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Gebäudesanierung: Mythen und Fakten

Zu energetischen Sanierungen geistern zahlreiche Halbwahrheiten und missverständliche Aussagen herum. Unsere Leserinnen und Leser wenden sich daher regelmässig mit Fragen an uns. Wir haben die wichtigsten aus den vergangenen Monaten zusammengetragen:

Text — Raphael Hegglin


Aussage: Gas und Ölheizungen sind mittlerweile verboten und müssen ersetzt werden.
Antwort: Diese Aussage ist nicht korrekt. Gemäss Mustervorschriften der Kantone (MuKEn 2014) ist der Einbau einer neuen fossilen Heizung nicht mehr möglich. Bereits installierte Anlagen dürfen jedoch weiterhin bis ans Ende ihrer Lebensdauer betrieben werden. Und: Die Umsetzung der MuKEn obliegt den Kantonen. Momentan ist der Neueinbau einer fossilen Heizung deshalb in vielen Kantonen erlaubt, weil sie die MuKEn 2014 noch nicht, oder nur teilweise eingeführt haben. Mit Blick in die Zukunft ist dieser jedoch in den seltensten Fällen empfehlenswert. Wer heute eine Öl- oder Gasheizung betreibt, sollte den Ersatz daher frühzeitig planen. So gelingt der Umstieg auf einen anderen, effizienteren Wärmeerzeuger wie etwa eine Wärmepumpe oder eine Pelletsheizung.


Aussage: Elektroheizungen dürfen bald nicht mehr betrieben werden.
Antwort: Der Neueinbau von Elektroheizungen ist schweizweit verboten. Die Pflicht zum Ersatz einer bestehenden Elektroheizung unterscheidet sich hingegen kantonal stark. Grundsätzlich orientieren sich alle Kantone an den MuKEn 2014, wonach Elektroheizungen innerhalb von 15 Jahren ersetzt werden müssen. Wann diese 15-jährige Frist beginnt, ist allerdings unterschiedlich. So müssen zum Beispiel im Kanton Zürich Elektroheizungen bis am 31.12.2029 ersetzt sein, während diese Frist im Kanton Luzern erst am 31.12.2033 abläuft. In anderen Kantonen wie Aargau oder St. Gallen besteht zurzeit noch keine Ersatzpflicht, das heisst, dort dürfen Elektroheizungen noch mindestens bis 2029 betrieben werden. Da der Ersatz dezentraler Elektroheizungen allerdings technisch aufwendig und teuer ist, sollte er frühzeitig geplant werden. Auch wird er heute mit Fördergeldern unterstützt – wie lange diese noch verfügbar sind, ist unklar.


Aussage: Heute sind nur noch Wärmepumpenboiler erlaubt.
Antwort: Der Einbau von Elektroboilern ist in der Schweiz mittlerweile verboten. Eine Ausnahme bildet der Ersatz defekter, dezentraler Elektroboiler in Mehrfamilienhaus-Wohnungen (Etagen-Boiler). Ebenfalls kann der Einbau eines Elektroboilers in Hütten und nicht regelmässig genutzten Ferienhäuser durch die Behörden bewilligt werden (je nach Situation). Grundsätzlich dürfen in Ein- und Mehrfamilienhäusern jedoch nur noch Wärmpumpenboiler oder Warmwasserspeicher, die durch die Heizung oder Solarkollektoren erwärmt werden, eingebaut werden. Ein Elektroboiler ist übrigens auch dann nicht erlaubt, wenn man ihn mittels Solarstrom aus der eigenen Photovoltaikanlage betreibt.


Aussage: Infrarotheizungen sind verboten.
Antwort: Das stimmt nur teilweise. Als alleinige Heizung dürfen Infrarotheizungen in der Schweiz nicht eingebaut werden. Der Ersatz einer alten Elektroheizung durch Infrarot-Panels ist also verboten – und aus ökologischer wie auch finanzieller Sicht unsinnig. Erlaubt sind Infrarotheizungen hingegen, wenn sie ein anderes Heizsystem unterstützen oder wenn man mit ihnen einen Anbau oder einen nicht zum Wohnen genutzten Raum wie zum Beispiel einen Bastelraum beheizt.


Aussage: Eine energetische Sanierung lohnt sich in finanzieller Hinsicht oft nicht.
Antwort: Wenn eine energetische Sanierung fachgerecht geplant und etappiert ist, dann lohnt sie sich durchaus. Entscheidend ist unter anderem, was wann ersetzt wird. Muss beispielsweise die Fassade repariert und neu verputzt werden, dann lohnt es sich, diese auch gleich dämmen zu lassen. Die Mehrinvestitionen für die Dämmung werden sich über die Heizkostenersparnis amortisieren. Zudem ist die energetische Sanierung heute ein wesentlicher Faktor für den Werterhalt einer Liegenschaft und ein Kriterium für eine Hypothekenvergabe.


