Weniger Abfall
Die Recycling-Quote ist in der Schweiz hoch – ebenso wie die Abfallmenge, die im Kehricht landet. Warum es sich lohnt, «Güsel» zu sparen.
Text — Tanja Seufert
IMMER MEHR ABFALL
In den meisten Schweizer Haushalten füllt sich ein 35-Liter-Abfallsack innert weniger Tage. Und jedesmal, wenn man ihn zusammenschnürt, denkt man: Wieso ist der eigentlich schon wieder voll? Und das, obwohl wir fleissig PET, Plastikflaschen und Konservendosen aussortieren. Tatsächlich ist die Menge an Siedlungsabfall seit 1970 stark gestiegen – gleichzeitig aber auch der Anteil an verwertetem Abfall. Die Abfallmenge, die verbrannt wird, ist etwa gleich geblieben. Also alles gut? Nicht wirklich, denn eigentlich sollten wir doch mit Recycling die Gesamtmenge an Abfall verringern.
INFO
FOOD WASTE
In den Schweizer Haushalten fallen jährlich rund 1 Million Tonnen Lebensmittelabfälle an. Davon wäre fast die Hälfte vermeidbar. Dies entspricht jährlich rund 60 kg Lebensmittelabfall, der pro Person im Haushalt vermieden werden könnte. Hauptgründe für die hohe Menge an Food Waste aus Haushalten sind die fehlende Wahrnehmung der eigenen Lebensmittelabfälle, mangelndes Bewusstsein für den Wert von Nahrungsmitteln sowie unzureichendes Wissen über die Haltbarkeit, Lagerung und Methoden zur Resteverwertung.
Quelle: BAFU
WAS IST IM ABFALLSACK?
Im Abfall widerspiegelt sich das Konsumverhalten der Gesellschaft. Deshalb ist ein genauer Blick in den «Güselsack» interessant. Dafür muss man nicht etwa den Container in der Nachbarschaft durchwühlen, sondern kann auf die Erhebungen des Bundesamts für Umwelt (BAFU) zurückgreifen. Dieses analysiert etwa alle zehn Jahre die Zusammensetzung des Schweizer Kehrichts – letztes Mal war dies 2012. Es mag Hausbesitzer mit eigenem Kompost überraschen, doch die biogenen Abfälle – also Lebensmittel – tragen mit knapp einem Drittel am meisten zur Abfallmenge bei. Davon wäre rund die Hälfte noch geniessbar.
Dieser Abfalltyp hat seit der ersten Erhebung 1992/1993 erheblich zugenommen. Stark zugenommen hat auch die Menge an Verbundwaren und -verpackungen – etwa Tetrapack –, da diese gegenüber früher erheblich mehr im Umlauf sind und sich nicht rezyklieren lassen.
TIPP
EINKAUFEN OHNE VERPACKUNGEN
In immer mehr Städten gibt es so genannte Unverpackt-Läden, wo – nebst unverpacktem Obst und Gemüse – auch viele andere Lebensmittel ohne Verpackung erhältlich sind. Die Shops sind im Internet zu finden, einfach «unverpackt» und Ihre Region eingeben. Eine Schweizer Karte mit «zero waste»-freundlichen Betrieben ist ausserdem hier zu finden: zerowasteswitzerland.ch
Foto: NewmanStudio/shutterstock.com
BEWUSST KONSUMIEREN
Abfall sparen lohnt sich – nicht nur für die Umwelt, denn für das Verbrennen und auch das Rezyklieren wird viel Energie benötigt –, sondern auch fürs Portemonnaie: Gemeinden sind verpflichtet, auf Kehrichtsäcke eine Gebühr zu erheben. Und fast alles, was wir wegschmeissen, hat etwas gekostet. Doch wie lässt sich im Alltag der Müll reduzieren? Hauptsächlich durch bewussten Konsum.
