Ticks bei Haustieren
Sobald bei einem Tier eine Abweichung vom natürlichen Verhalten beobachtet wird,
redet man schnell von Verhaltensstörung. Doch: Nicht jede Verhaltensauffälligkeit ist wirklich krankhaft.
Text — Karin Haenni Eichenberger
Bei unerwünschtem Verhalten von Haustieren kommt es drauf an, was der Besitzer von seinem Tier erwartet. Viele unerwünschte Verhaltensweisen zählen grundsätzlich zum natürlichen Repertoire von Fifi und Miez.
HUNDE BENEHMEN SICH EIGENWILLIG
Beispiel: Ein junges, herziges Welpli springt bei der Begrüssung freudig auf Halter und Besucher zu. Und wird geknuddelt und gehätschelt. Völlig normal. Was bei einem Dreissigkilohund jedoch gar nicht goutiert wird. Deswegen ist er bei weitem nicht gaga. Er wiederholt bloss sein einst von Menschen so geschätztes kindliches Freudezeigen. Oder der Hund zeigt Jagdverhalten gegenüber Wild, Joggern, Radfahrern, ist als Rudeltier selbstredend nicht gerne alleine und entwickelt vielleicht eine grosse Traurigkeit. Hier hilft nur Erziehung von Anfang an respektive eine artgerechte Haltung. Das ist Sache des Herrchens, des Frauchens. Das Verhalten des Vierbeiners ist grundsätzlich natürlich und nachvollziehbar.
DIE EXPERTIN
Daniela Poschmann
Journalistin mit Spezialgebiet
Tier und Natur
IST DAS VERHALTEN TATSÄCHLICH ANORMAL, GEHT ES AN DIE URSACHENFORSCHUNG
Hilfreich sind die feinen Gesten der Tiere, die auf ihre Stimmung deuten, darunter Haltung der Ohren oder Stand der Rute. Anders als häufig gelehrt, brauchen traumatisierte Tiere Entspannung und Zuwendung. Hände weg von aggressiver Unterdrückung, Stichwort Alphawurf bei Hunden. Um all dem von vornherein entgegenzuwirken, gilt: auf die Bedürfnisse der Tiere eingehen, ihre Sprache verstehen und ihnen Vertrauen entgegenbringen. Mit Respekt lebt es sich besser.
KATZEN SIND NICHT GANZ «GEBACKEN»
Gut, man sagt gemeinhin, dass Katzen nicht ganz gebacken seien. Nichtsdestotrotz: Natürliche Verhaltensweisen von Katzen wie kratzen, markieren, Mäuse und Vögel heimbringen, sind angeboren. Und schwer korrigierbar. Oftmals reagiert eine Katze auch nervig, weil’s ihr langweilig ist beziehungsweise sie unter Unterbeschäftigung leidet. Das gilt in erster Linie für Hauskatzen, weniger für Freigänger. Sorgen Sie als Katzenbesitzer dafür, dass das Büsi genügend Spiel und Spass geniessen kann.
HAUSGEMACHTE STÖRUNGEN
Hierzu gehören: zu frühe Trennung von der Mama, zu wenig Beschäftigung oder Auslauf, keine korrekte Sozialisierung mit Artgenossen und Menschen, Missverständnisse in der Kommunikation zwischen Mensch und Tier, Fehlen von Regeln, Stress wie der Verlust eines Partnertieres, ein Umzug, traumatische Erlebnisse beim Tierarzt oder mit anderen Tieren.
VERHALTEN, DAS EINE THERAPIE ERFORDERT
Viele «Anomalien» regeln sich mit der Zeit von selbst. Wenn jedoch effektiv ein abweichendes Verhalten vorhanden ist und sowohl Besitzer wie Tier darunter leiden, dann ist eine Therapie bei einer Fachperson unbedingt angezeigt. Wir sprechen hier unter anderem von übermässiger Aggression gegenüber Menschen und anderen Tieren, grosser Angst und Scheu, extremer Fellpflege oder Vernachlässigung derselben, Fressunlust, Lustlosigkeit, totalem Rückzug, stereotypen Bewegungen, seltsamen Lautäusserungen.
CHECKLISTE
MÖGLICHE SYMPTOME BEI HUNDEN UND KATZEN
Mögliche Symptome von Verhaltensstörungen bei der Katze:
- Die Katze wirkt angespannt und verhält sich häufig aggressiv, faucht, kratzt oder beisst
- Das Büsi verletzt sich selbst
- Übermässiges Putzen
- Die Katze wirkt apathisch, zieht sich zurück
- Stereotype Bewegungen
- Die Katze fängt plötzlich an, in die Wohnung zu bislen
Mögliche Symptome von Verhaltensstörungen beim Hund:
- Ständiges Bellen, Winseln, Jaulen
- Aggressionen gegenüber Artgenossen und Menschen
- Hyperaktivität und Konzentrationsmangel
- Fehlende oder niedrige Frustrationstoleranz und Impulskontrolle
- Fehlende Motivationsbereitschaft
- Übermässige Ängstlichkeit
- Unkontrollierbarer Jagdtrieb
- Steter Ungehorsam
- Suchtverhalten beim Spielen («Balljunkie»)
- Zerstörungswut
- Betteln und Stehlen
DEM VERHALTEN AUF DEN GRUND GEHEN
Erstmal: Eine Verhaltensstörung benötigt eine von einer Fachperson durchgeführte Diagnose. Hierbei wird definiert, ob sich das Tier nur unerwünscht aufführt oder ob tatsächlich eine Störung existiert. Letztere kann durchaus organischen Ursprungs sein. Liegt keine Erkrankung vor, muss herausgefunden werden, was der Grund für das seltsame Benehmen sein könnte. Jetzt ist es am Tierhalter, das absonderliche Verhalten so genau wie möglich zu schildern. Beispielsweise kann die Beantwortung folgender Fragen weiterhelfen: Hat sich das Tier schon immer so seltsam benommen? Wenn nicht, seit wann verhält es sich so? Welche Ereignisse oder Situationen kommen möglicherweise als Auslöser in Frage? Ist das Verhalten eventuell auf eine bestimmte Tageszeit beschränkt?
ZUSAMMENFASSUNG
Sind medizinische Probleme vorhanden, werden diese professionell behandelt und wenn immer möglich zum Verschwinden gebracht. Sind andere Ursachen festgestellt worden, so ist eine individuelle Verhaltenstherapie bei einem Experten angezeigt. Zu guter Letzt: Verhaltensstörungen entstehen grundsätzlich bei einer Unfähigkeit des Tieres, sich an veränderte Aussenweltbedingungen anzupassen. Auch genetische Faktoren können eine Rolle spielen oder Traumata und Krankheiten.