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Heimwerken für Anfänger und Profis

Mit Heimwerken lässt sich nicht nur Geld sparen, es macht auch Spass. Das sollten Selfmade-Fans wissen.

Text — Raphael Hegglin


 

ACHTUNG VOR VERSPRECHUNGEN

«Es ist beinahe schon ein Nullenergiehaus!»: Der Beschrieb des Maklers klang vielversprechend. Das freistehende Einfamilienhaus im Kanton Zürich – Baujahr 1963 mit einschaligem Mauerwerk – habe der jetzige Besitzer eigenhändig aufgemöbelt und es sogar noch besser als heutige Standardbauten gemacht.

Wie weit Verkaufsversprechen von der Realität entfernt liegen können, zeigte sich dann vor Ort: Hinter der selbst angebrachten Wärmedämmung der Innenwände wucherte der Schimmel, die zusätzliche Verglasung an den Fenstern versprühte den Charme eines Hochsicherheitstraktes, und die in Eigenregie verlegten Lüftungsrohre dröhnten wie Flugzeugturbinen. Die zahlreich erschienenen Interessenten brachen die Hausbesichtigung ab, noch ehe sie ins Dachgeschoss vorgedrungen waren – und flohen.

DER EXPERTE

Holger H. Schweizer,
Autor des Buches
«Das neue grosse Heimwerkerbuch»

«LASSEN SIE SICH NICHT ENTMUTIGEN!»

Vor Beginn eines Projekts sollte man sich eingehend mit dem Werkstoff und den Werkzeugen vertraut machen. Wenn Sie ein Werkzeug das erste Mal verwenden, dann üben Sie zuerst an Ausschussmaterial, bis sie es beherrschen. Und selbst dann wird das eine oder andere misslingen. Lassen Sie sich dadurch nicht entmutigen: Eine Heimwerker-Karriere wächst mit der Zahl der Misserfolge. Allerdings gibt es auch typische, arbeitsspezifische Fallen, die sich vermeiden lassen. Dies gilt insbesondere auch für den sicheren Umgang mit dem Werkzeug. Befolgen sie daher stets die Sicherheitshinweise und Praxistipps. Sollten Sie einmal unsicher sein, dann lassen Sie sich das Gerät von einer Fachperson oder einem versierten
Heimwerker genau erklären. Wählen Sie immer qualitativ hochwertige Werkzeuge. Mit No-Name- Geräten lässt sich oft nicht exakt arbeiten, zudem unterliegen sie nicht den strengen Normen der EU. Auch preislich lohnen sich solche Geräte nur auf den ersten Blick: Unabhängige Tests zeigen immer wieder, dass No-Name-Geräte nur eine kurze Lebensdauer haben.


DIE VIER STUFEN

Das Beispiel zeigt: Guter Wille allein reicht beim Heimwerken nicht – insbesondere, wenn es um Arbeiten an der Bausubstanz geht. Ansonsten kann es zu gravierenden Baumängeln kommen, die im schlimmsten Fall ein Haus zerstören. Trotzdem: Heimwerken können alle! Am besten tastet man sich langsam vor und beginnt mit einfachen Arbeiten, ehe man sich an Meisterleistungen wagt. Wir teilen ein in Stufen von 0 bis 3:


STUFE 0 – SCHNUPPERSTIFT

ARBEITEN: Ein guter Einstieg in die Welt des Heimwerkens sind kleinere Reparaturarbeiten und Möbelmontagen. Flecken an Wänden lassen sich mit einem (sauberen) Radiergummi oder einem Fleckenschwamm entfernen. Um Bohrlöcher zu stopfen, verwendet man am besten Innen-Fertigspachtel. Tipp: Um diesen glatt zu streichen, feuchtet man zuerst seine Hände mit Wasser an. Kratzer in Holzböden und -möbeln lassen sich durch Einreiben mit einer Walnuss entfernen, sie färben sich durch das darin enthaltene Öl wieder dunkel.

HIER IST VORSICHT GEBOTEN: Beim Reinigen und Ausbessern darauf achten, dass die verwendeten Mittel nicht scheuern und nicht mit der Oberfläche reagieren. Wer unsicher ist, testet vorher an einer unauffälligen – und möglichst kleinen – Stelle.

