Solarstrom auf Höhenflug
Energiewende und Politik beflügeln die Photovoltaik. Das Wachstum scheint noch lange anzudauern.
Text — Raphael Hegglin
Solarzellen sind allgegenwärtig – auf Dächern, an Fassaden, an Geräten und Fahrzeugen. Dabei nimmt man viele Photovoltaikmodule kaum wahr. Sie sind diskret in ein Bauteil integriert und haben nicht mehr die typische schwarzblaue Farbe. In der Forschung gibt es zwei Haupt-Stossrichtungen: möglichst leistungsfähige Solarzellen und möglichst diskrete.
1. MAXIMALER WIRKUNGSGRAD
Der Wirkungsgrad von Solarzellen in der Praxis hat seit deren Erfindung um das 25-Fache zugenommen. Die erste Solarzelle erbrachte einen Wirkungsgrad von knapp 1 %; erbaut hat sie der amerikanische Erfinder Charles E. Fritts. Heute erreichen die besten auf dem Markt erhältlichen Solarzellen einen Wirkungsgrad von knapp 25 %. Im Laboratorium liegt der Weltrekord derzeit bei 47,1 % Wirkungsgrad. Eine solche Solarzelle kann fast die Hälfte des einfallenden Sonnenlichts in Elektrizität umwandeln. Erfunden haben sie Forschende am amerikanischen National Renewable Energy Laboratory (NREL). Die Power-Zelle ist allerdings aufwendig aufgebaut: Sie besteht aus 140 Schichten unterschiedlicher Materialien und ist dementsprechend teuer.
Einen anderen vielversprechenden Ansatz verfolgen Forschende an der texanischen Rice University: Ihnen ist es gelungen, nicht nur das Licht der Sonne, sondern auch die Wärmestrahlung in elektrischen Strom umzuwandeln. Dies mittels Kohlenstoff-Nanoröhrchen, die auf einer Oberfläche angebracht sind. Kombiniert man diese Technik mit einer konventionellen Photovoltaikzelle, dann soll ein Wirkungsgrad von bis zu 80 % möglich sein. Auch andere Laboratorien auf der ganzen Welt kommunizieren traumhafte Wirkungsgrade von um die 80 %. Noch basieren diese Zahlen auf Prototypen und Hochrechnungen. Doch sollte es dereinst gelingen, derart leistungsfähige Photovoltaikmodule in grosser und bezahlbarer Menge herzustellen, dann könnte man auf der gleichen Fläche wie heute rund viermal mehr Solarstrom produzieren. Allerdings: Wie dieser Strom gespeichert werden kann, ist bis heute unklar. Noch gibt es keine Stromspeicher mit so hoher Kapazität. Auch hier müssen Forschung und Entwicklung noch einige Meilensteine hinter sich bringen.
INFO
VERSCHIEDENE SOLARZELL-TYPEN
Folgende Photovoltaikzellen sind heute auf dem Markt erhältlich:
2. UNAUFFÄLLIGE SOLARZELLEN
Neben dem Wirkungsgrad kommt es in der Praxis auf ein gutes Kosten- Nutzenverhältnis an. Denn die leistungsfähigste Technologie bringt nichts, wenn die Kilowattstunde Strom mit ihr 50 Rappen kostet. Darum ist ein weiterer Ansatz ebenso spannend: Günstige Photovoltaikzellen, denen man nicht ansieht, was sie sind. Solche lassen sich einem Gebäude oder einem anderen Gegenstand quasi unterjubeln, ohne dass die Optik darunter leidet. In der Architektur spricht man von gebäudeintegrierter Photovoltaik. Dabei wichtig: Der Wirkungsgrad einer gebäudeintegrierten Solarzelle steht nicht an erster Stelle, sie erweitert bloss die Funktion eines Bauteils.
Beispiele solcher Solarzellen gibt es zahlreiche. Sie übernehmen Funktionen wie Witterungsschutz (Dacheindeckung und Fassadenverkleidung), Fenster, Sonnenschutz, Balkonbrüstungen und Mauerverkleidungen. Letztere zum Beispiel an Brücken oder Schallschutzmauern entlang einer Autobahn.
Zentral ist, dass der Einbau von Solarzellen in Bauteile wie Fassadenplatten oder Dachziegel diese nicht wesentlich teurer macht. Ist das der Fall, lassen sie sich auch an weniger geeigneten Lagen wie zum Beispiel an der Nordseite eines Hauses montieren. Der Stromertrag wird immer noch rentabel sein
Bild 1 + 2: Bei diesem Haus im zürcherischen Opfikon produzieren Dünnschichtzellen an der Fassade auf diskrete Weise Strom.
Bild 3: Solardächer sind heute diskret und so wetterbeständig wie jedes andere Dach auch.
Ebenso wichtig ist es, dass die neuen – photovoltaischen – Bauteile eine abwechslungsreiche Architektur ermöglichen. Bereits gibt es eine Vielfalt an Fassadenmaterialien, denen man ihre Zusatzfunktion nicht ansieht. Immer mehr etablieren sich Dünnschicht- und Farbstoffzellen, die sich unterschiedlich einsetzen lassen. In Entwicklung befinden sich zudem Fenstergläser mit integriertem Farbstoff. Dieser Farbstoff wirkt nur leicht tönend und wandelt Sonnenlicht in elektrischen Strom um.
Ebenfalls durchgesetzt haben sich Solarziegel und andere Dacheindeckungen. Sie ähneln heute in verblüffender Weise einem Schieferdach, einem Dach aus Schindeln oder einem herkömmlichen Ziegeldach. Die gebäudeintegrierte Photovoltaik erlaubt also, sowohl an bestehende Architektur-Stile anzuknüpfen wie auch neue Wege zu gehen. Der Look der ersten, rundherum mit Solarzellen «dekorierten» Energiesparhäuser ist damit passé.
TIPP
FÖRDERGELDER BEANTRAGEN
Der Bund und teilweise auch Kantone und Gemeinde sowie Elektrizitätswerke unterstützen Photovoltaik-Anlagen mit Fördergeldern. Diese sind in der Regel vor Erstellen einer Anlage zu beantragen. Da die Angebote laufend ändern, sollte man sich frühzeitig informieren. Einen detaillierten Überblick verschafft die Website www.energiefranken.ch