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Jagdverhalten von Hunden

Die Ohren gespitzt, der Blick fixiert nach vorne gerichtet, die Muskeln angespannt. Und bevor man reagieren kann, haut der Hund bereits ab in Richtung Beute. Ein natürliches, aber unerwünschtes Verhalten. Wie bekommt man den Jagdinstinkt in den Griff?

Text — Karin Haenni Eichenberger

 


VERSTÄNDIGUNGSPROBLEME

Das Jagdverhalten von Hunden und dessen Abtrainieren ist eine der ganz grossen Herausforderungen für Frauchen und Herrchen. Vor allen Dingen, weil es sich hierbei um einen Primärinstinkt des Vierbeiners handelt. Beute jagen und erlegen, genau dies steckt noch in den Genen unserer Haushunde. Entsprechend ist ein Training zum Umlenken des Jagdinstinktes anspruchsvoll und benötigt viel Geduld und im Idealfall professionelle Anleitung.

 

JAGDTRIEB KANALISIEREN, ABER WIE?

Die Möglichkeiten, mit dem Jagdtrieb richtig umzugehen, richten sich nach der jeweiligen Ausprägung des Triebes. Bei Hunden, welche bei der Jagd schon mal erfolgreich gewesen sind, wird es eher schwierig. Das heisst unter Umständen, den Hund wenn immer möglich an der Leine zu halten und ihm ein abwechslungsreiches Bewegungs- und Spielangebot mit Kopf- und Nasenarbeit zu bieten.

DIE EXPERTIN

Ingrid Blum,
Hundeschule Fee

«BEIM JAGEN WERDEN ALLE SINNE GESCHÄRFT»

Jagdverhalten hat nichts mit Aggression zu tun. Es dient dem Überleben und ist genetisch in jedem Hund verankert. Beim Jagen werden alle Sinne geschärft, Stresshormone steigen an, der Hund ist in diesem Moment nicht mehr ansprechbar, d.h. er ist auch nicht mehr abrufbar. Bewegte Reize werden vom Welpenalter an interessiert verfolgt. Richtig zum Ausbruch kommt das «Üben von Beute machen» in der Pubertät. Bis dahin sollte man als Mensch bereits vorgebaut haben, um dann richtig und souverän entgegen zu wirken. Das Mittel meiner Wahl ist die sinnvolle Konditionierung eines Signals, womit die Handlung unterbrochen werden kann und somit der Hund wieder ansprechbar ist.

Ingrid Blum, Dipl. tierpsychologische Beraterin IET, Dipl. Internationale Hundetrainerin nach Turid Rugaas mit Zusatz NF SKN/NHB (www.hundeschule-fee.ch)

SPAZIEREN ALLEIN BRINGT’S NICHT

Durch gezielte und sinnvolle Spiele kann der Hund den Jagdtrieb kanalisiert ausleben. Was natürlich nicht geht, wenn der Vierbeiner ausschliesslich spazieren geführt wird. Longieren beispielsweise ist geeignet, um einen «Jäger» im Alltag auszulasten und zu fordern. Wichtig ist, dass stupide, langweilige Ballwurfspiele vermieden werden. Das fördert das ungehinderte Lospreschen des Hundes und kann auf die Dauer sogar gelenkschädigend sein. Fährtenarbeit hingegen kann sehr zuträglich sein.

 

GEDULD IST GEFRAGT

Bei den meisten Pelznasen ist es möglich, den Jagdtrieb mit einem soliden Training umzulenken. Aber Achtung: Wer denkt, für so ein Training würden ein bis zwei Übungseinheiten pro Woche reichen, liegt leider falsch. Tägliche Arbeit über längere Zeit ist gefragt. Dabei muss der Hundehalter viele alte Gewohnheiten abwerfen. Die Spaziergänge werden derart gestaltet, dass sie Elemente wie Bindungsfestigung, Beute- und Futterspiele oder Signaltraining beinhalten. Natürlich bedeutet so ein gemeinsames Trainieren keine leichte Aufgabe. Aber der neu gestaltete Umgang mit dem Hund macht wirklich Spass und lehrt die Halterin, den Halter viel über das Verhalten ihres Tieres.

CHECKLISTE

TIPPS UND VERHALTENSREGELN

  • Belohnen Sie jeden Blickkontakt, den Ihr Hund von sich aus zu Ihnen aufnimmt.
  • Sagen Sie auf keinen Fall «lauf, geh frei, geh spielen», wenn Ihr Hund bei Ihnen ist und lieber Sie anschaut als seine vierbeinigen Kollegen.
  • Betrachten Sie die Leine als Verbindung zwischen Ihnen und Ihrem Hund und nicht als Einschränkung.
  • Hund und Mensch sind im Wald Gäste. Verhalten Sie sich entsprechend und zeigen Sie Respekt vor den Tieren, welche dort zuhause sind.

VORSICHT BEI BLOCKIERENDEN METHODEN

Aversive Methoden haben eigentlich nur Nachteile. Sie sind nicht dauerhaft, wirken aufgrund von Schmerzreizen und bieten dem Hund kein Alternativverhalten. Und sogar Schmerzimpulse können vom Hund noch in Kauf genommen werden. Abgesehen davon, dass Impulsgeräte, welche mit Stromreizen arbeiten, bei uns eigentlich verboten sind, sind sie aus ethischer Sicht sowieso komplett daneben. Und der Hund lernt schlicht nichts. Im besten Fall stoppt er sein Verhalten, weiss aber nicht, was er stattdessen tun soll. Im Handel gibt es sogenannte Sprühhalsbänder zu kaufen, welche mit einem Luftstoss das Verhalten unterbrechen sollen. Nie aber sollte ein solches «Hilfsmittel» losgelöst von verhaltensformendem, positivem Training eingesetzt werden. Aber eigentlich reicht ein gut strukturiertes, regelmässiges Arbeiten völlig aus. Empfehlung: Finger weg von solchen Halsbändern. Der Hund wird es Ihnen danken!

 

WELCHER HUNDETRAINER HILFT WIE WEITER?

Hundetraining kann zur Glaubenssache werden. Wie welcher Trainer arbeitet, hängt vor allem von dessen Erfahrung und seiner Einstellung zum Hund ab. Bei den einen Trainern liegt der Fokus eher auf Respekt und Gehorsam, die anderen fördern mehr oder weniger ausschliesslich die Kooperationsbereitschaft des Hundes und setzen auf Triebumleitung durch alternative Beschäftigungsmodelle. Wie auch immer: Wichtig ist, dass die gewählten Trainingsmethoden zu den Wertvorstellungen und Handlungsmöglichkeiten des Halters passen. Was gar nie geht: jegliche Formen von Gewaltanwendung.

 

WEITERE INFORMATIONEN

Weitere Informationen finden Sie unter: www.doglistener.ch / www.hunde-kausnacks.de