Aussage: Strom aus Photovoltaik und Wärme aus Holzfeuerungen sind CO2-neutral.
Antwort: Das stimmt nicht ganz. Bei der Herstellung, dem Transport, der Montage und dem Recycling am Ende der Lebensdauer verursachen Photovoltaikanlagen einen CO2-Ausstoss. Ähnliches gilt für Holzfeuerungen. Verglichen mit anderen Energiequellen und Heizsystemen fällt der CO2-Ausstoss allerdings gering aus. So verursacht die Stromproduktion mittels Photovoltaik unter dem Strich über 15-mal weniger CO2 als jene mit einem modernen Gaskraftwerk.


Aussage: Photovoltaik-Anlagen und Solarkollektoren lohnen sich nur, wenn sie nach Süden ausgerichtet sind.
Antwort: Das ist nicht korrekt. Eine Ausrichtung gegen Westen oder Osten führt lediglich zu Einbussen von etwa 15 %. Viel wichtiger ist es, dass die Solarzellen zu keiner Zeit beschattet sind, zum Beispiel durch Bäume oder ein Nachbargebäude.


Aussage: Der Ersatz von Fenstern wird heute nicht mehr gefördert.
Antwort: Werden nur die Fenster ersetzt, so schüttet das Gebäudeprogramm keine Fördergelder aus. Im Zuge einer Gesamtsanierung bekommt man jedoch immer noch Fördergelder für neue Fenster. Welche Massnahmen im Detail erforderlich sind, um maximal zu profitieren, lässt sich zum Beispiel mit einer Energieberatung (GEAK Plus) ermitteln.


Aussage: Beim Minergie-Standard ist Lüften verboten.
Antwort: Auch mit Minergie darf man lüften. Notwendig ist es aufgrund der vorhandenen Komfortlüftung jedoch nicht. Denn diese führt kontinuierlich frische Luft zu und gewinnt Wärme aus der Abluft zurück. Im Winter bewirkt das Lüften über die Fenster bei Minergie also einen unnötigen Wärmeverlust. Ausserhalb der Heizperiode ist das nicht der Fall. Durch die geöffneten Fenster können dann aber Pollen in die Wohnräume gelangen, welche die Lüftungsanlage eigentlich herausfiltern würde.


Aussage: In sanierten Gebäuden entsteht schneller Schimmel.
Antwort: Es ist tatsächlich so, dass diese Problematik nach einer Sanierung häufiger auftritt als vorher. Grund dafür ist die dichte Gebäudehülle – welche aus energetischer Sicht erwünscht ist. Schimmel lässt sich in sanierten Gebäuden durch tägliches Stosslüften vermeiden. Wächst trotzdem immer wieder Schimmel – zum Beispiel in Ecken zur Aussenwand – deutet dies auf eine Wärmebrücke hin. Diese hätte mit der Sanierung ausgeschaltet werden müssen. Wurde dies nicht getan, gilt es nachzubessern.

INFO

ENERGIE-GESETZE: WAS GILT?

Das revidierte Energiegesetz und die Energiestrategie 2050 des Bundes bilden quasi die Grundlage aller weiteren Gesetze im Energiebereich. Für Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer am wichtigsten sind heute die Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich (MuKEn). Dabei handelt es sich um ein Gesamtpaket an energierechtlichen Vorschriften. Ihre Vollzug obliegt den Kantonen. Mittlerweile haben fast alle Kantone die MuKEn 2014 komplett oder teilweise umgesetzt oder stehen kurz davor. Hinzu kommen weitere kantonale sowie kommunale Gesetze und Energievorschriften.

 

Aussage: Ein Neubau ist immer umweltfreundlicher als ein Altbau – auch wenn dieser saniert wurde.
Antwort: Der Heizwärmebedarf lässt sich mit einer Gebäudesanierung deutlich reduzieren. Auf das Niveau eines energieeffizienten Neubaus lässt er sich jedoch kaum senken. Trotzdem muss ein sanierter Altbau den Vergleich mit einem Neubau nicht scheuen. Denn in jedem Gebäude steckt viel graue Energie. Ein Haus nur wegen seines hohen Energieverbrauchs abzureissen und durch einen Neubau zu ersetzen, ist daher unter dem Strich meist nicht umweltfreundlicher.


Aussage: Denkmalgeschützte Häuser dürfen nicht saniert werden.
Antwort: An denkmalgeschützten Häusern darf man an der Aussenfassade meist nichts verändern. Energieeffizienter lassen sie sich trotzdem machen. So ist das Dämmen des Dachs und des Bodens zum Keller wie auch der Fensterersatz meist problemlos möglich. Ebenfalls lassen sich solche Gebäude teilweise von innen dämmen. Dies ist allerdings technisch anspruchsvoll und sollte nur durch eine darauf spezialisierte Firma ausgeführt werden. Je nach Fassade ist auch ein Aussendämmputz erlaubt.