LEBENSMITTEL
Food Waste ist besonders gravierend, wird doch für den Anbau und den Vertrieb von Lebensmitteln viel Fläche, Futter bzw. Dünger, Pflanzenschutzmittel und natürlich auch Energie aufgewendet. Selbst wenn die vergammelten Champignos auf dem Kompost und nicht im Sack landen: Mit ihnen wirft man wertvolle Ressourcen weg. Hier hilft nur Planung – sonst kauft man nach Lust und Laune ein. Eine Rezeptsammlung für die Verwertung von typischen Resten vereinfacht das Kochen. Stehen rohe Lebensmittel kurz davor zu vergammeln, sollte man sie nach Möglichkeit verarbeiten und dann einfrieren. Etwa Bananen: einfach in Rädchen schneiden und einfrieren – sie ergeben später eine Zutat für selbstgemachtes Glacé und anderes.
CHECKLISTE
15 WEGE ZU WENIGER ABFALL
1 — ISS ALLES Nur kaufen, was man wirklich braucht – und Abgelaufenes nicht gleich wegwerfen, denn vieles hält sich weit über das Mindesthaltbarkeitsdatum hinaus.
2 — TRINK LEITUNGSWASSER Gesundes Wasser kommt hierzulande direkt aus dem Wasserhahn – Mineralwasser in PET-Flaschen ist eigentlich nicht nötig.
3 — BEZIEH ÖKOSTROM Eine ganz andere Art, aber besonders gefährliche Art von Müll: Helfen Sie mit, hochradioaktiven Atommüll zu reduzieren, und wechseln Sie zu Ökostrom.
4 — LERNE ZU REPARIEREN Gegenstände möglichst lange zu verwenden, reduziert Abfall. Dazu gehört auch: Reparieren statt neu kaufen.
5 — SEI KREATIV Vieles kann man selber machen, anstatt es zu kaufen – vom Putzmittel über Tiefkühlkost bis zu «Coffee to go».
6 — BENUTZE STOFFTASCHEN Nehmen Sie Stofftasche, Korb oder Rucksack mit zum Einkaufen. Am besten deponieren Sie dauerhaft eine Stofftasche in Ihrer Handtasche oder Ihrem Rucksack.
7 — ZEIG MUT ZUR HÄSSLICHKEIT Kaufen Sie gezielt Gemüse mit Makeln und setzen Sie so ein Zeichen. Denn viele Lebensmittel werden aussortiert, bevor sie je den Laden erreichen – und weggeworfen.
8 — TEILE ORDENTLICH AUS Leihen Sie Dinge, die Sie nur selten brauchen, beim Nachbarn oder bei Freunden aus. Oder schaffen Sie grössere Dinge wie z.B. einen Rasenmäher oder ein Gemüsekisten-Abo gemeinsam an.
9 — ELEKTROGERÄTE 1: BLEIB TREU Wer immer das Allerneuste besitzt, sammelt sehr schnell sehr viel Elektro-Schrott an. Bleiben Sie Ihrem Fernseher, Laptop oder Handy treu, das spart Abfall und auch viel Geld.
10 — ELEKTROGERÄTE 2: NICHT IN DIE TONNE WERFEN Funktionierende Elektrogeräte sollte man verschenken oder verkaufen – alles, nur nicht wegwerfen. Kaputte Geräte kann man in Recyclinghöfen oder im Fachhandel kostenlos abgeben.
11 — SAG NEIN ZU PLASTIK Plastikmüll ist eines unserer grössten Umweltprobleme, deshalb sollte man nach Möglichkeit plastikfrei einkaufen.
12 — AUS ALT MACH NEU Ob Klamotten, Möbel, Altglas oder Küchenutensilien: Fast alles lässt sich upcyceln. Inspirationen gibt es im Internet!
