Foto: Solar Agentur Schweiz

Photovoltaik-Anlagen diskret integrieren

Photovoltaik-Anlagen und Sonnenkollektoren passen nicht immer ins Ortsbild. Hersteller bieten deshalb Produkte, die sich gut in die bestehende Architektur einfügen.

Text — Raphael Hegglin

 

Solarzellen auf einem historischen Gutshof? Oder Röhrenkollektoren auf dem Dach des Altstadtturms? Bilder, die wohl kaum jemandem gefallen. Doch wird erneuerbare Energie immer wichtiger und Hauseigentümer möchten zunehmend die Kraft der Sonne für sich nutzen. Viele Kantone haben deshalb die Bewilligungspflicht für Solaranlagen gelockert – für denkmalgeschützte Gebäude und Ortsbilder bleiben die Regeln allerdings restriktiv.

Die Hersteller von Solarkollektoren und Photovoltaikzellen sind bemüht, Produkte auf den Markt zu bringen, die sich unauffällig in Dächer und Fassaden integrieren lassen. Solardächer sind eine Variante: Sie sind einheitlich gefärbt – Photovoltaikzellen und Solarkollektoren sowie Rand unterscheiden sich farblich nicht, es entsteht ein einheitliches Bild. Immer mehr angebotene Bauteile sind zudem so konstruiert, dass sie sich bündig in ein Dach oder in die Wand integrieren lassen. Photovoltaik- Anlage und Dach respektive Wand liegen dann in einer Ebene.

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Die Solarzellen reichen bis zur Dachtraufe.

Foto: Solar Agentur Schweiz

Das Dachbild ist dank grossflächiger Fotovoltaikanlage harmonisch.

PREISGEKRÖNTES BAUERNHAUS

Ein 1819 erbautes Objekt in Schüpfenried bei Wohlen zeigt, wie es geht: Neu wird die Südseite des Dachs zur Erzeugung von Solarstrom genutzt – das Solardach umfasst rund 160 Quadratmeter. Nach fast 200-jährigem Bestehen produziert das Berner Riegelhaus nun selbst Strom. Weil die Photovoltaikpanels die Dachseite vollflächig abdecken, fallen sie kaum auf: Die schwarz glänzenden Solartafeln sind auf dem nur wenige Jahre zuvor neu erstellten Dach montiert und sind von der bereits vorhandenen, dunklen Faserzementabdeckung kaum zu unterscheiden.

Bemerkenswert ist das durchgängige Integrationsprinzip: Die Solaranlage ist an allen Ecken und Enden – am First, an den gefalzten Seiten und an der Traufe – bündig montiert. Die Solaragentur Schweiz hat dem Objekt deshalb den Solarpreis 2011 in der Kategorie «Photovoltaik» verliehen.

INFO

SOLARANLAGEN UND DENKMALSCHUTZ

Viele Kantone haben die Bewilligungspflicht für Solaranlagen gelockert und fördern so erneuerbare Energie. Wo allerdings schutzwürdige Objekte oder Ortsbilder betroffen sind, bestehen erhöhte gestalterische Ansprüche. Das gilt insbesondere für Altstädte, Dorfkerne und Weilerzonen sowie in Landschaften von nationaler oder kantonaler Bedeutung – und generell bei Objekten unter Denkmalschutz. Solaranlagen, die sich optimal integrieren lassen, haben mehr Chance, bewilligt zu werden. Die Baubewilligung zur Erstellung einer Solaranlage erteilt üblicherweise die Gemeinde. Ausserhalb der Bauzone muss allerdings der Kanton zustimmen. Bei Schutzobjekten und bei Objekten in geschützten Ortsbildern steht die kantonale Denkmalpflege beratend zur Verfügung.

EINHEITLICHES DACHBILD

Das Dach ist das am wenigsten beschattete Gebäudeteil und eignet sich deshalb besonders gut zur Energiegewinnung. Unterstützend wirkt sich die Dachneigung aus. Beste Erträge werden bei einer Ausrichtung nach Süden und einer Neigung von etwa 30 Grad erzielt. Hinderlich dagegen ist aufstauende Hitze hinter den Modulen: Sie reduziert deren Wirkungsgrad. Deshalb ist zur Kühlung der Anlage ein ausreichend dimensionierter Hinterlüftungsraum erforderlich.

Die Konstruktion der Solarmodule nimmt Einfluss auf das Erscheinungsbild: Auf dem Markt sind klein- sowie grossteilige Module erhältlich. Grossflächige Solarmodule lassen sich mit geringerem Aufwand montieren, weil sie weniger Verkabelung benötigen. Kleinteilige Solarmodule besitzen einen höheren Anteil an Leitungen, was sie kostenintensiver in der Herstellung und der Montage macht. Ihr Vorteil ist jedoch ein stimmiges Dachbild, da sie sich besser einpassen lassen. Denn die Durchdringungen an Kaminen, Dachfenstern oder leitungsdurchführenden Elementen können aufgrund der Kleinteiligkeit besser integriert werden. Das Dach erscheint so aus einem Guss.

Foto: Solar Agentur Schweiz
Foto: Solar Agentur Schweiz

Fenster liessen sich unauffällig ins Solardach integrieren.

WETTERSCHUTZ DURCH SOLARANLAGE

Man unterscheidet zwei Montagearten: die Aufdach- und die Indachmontage. Die Aufdachmontage ist die gebräuchlichere Variante, insbesondere im Sanierungsbereich. Dabei werden die Module auf das bestehende Dach montiert. Dieses funktioniert also weiterhin als primäres Schutzelement und leitet auftretende Niederschläge vom Dach ab. Die Photovoltaikmodule haben keine dichtenden Eigenschaften, sondern dienen ausschliesslich der Energieerzeugung. Aufgrund der Abstände zum bestehenden Dach sind Hinterlüftung und optimale Erträge gewährleistet. Für die Montage werden Aluminiumschienen mit
Sparrenankern verbunden, die mit der Holzkonstruktion unter der Ziegelebene befestigt sind.

Die Indach-Lösung überzeugt durch Ästhetik: Die Integration in die Eindeckungsebene sorgt für einen bündigen Abschluss und eine Kostenersparnis bei den Eindeckungsmaterialien. Vollflächig montierte Solarmodule oder Solarziegel können eine wetterfeste Dachhaut bilden, die auch Schlagregen und Hagel Stand hält. Die Solaranlage übernimmt so die eigentliche Funktion eines Dachs als Wetterschutz. In beide Solardacharten – also Aufdach und Indachlösung – lassen sich zusätzlich Solarkollektoren integrieren, so dass sich auch die anfallende Wärme nutzen lässt.

 

FASSADE ALS KRAFTWERK

Neben Solardächern sind auch Solarfassaden möglich. Idealerweise übernehmen sie – analog zu den Solardächern – auch die Funktion als Wetterschutz. Die Module werden also nicht auf die Fassade montiert, sondern sie bilden die Fassade.

Photovoltaikzellen eignen sich genauso zur Fassadenbekleidung wie Sonnenkollektoren, fallen aber aufgrund ihres Aussehens mehr auf. Denn Sonnenkollektoren lassen sich in die unterschiedlichsten Fassadenmaterialien integrieren. Sie finden zum Beispiel Platz in Blechblenden. Ein Wärmeträgermedium, in der Regel ein Wasser-Glykol-Gemisch, zirkuliert dann hinter den Fassadenelementen. Sie sollten dunkel gefärbt sein – so wird die die Sonnenstrahlung optimal genutzt. Eine unauffällig wirkende Aluminiumfassade wird damit zum umweltfreundlichen Kraftwerk.