Rohstoffe: Ohne sie geht gar nichts
Seit der Steinzeit sind wir Menschen auf Rohstoffe angewiesen. Unsere Umwelt hat sich dadurch stark verändert.
Text — Raphael Hegglin
Ob Brot, Duschmittel oder Auto: Hinter jedem Konsumgut stecken Rohstoffe – teilweise zahlreiche. So sind in einem Smartphone rund 60 davon verbaut. Der grösste Teil des Geräts – mehr als 50 % – besteht dabei aus verschiedenen Kunststoffen, gewonnen aus Erdöl.
Ebenfalls benötigt man für ein Smartphone über 30 verschiedene Metalle, darunter Lithium, Kupfer, Eisen, Zinn, Kobalt und Gold. Und Metalle der seltenen Erden wie zum Beispiel Neodym, Praseodym und Dysprosium. Im Smartphone sind sie in den Magneten der Lautsprecher, der Kamera sowie im Vibrations-Motor zu finden. Die Metalle für ein Smartphone entstammen zahlreichen Minen, verteilt auf der ganzen Welt.
WAS BODEN, WASSER UND ERDE HERGEBEN
Das Beispiel Smartphone zeigt: Die Konsumgüter unserer modernen Zivilisation lassen sich nur in einer globalisierten Welt herstellen, denn sie enthalten Rohstoffe aus aller Herren Länder. Doch was genau sind Rohstoffe? Es sind in der Natur vorkommende Stoffe, aus denen etwas hergestellt oder Energie gewonnen wird. Das Kapitel Rohstoffe umfasst also weit mehr als Metalle und Erdöl.
Frachtschiffe sind die wichtigsten Transportmittel unserer Zeit - besonders für Rohstoffe.
Man unterscheidet zwischen biologischen Rohstoffen und mineralischen Rohstoffen (Bodenschätze). Biologische Rohstoffe sind unter anderem Holz, Leder, Getreide und Fleisch. Bei den Bodenschätzen reicht das Spektrum von Metallen über fossile Brennstoffe hin zu nichtmetallischen Rohstoffen wie Kalk, Sand, Gips und Salze.
Doch nicht nur der Boden, auch Luft und Wasser können Quellen wichtiger Rohstoffe sein: Das Meer zum Beispiel für Salz und die Luft für CO2. Denn die Industrie hat das Treibhausgas als Ausgangsstoff für zahlreiche Chemikalien entdeckt und entnimmt es zunehmend der Atmosphäre. Durch diese Technik könnte sich die Treibhausproblematik in Zukunft – teilweise – entschärfen.
PRODUKTE LANDEN ZU SCHNELL IM MÜLL
Die Wirtschaftsstärke der Schweiz sowie die Kaufkraft der Bevölkerung bewirken hierzulande einen hohen Konsum und dadurch einen steigenden Rohstoffbedarf. Als treibende Faktoren nennt das Bundesamt für Umwelt (Bafu) den technologischen Fortschritt, gesellschaftliche Veränderungen und Trends (neue Produkte), sich immer rascher ablösende Produktegenerationen, schnell wechselnde Modetrends (Fast Fashion) sowie Tiefpreisstrategien.
In der heutigen Marktsituation fehlen ausserdem Anreize für die Hersteller, um Produkte langlebig und reparierbar zu machen. Die Wegwerfgesellschaft lohnt sich und viele Rohstoffe werden rasch wieder zu Abfall. Durch Recycling lassen sie sich zwar zurückgewinnen. Die grossen Mengen an grauer Energie, welche für Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Rückgewinnung aufgewendet werden mussten, sind aber verloren.
INFO
SO VIELE ROHSTOFFE VERBRAUCHEN WIR
Der Materialverbrauch liegt in der Schweiz über dem europäischen Durchschnitt. Pro Person beträgt er hierzulande 17,1 Tonnen (2019), in der EU im Schnitt 14,5 Tonnen. Würden alle Länder so konsumieren wie die Schweiz, bräuchte es dafür fast drei Erden. (Quelle: Bafu)
BAUSEKTOR BENÖTIGT AM MEISTEN ROHSTOFFE
Durch das Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum hat die die Bautätigkeit in der Schweiz in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen. Der Bausektor benötigt so auch die grössten Mengen an Rohstoffen: Rund 62 Millionen Tonnen sind es jährlich, davon entfallen 75 % auf Beton, Sand und Kies und rund 10 % auf fossile Brennstoffe. Der Bausektor wird die Materialflüsse in der Schweiz weiterhin mengenmässig dominieren. Umso wichtiger ist es, Gebäude noch energieeffizienter zu machen und die graue Energie von Neubauten durch alternative Materialien und neue Bauweise zu senken.
Für unsere Mobilität benötigen wir ebenfalls viele Rohstoffe. Etwa 7 Millionen Tonnen sind es jährlich, wobei über 85 % davon auf Benzin und Diesel entfallen. Durch die Elektrifizierung lassen sich daher grosse Mengen an Rohstoffen einsparen. Zwar wird der Bedarf an Lithium durch die Zunahme der Elektroautos steigen, jedoch nicht in dem Masse, wie sich fossile Brennstoffe einsparen lassen. Und: Akkus lassen sich rezyklieren, das Lithium kann so zurückgewonnen werden.
ROHSTOFFE SIND DER SCHLÜSSEL ZUM UMWELTSCHUTZ
Für Konsumgüter und Lebensmittel beträgt der jährliche Rohstoff-Aufwand hierzulande etwa 18 Millionen Tonnen. Verringern lässt sich diese Menge, indem die Lebensdauer von Produkten erhöht wird. Ein weiterer Hebel liegt bei den Nahrungsmitteln: Rund 2,8 Tonnen qualitativ einwandfreie Lebensmittel landen jedes Jahr im Abfalleimer. Eine Rohstoff-Verschwendung, die sich vermeiden liesse. Das Gewinnen und Verarbeiten von Rohstoffen verursacht rund die Hälfte der globalen Treibhausgasemissionen und ist für mehr als 90 % der Biodiversitätsverluste verantwortlich. Hinzu kommt der durch den Rohstoffabbau verursachte Wassermangel. Umfassender Umweltschutz beginnt daher bei den Rohstoffen: Sie müssen in Zukunft umweltverträglicher abgebaut, sparsamer eingesetzt und am Ende so weit wie möglich zurückgewonnen werden.