13 — WEHRE DICH GEGEN WERBUNG Werbeprospekte und Flyer verstopfen den Briefkasten und landen vermutlich ungelesen direkt im Müll. Abhilfe schafft ein «Keine Werbung»-Aufkleber.
14 — KAUF QUALITÄT Um Müll zu vermeiden, sollten wir möglichst langlebige Produkte kaufen und die dann auch möglichst lange verwenden.
15 — GEH DEN HOLZWEG Kinder machen Sachen kaputt – das kann man nicht ändern, es ihnen aber schwerer machen. An solidem Holzspielzeug haben die Kleinen sicher länger Freude als an billigem Plastikspielzeug.
Quelle: utopia.de
VERBUNDWAREN
Während sich reine Kunststoffe wie etwa Waschmittelflaschen rezyklieren lassen, können Verbundwaren und -verpackungen nicht wieder verwertet werden. Sie bestehen zum Beispiel aus Karton, Kunststoff und Aluminium. Diese «Verbunde» lassen sich kaum voneinander trennen – der Aufwand wäre nicht verhältnismässig. Deshalb sollte man nach Möglichkeit auf Verbundwaren wie Tetrapacks verzichten.
SELBSTGEMACHT
Frischhaltefolie lässt sich gut durch ein wiederverwendbares Bienenwachstuch ersetzen. Um ein Bienenwachstuch selbst zu machen, brauchen Sie: Bienenwachs (am Stück oder in Plättchen), Baumwollstoff (Tuch, löchriges T-Shirt und so weiter, natürlich vorher gut gewaschen), Butterbrotpapier/Naturbackpapier, evtl. ein Messer oder eine Reibe zum Zerkleinern des Wachses‚ ein Bügeleisen und -brett.
- Legen Sie erst das Papier auf das Bügelbrett und dann darauf das Baumwolltuch. Das Butterbrot- oder Backpapier sollte an jeder Kante mindestens 10 cm grösser sein, damit des Bügelbrett gut geschützt ist.
- Wenn Sie keine kleinen Bienenwachsstückchen haben, dann reiben oder schneiden Sie das grosse Wachsstück in kleine Stückchen und verteilen Sie diese gut auf dem Tuch.
- Legen Sie ein zweites Blatt Butterbrot- oder Backpapier auf das Tuch mit dem Bienenwachs und büglen. Sie vorsichtig das Wachs in das Tuch hinein.
- Jetzt müssen Sie das Bienenwachstuch nur noch aufhängen und etwas abkühlen lassen.
- Mit bunten Tüchern sieht es besonders schön aus. Das Tuch wird flexibler, wenn Sie zum Bienenwachs ein paar Tropfen Jojöbaöl hinzufügst.
Aus: Charlotte Schüler, Einfach plastikfrei leben (siehe Buchtipp)
PLASTIK: EINE UMWELTKATASTROPHE
Plastik ist eines der grössten Umweltprobleme unserer Zeit. Zwar landet in Ländern wie der Schweiz der grösste Teil der Kunststoffe im Kehricht und wird verbrannt. Doch leider nicht alles – sei es durch Littering, sei es, weil der Wind ein verlorenes Plastiksäckli davonträgt. Plastik in der Natur wird nicht abgebaut, sondern durch Sonnenstrahlung und mechanische Einflüsse über die Jahre zu Mikroplastik zerkleinert, wo es im Nahrungkreislauf endet. Besonders gravierend sind winzige Plastikteilchen, die wir mit dem Wasser runterspülen: Sie sind so klein, dass sie in der Wasseraufbereitungslage nicht herausgefiltert werden. Typische Beispiele sind Reinigungsschwämme, Duschgels und Peelings. Die Umwelt und letztlich unsere Gesundheit dankt, wenn wir vermehrt auf Plastik verzichten und Naturkosmetik benutzen.
BUCHTIPP
Charlotte Schüler, Einfach plastikfrei leben – Schritt für Schritt zu einem nachhaltigen
Alltag, Verlag südwest