Aussage: Die meisten in der Schweiz installierten Photovoltaik-Anlagen stellen bei einem Blackout automatisch ab.
Antwort: Das Gesetz verlangt tatsächlich, dass sich ein Inverter, der den Kontakt zum Stromnetz verliert, aus Sicherheitsgründen ausschaltet. Das bedeutet, dass die Photovoltaik-Anlage bei einem Stromausfall keinen Strom mehr liefert. Es ist zwar möglich, PV-Anlagen als Inselanlagen zu betreiben – also entkoppelt vom Stromnetz. Solche Installationen sind allerdings wesentlich teurer als die heute gängigen Lösungen.


Aussage: Wenn die Nachbarn dagegen sind, darf ich keine Photovoltaik-Anlage auf mein Dach montieren.
Antwort: Nicht zwingend. Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer müssen zwar den Bau einer Solaranlage ihrer Gemeinde melden. Welches Bewilligungsverfahren erforderlich ist, hängt jedoch vom Standort der Liegenschaft ab. Lässt sich die PV-Anlage im Meldeverfahren oder Anzeigeverfahren realisieren, haben die Nachbarn kein Mitspracherecht. Ist ein ordentliches Verfahren vorgeschrieben, allerdings schon. Es ist dann möglich, nach Publikation des Baugesuchs Einsprache zu erheben. So oder so ist es immer empfehlenswert, vor einem Bauprojekt das Gespräch mit den betroffenen Nachbarinnen und Nachbarn zu suchen.


Aussage: Die Energiewende ist nicht möglich, denn wenn die Sonne nicht scheint oder kein Wind mehr, haben wir zu wenig Strom.
Antwort: Tatsächlich ist es in der Schweiz momentan nicht möglich, mit erneuerbarer Energie ganzjährig ausreichend Strom zu produzieren. Solange Stromspeicherung nicht in grossem Masse möglich ist, braucht es Backup-Kraftwerke – oder Verträge mit anderen Ländern, die uns eine Stromversorgung jederzeit gewährleisten können. Ebenfalls sind intelligente Stromnetze erforderlich, um Strom jederzeit überall verfügbar zu machen. Ob die Energiewende gelingt, hängt also von vielen Faktoren ab.


Aussage: Eine energetische Sanierung bringt der Umwelt nicht viel. Zwar benötigt ein Haus danach weniger Heizwärme, dafür wurde viel graue Energie in Form von neuem Baumaterial hineingesteckt.
Antwort: Natürlich steckt in Dämmmaterial graue Energie. Doch die Menge an eingesparter Heizwärme übersteigt diese um ein Vielfaches. Gleiches gilt für neue Fenster und Heizungen. Hingegen ist es nicht immer ratsam, Bauteile vor Ablauf ihrer Lebensdauer zu ersetzen, um die Energieeffizienz zu erhöhen. Ob sich dies lohnt, muss jeweils individuell betrachtet werden.


Aussage: Wer eine Photovoltaik-Anlage installiert, muss auch das Dach sanieren.
Antwort: Bei einer PV-Anlage rechnet man mit einer Lebensdauer von 30 Jahren. So lange sollte auch das Dach noch halten. Bei einem alten Dach empfiehlt es sich daher, vorgängig eine Expertise über dessen Zustand einzuholen.


Aussage: Unser Energiegesetz führt zu einer Subventionswirtschaft, welche den Markt verzerrt.
Antwort: Bis heute zahlte allein das Gebäudeprogramm über drei Milliarden Franken an Gebäudesanierung. Daneben laufen zahlreiche kantonale, kommunale und private Förderprogramme. Dies wird allerdings nicht ewig so bleiben, denn Förderprogramme sind als Initialzündung gedacht. Es ist davon auszugehen, dass viele Förderprogramme ab 2025 allmählich eingestellt werden.


Aussage: Nach einer energetischen Sanierung ist der Komfort in einem Haus nicht mehr so hoch wie vorher.
Antwort: Das ist nur bei falschem Nutzungsverhalten der Fall. Sanierte Gebäude muss man täglich mindestens 3-mal stosslüften, weil sie viel dichter sind als Altbauten im Originalzustand. Wird dies beherzigt, so ist der Komfort nach der Sanierung deutlich höher. Denn die Temperaturen darin sind im Sommer wie auch im Winter ausgeglichener.


Aussage: Mit einem Schwedenofen kann man ein gut isoliertes Gebäude während der Übergangszeit günstig und umweltfreundlich beheizen.
Antwort: Es kommt auf den Ofen an. Viele Kaminöfen sind zum Heizen leider wenig geeignet. Sie ziehen die zur Verbrennung notwendige Luft aus dem Innenraum und sorgen so dafür, dass kontinuierliche kalte Aussenluft ins Haus gesogen wird. Das verschlechtert ihre Energiebilanz. Zudem können viele Öfen kaum Wärme speichern. Brennen sie, dann überhitzen die Räume, ist das Feuer aus, so brechen die Temperaturen wieder zusammen. Wer den Kaminofen als zusätzliche Heizung nutzen möchte, sollte daher ein Modell mit externer Luftzufuhr und Wärmespeicherfunktion wählen.