Geschichte der Energie

Alles Leben braucht Energie. Wir Menschen haben seit der Steinzeit immer mehr Energiequellen erschlossen – und damit unseren Lebensstandard erst ermöglicht.

Text — Raphael Hegglin

Am Anfang war das Feuer? Genau genommen nicht: Die erste Energiequelle – und bis heute die wichtigste – ist auch für uns Menschen Nahrung. Sie ist der Brennstoff für Muskelkraft, macht es möglich, dass wir uns bewegen können, atmen und dass unser Herz immerzu schlägt.

In diesem Punkt unterscheidet sich der Mensch nicht von allen anderen Lebewesen. Einmal jedoch geschah etwas in der Natur noch nie Dagewesenes: Ein Lebewesen lernte, das Feuer zu beherrschen und für sich zu nutzen. Als älteste nachgewiesene Feuerstellen gelten jene aus den Wonderwerk-Höhlen in Südafrika – sie sind rund eine Million Jahre alt. In den folgenden Jahrtausenden begannen die Urmenschen Feuer immer gekonnter zu nutzen: Forscherinnen und Forscher gehen davon aus, dass Europa nördlich der Alpen nur besiedelt werden konnte, weil die Urmenschen Feuer als Wärmequelle hatten. Offene Feuer waren also unsere ersten Heizungen.

WIND- UND WASSERKRAFT

Bis zum nächsten Meilenstein in der Energiegeschichte sollte es fast eine Million Jahre dauern: Vor etwa 13'000 Jahren begannen Menschen erstmals, Tiere zu domestizieren. Sie nutzten diese nicht nur als Nahrung, sondern auch, um sie arbeiten zu lassen: Ein Ochse oder ein Pferd kann etwa 5 Mal mehr leisten als ein Mensch.

Vor etwa 6000 Jahren kamen Fortbewegungsmittel und Maschinen dazu, welche den Wind als Energiequellen nutzten: Die ersten Segelschiffe und Windmühlen gab es im alten Ägypten. Der technologische Fortschritt der Menschheit setzte nun so richtig ein und es dauerte nicht lange, bis sich im antiken Griechenland und in China erste Wasserräder drehten – damit hatte der Mensch auch die Wasserkraft für sich erschlossen.

INDUSTRIELLE REVOLUTION

Bis übers Mittelalter hinaus blieben – neben der Muskelkraft der Tiere – Segel, Windmühlen und Wasserräder die wichtigsten Instrumente, um Energie für die Produktion von Nahrungsmitteln und Gütern zu erzeugen. Dann begann im 18. Jahrhundert die Industrielle Revolution. Möglich wurde sie durch die Dampfmaschine und die Nutzung fossiler Brennstoffe, damals vor allem Braun- und Steinkohle. In der Folge stieg der Energiebedarf der Menschheit das erste Mal rasant an: Der Pro-Kopf- Verbrauch vervierfachte sich damals innert Kürze.

Zur gleichen Zeit kam es zu einem weiteren wichtigen Ereignis: Im Jahr 1807 installierte man in Londons Strassen die ersten Gaslaternen. Es war der Startschuss für eine zentrale Energieversorgung, bald darauf wurden erste Häuser ans Gasnetz angeschlossen.

VORMARSCH DER ELEKTRIZITÄT

Von nun an überschlugen sich die Ereignisse in der Energiegeschichte: Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kam elektrischer Strom als wichtige Energieform dazu. Anfänglich nutzte man ihn aufgrund seiner hohen Preise nur, um den öffentlichen Raum zu beleuchten. In den 1920er-Jahren waren dann bereits viele Häuser in Zentraleuropa und in Grossbritannien ans Stromnetz angeschlossen – wobei elektrischer Strom damals nur zur Beleuchtung diente, zum Heizen und zur Warmwassererzeugung kamen vorwiegend Kohle, Gas sowie Holz zum Einsatz.

Das 20. Jahrhundert wurde zum Jahrhundert der Elektrizität und der fossilen Brennstoffe. Um elektrischen Strom zu erzeugen, setzten sich unterschiedliche Technologien durch: Anfänglich erzeugte man Strom nur mit Dampfturbinen, angetrieben durch die Wärme fossiler Brennstoffe – das Prinzip wird bis heute in Kohle- und Gaskraftwerken angewendet

Es folgte die Wasserkraft und 1954 ging in Russland das erste Kernkraftwerk ans Netz. Es war nun leicht, enorme Mengen an Energie zu produzieren – welche man auch nutzt: Seit der Industriellen Revolution hat sich der Energieverbrauch um etwa das 25-fache erhöht. Die Menschheit hat damit seit den 1950-erJahren mehr Energie verbraucht als in allen vorangehenden Jahren zusammen.