingegen innert weniger Jahre durch die Heizwärmeersparnis.

Wer möchte, kann mit der Sanierung der Gebäudehülle das Erscheinungsbild des Hauses komplett ändern – sofern keine gesetzlichen Auflagen wie zum Beispiel Denkmalschutz dagegen sprechen. Bei der Wahl der Materialien besteht eine fast unüberschaubar grosse Auswahl. Bestimmt wird sie einzig durch die Fassadenkonstruktion. Während es Verputz in den verschiedensten Farben und Strukturen gibt, lassen sich vorgehängte, hinterlüftete Fassade mit den unterschiedlichsten wetterfesten Materialien verkleiden.

Foto: Sto AG

Die verputzte Kompaktfassade ist variantenreich und kommt am häufigsten vor.

KOMPAKTFASSADE MIT DECKPUTZ

Putze bestehen aus den unterschiedlichsten Materialien, zudem lassen sich mittels verschiedener Techniken an bringen und strukturieren. Üblicherweise wird zuerst ein Grundputz auf die Wärmedämmung aufgetragen, der mittels einer Bewehrung – zum Beispiel einem Kunststoffnetz – an der Aussenwand hält, dann folgt der Deckputz. An den Hauptbestandteilen von Putz hat sich im Lauf der Zeit wenig geändert: Nach wie vor gelangen Sand, Kalk, Marmor oder Kalkstein zum Einsatz. Je nach Anforderungen an den Putz ist er hingegen mit unterschiedlichen Bindemitteln und Zusatzstoffen versetzt – diese können mineralischer oder organischer Natur sein. Mineralische Putze sind nicht brennbar und offenporig. Sie sind also wasserdampfdurchlässig, Feuchtigkeit kann entweichen. Die Farbwahl ist hingegen eingeschränkt, und mineralische Putze reagieren – verglichen mit organischen – empfindlicher auf mechanische und thermische Belastungen.

Organische Putze beinhalten Bindemittel, die aus Erdöl gewonnen sind. Sie sind widerstandsfähig, und es gibt sie in allen möglichen Farben, Strukturen und Körnungen. Auch weisen sie Wasser ab, begünstigen aber Algen- und Schimmelwachstum eher als mineralische Putze. Daneben gibt es Putze mit Silikonharz – das sind ebenfalls organische Verbindungen. Sie sind zusätzlich dampfdurchlässig und weisen einen guten Schutz vor Algen und Pilzen auf.

INFO

Foto: Flumroc

KOMPAKTFASSADE

Bei Kompaktfassaden ist die Wärmedämmung auf die Bauhülle geklebt oder verdübelt. Auf der Aussenseite ist ein Putz angebracht. Kompaktfassaden sind in der Regel einfacher zu realisieren und daher günstiger als hinterlüftete Fassaden.

 

 

 

 

 

Foto: Flumroc AG

HINTERLÜFTETE FASSADE

Die hinterlüftete Fassade hat einen 4-Komponenten-Aufbau, bestehend aus tragender Wandkonstruktion, Wärmedämmung, Unterkonstruktion mit Hinterlüftungsraum sowie der vorgehängten Fassadenbekleidung. Die hinterlüftete Fassade ermöglicht eine variantenreiche Architektur: Die Auswahl an unterschiedlichsten Bekleidungsmaterialien ist gross.

HINTERLÜFTETE FASSADE

Gestalterisch sind der hinterlüfteten Fassade wenig Grenzen gesetzt. Es kommen ständig neue Materialien auf falls erhältlich sind Faserzementplatten, die Holz, Schiefer oder Naturstein imitieren.

Für Natursteinplatten wird oft Schiefer, Granit, Kalk, Sandstein oder Marmor verwendet. Einige Steine – wie zum Beispiel Sandstein – zersetzen sich im Regen eher als andere. Je nach Gesteinsart ist also auf Witterungsschutz wie ein überstehendes Dach zu achten. Metalle sind zwar eher selten, fallen dafür umso mehr auf. Fassaden aus Kupfer, Aluminium oder Edelstahl sind äusserst witterungsbeständig. Allerdings: Viele Fassadenbleche widerstehen starkem Hagelschlag nicht. Doch kommt es auch in der Schweiz immer häufiger zu starkem Hagel. Wer mit einer Metallfassade liebäugelt, sollte deshalb genau abklären, ob sich der Standort dafür auch eignet. Ein Klassiker sind zum Beispiel Faserzementplatten. Sie sind stossfest, nicht brennbar, witterungsbeständig und trotzen Fäulnis sowie Korrosion. Es gibt klein-, mittel-, oder grossformatige Faserzementplatten in allen möglichen Farben. Bei Kunststoffverkleidungen besteht eine kaum überschaubare Auswahl –und es kommen immer neue Werkstoffe hinzu. Zwar sind Kunststoffe korrosionsbeständig, viele zersetzen sich aber über die Jahre unter dem UV-Licht der Sonne. Eine dem Standort angepasste Materialwahl ist hier entscheidend.

Foto: Swisshaus AG

Behaglich und umweltfreundliche: die Holzfassade.

VIELSEITIG VERWENDBARES HOLZ

Ebenfalls umfangreich ist die Auswahl bei den Glas- und Keramikverkleidungen. Erstere sind im Einfamilienhaus-Bereich eher selten, dafür gewinnen Keramik-Fassaden wieder an Bedeutung. Sie bestehen aus glasierten oder unglasierten Steinzeugplatten. Auch diese werden auf Holz- oder Alu Unterkonstruktion aufgebracht und sind hinterlüftet. Keramikverkleidungen sind ebenfalls witterungsbeständig, können bei Stössen mit harten Gegenständen aber splittern.

Holz ist als Fassadenmaterial zurzeit hoch im Kurs. Das Naturprodukt ist umweltfreundlich und gibt Häusern ein behagliches Erscheinungsbild. Holzverkleidungen können mit Hinterlüftungsraum
ausgestattet oder direkt auf das Dämmmaterial montiert sein. Sie sind im Unterhalt tendenziell aufwendiger und dadurch kostenintensiver als andere Materialien – es kommt teilweise schneller zur Verwitterung als bei anderen Materialien. Auch ist bei Holz der Brandschutz besonders zu beachten. Doch gehören Holzfassaden zu den ältesten überhaupt, und es besteht sehr viel Wissen zum Baustoff Holz. Wer fachgerecht damit arbeitet, schafft ein langlebiges, umweltfreundliches Bauteil. Von futuristisch anmutenden Kunststoffen über besonders widerstandsfähigen Faserzement hin zu Naturprodukten wie Stein oder Holz: Hausbesitzer haben die Qual der Wahl. Beim Entscheid sollten sie allerdings nicht nur auf das Aussehen, sondern auch auf ausreichenden Witterungsschutz achten – so bleibt ihr Haus über lange Zeit unverändert schön.