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Sommer- oder Winterwelpen?

Es kann sein, dass Welpen durch winterliche Temperaturen in ihrer Aktivität und dem angeborenen Erkundungsdrang gehemmt werden. Wohingegen Welpen in wärmeren Jahreszeiten aktiver und häufiger auf Entdeckungstour gehen können. Worauf muss man bei der Wahl eines Welpen achten? Hundeexpertin Ingrid Blum weiss Rat.

Interview — Karin Haenni Eichenberger

 

HAUSmagazin: Wie kann man den Unterschied zwischen Winter- und Sommerwelpen beschreiben?

Ingrid Blum: Überlieferungen aus früheren Zeiten besagen, dass Winterwelpen gesünder und robuster als Sommerwelpen wären. Vermutlich kommt diese Erkenntnis daher, weil nur die kräftigsten Welpen in der harten Winterzeit überlebten. Es waren damals andere Voraussetzungen.


Welche Voraussetzungen?

Man brauchte die Hunde für die Arbeit am Vieh, als Wächter und Jagdhelfer. Hündinnen zogen ihre Würfe im Stall, Zwinger oder im Schuppen auf. Da gab es keine Rotlichtlampen zur wärmenden Unterstützung oder Zufütterung der Welpen geschweige denn Geburtshilfe. Was ein guter Hund werden wollte, musste aus eigener Kraft überleben lernen. Der erste beschwerliche Weg war jener zu den Zitzen der Mutter. Die Belohnung für diese Anstrengung war die erste Nahrung, sprich Überleben. Im Winter war auch das Nahrungsangebot für Alttiere knapp bemessen, sodass die Hündin selbst oft ums Überleben kämpfen musste, wenn sie nicht ausreichend gefüttert wurde. Der Energieverbrauch, um den eigenen Körper zu wärmen, war enorm hoch. Die natürliche Auslese nahm ihren Lauf: Es überlebten nur die gesunden und kräftigen Welpen, welche dann zu robusten Helfern des Menschen wurden.


Heutige Welpen werden in der warmen Stube gross...

In der heutigen Zeit haben wir meistens ganz andere Ansprüche an unsere Hunde. Sie sind weniger Jagdhelfer, Treiber oder Wächter, sondern Familienmitglieder, welche bei uns mit im Haus leben und auch regelmässig ausgewogene Nahrung erhalten.


Welche Bedeutung nehmen Züchter dabei ein?

Die Züchter sind bemüht, alle geborenen Welpen aufzuziehen, die natürliche Auslese entfällt meist. Oft wird der Hündin bereits bei der Geburt geholfen, indem der Züchter die Welpen von der Fruchthülle befreit, abnabelt und an die Zitze platziert. In der Wurfkiste gibt es vielfach, ausser der natürlichen Wärmequelle von Mutter und Geschwistern, auch eine Infrarot-Wärmelampe. Bei dieser Betreuung spielt es also keine Rolle, ob die Welpen im Sommer- oder Winterhalbjahr geboren werden.


Fürs Leben lernen hört man oft. Was ist dran?

Ist es Sommer, wird der Züchter seine Zwergenschar ins Haus holen müssen, weil die Kleinen vom Auslauf nicht genug kriegen können und das Leben wie ein endloses Spiel scheint. Es wird im Wasser geplanscht, gebuddelt, am Wäschesack gezogen, aus der Giesskanne getrunken und wieder mit den Geschwisterchen gedöst. Untergründe wie Steinplatten, Holzböden, Kies, Gras etc. werden erkundet und mit allen Sinnen wahrgenommen. Sonnen- und Schattenplätze werden gesucht und gefunden, Vogelgezwitscher, Blütenduft, Insektengebrumm, Grillgerüche und vieles mehr speichert sich im lernenden Welpen-Gehirn ab.

CHECKLISTE

WINTER- UND SOMMERWELPEN

Unterschiede aus heutiger Sicht:

  • Geändert haben sich unsere Lebensumstände sowie die Erwartungen an Hunde in der heutigen Zeit. Die meisten künftigen Hundehalter wünschen sich einen gut sozialisierten, ausgeglichenen, souveränen Hund im Alltag.
  • Unverändert sind die Entwicklungsphasen des Hundes. Es kann also sein, dass Welpen gerade in der hochsensiblen Phase zwischen der 4. und 8. Lebenswoche durch die kalten, winterlichen Temperaturen in ihrer Aktivität und dem angeborenen Erkundungsdrang stark gehemmt werden.
  • Welpen können in der wärmeren Jahreszeit wesentlich aktiver erkunden und spielen. Bestimmt kann auch in Innenräumen gespielt und ausgekundschaftet werden, dies ersetzt aber nicht die natürliche Umgebung.
  • Das natürliche Sonnenlicht hat massgeblich Anteil an der gesunden Entwicklung im lernenden Welpen-Gehirn. Vielfältige Entdeckungsmöglichkeiten begünstigen nachhaltige Sinneswahrnehmungen für die Entfaltung eines sicheren Wesens.


Worauf muss man konkret achten bei einem Winterwelpen?

Viele Züchter leben mit ihren Hunden in ländlicher Umgebung mit eingezäuntem Garten. Dieser wird zum Erkundungsspielplatz in den ersten Lebenswochen. Doch im Garten liegt im Winter vielleicht Schnee, der Biswind fegt ums Haus und die Kälte treibt die jungen Hunde hinein ins warme Welpenzimmer. Welpen haben noch nackte Bäuche und frieren auch schnell. Kleine Rassen sind dem Boden näher, welcher die Kälte abstrahlt und somit wiederum schnell zum Frieren führt.


Haben die kalten Monate Einfluss auf die Stubenreinheit?

Die Erziehung zur Stubenreinheit kann sich bei Winterwelpen schwieriger gestalten und oft auftretende Blasenentzündungen gilt es zu vermeiden. Langsame Spaziergänge, bei denen der Welpe schnüffeln kann oder einfach mal an Ort und Stelle die Umwelt wahrnehmen darf, gestalten sich im Winter schwieriger als in der wärmeren Jahreszeit. Diese gemeinsamen Spaziergänge fördern jedoch die Bindung und sollten auch von Spass und Spiel begleitet sein. Zudem trifft man auf Winter- Spaziergängen weniger Leute mit Hunden an, die frühe Dunkelheit treibt die Menschen schneller nach Hause.


Doch vielfältige Sinneswahrnehmungen sind für Welpen sehr wichtig.

Es liegt sicher auch an der eigenen Motivation, sich in der kälteren Jahreszeit draussen mit dem Welpen zu beschäftigen, ihm eine gute Sozialisierung zukommen und ihn spielerisch erkunden zu lassen. In der wärmeren Jahreszeit wird einiges einfacher, da man sich meist selber öfter im Freien aufhält. Die Entdeckungsmöglichkeiten für nachhaltige Sinneswahrnehmungen sind sehr vielfältig und für die Entwicklung eines sicheren Wesens von grosser Bedeutung. Schlussendlich ist es ein Einschätzen der eigenen Persönlichkeit sowie das Abwägen aller möglichen Eventualitäten, um die Entscheidung für einen Winter- oder Sommerwelpen zu treffen.

DIE EXPERTIN

  Ingrid Blum:
  ist dipl. Hundetrainerin nach Turid Rugaas und dipl. tierpsychologische
  Beraterin I.E.T., hundeschule-fee.ch