AUSRÜSTUNG FÜR SCHNUPPERSTIFTE:

  • Doppelmeter (Zollstock)
  • Wasserwaage
  • Kreuz- und Schlitzschraubenzieher
  • Schlosserhammer
  • Flachzange/Seitenschneider
  • Lappen (alte Stoffhemden)
  • Isolierband


STUFE 1 – LEHRLING

ARBEITEN: Lehrlingen kann man schon einiges zumuten. So zum Beispiel Wände streichen. Gute Vorbereitung wichtig: Vor dem Streichen sollten alle nicht zu bemalenden Stellen sorgfältig mit Malerkrepp oder mit Kunststofffolie abgeklebt werden. Klingt simpel, wird aber leider oft aus Bequemlichkeit vernachlässigt. Auch Bohren in Wände gehört zu den Fertigleiten von Heimwerker- Lehrlingen. Tipp: Qualitativ hochwertige Stein bzw. Betonbohrer verwenden. Billige werden in Steinwerkstoffen schnell stumpf und lassen Bohrlöcher ausfransen. Heimwerker-Lehrlinge machen sich auch zum Dübel Gedanken: Meist reicht ein Universaldübel. Bei schweren Gegenständen oder erhöhten Sicherheitsanforderungen sind jedoch Spezialdübel empfehlenswert. Dazu lassen sich Heimwerker Lehrlinge von einem Heimwerker-Meister oder einer Fachperson beraten.

HIER IST VORSICHT GEBOTEN: In Wänden verbergen sich elektrische Leitungen und Wasserrohre. Diese anzubohren, kann lebensgefährlich sein und grossen Sachschaden verursachen. Wer nicht sicher ist, wie Leitungen verlaufen, kontrolliert vor dem Bohren mit einem Metall/Leitungs-Ortungsgerät.

ZUSÄTZLICHE AUSRÜSTUNG FÜR LEHRLINGE:

  • Inbusschlüssel
  • Beisszange
  • Schrauben und Dübel
  • Drahtstifte
  • Schlagbohrmaschine mit Bohrersets
  • Akkuschrauber mit Bitsätzen
  • Pinsel
  • Farbrollen
  • Farbgitter
  • Cuttermesser

 

INFO

VORSICHT ALTLASTEN!

In Altbauten können verschiedene Schadstoffe schlummern. Sie müssen nicht zwingend die Gesundheit gefährden – solange man sie nicht frei legt. An erster Stelle ist hier Asbest zu nennen. Es kann in allen Gebäuden mit Baujahr vor 1990 vorhanden sein. Unter anderem ist es in Faserzement enthalten, jedoch auch in Wand-, Decken- und Bodenbelägen sowie in Elektrokästen und Isolationsmaterialien. Grundsätzlich sollte man vor Umbau- und Renovationsarbeiten immer abklären, ob die betroffenen Bauteile Asbest enthalten. Böden von Altbauten enthalten manchmal auch Schlacke als Füllmaterial – ein Abfallprodukt der Schwerindustrie. Die bröselige schwarze Masse kann giftig oder leicht radioaktiv sein. Wird sie bei Bauarbeiten freigelegt, kann sie ebenfalls die Gesundheit gefährden. Wie Asbest, muss auch Schlacke durch eine Spezialfirma entsorgt werden. PCP (Pentachlorphenol) und andere heute nicht mehr verwendeten Holzschutzmittel stellen vor allem eine Gefahr beim Einatmen von Holzstaub dar. Wie bei Asbest ist es wichtig, betroffene Bauteile nicht mechanisch zu bearbeiten, das heisst zu zersägen, zerschlagen oder zu durchbohren. Nur so lässt sich verhindern, dass Schadstoffe freigesetzt werden. In den letzten 200 Jahren wurden beim Bauen zahlreiche Stoffe eingesetzt, die sich nachträglich als gesundheitsgefährlich erwiesen haben. Ein Überblick ist daher auch für Fachleute schwierig. Für Heimwerkerinnen und Heimwerker bedeutet dies: Bauteile immer kritisch betrachten und im Zweifelsfalle eine Fachperson herbeizuziehen.


STUFE 2 – MEISTER

ARBEITEN: Oft kommt irgendwann der Wusch auf, das eigene Heim selbst auszubauen. Nun sind Meisterinnen und Meister gefragt. Denn Böden verlegen, tapezieren oder neue Fugen ziehen erfordert eine exakte Arbeitsweise und handwerkliche Routine. Tipp: Baumärkte bieten mittlerweile viele vorgefertigt Produkte an. Darunter fallen zum Beispiel Fertigparkette, Wandpaneele oder Dekoelemente. Sie sind zwar etwas teurer als Basisprodukte, lassen sich aber wesentlich einfacher montieren – und das Resultat sieht am Schluss aus, als hätte ein wahrer Heimwerkerkönig Hand angelegt.

HIER IST VORSICHT GEBOTEN: Unter harten Bodenbelägen wie Laminat sollte eine Trittschallisolation verlegt werden. Diese geht oft vergessen, entsprechend laut ist es dann in einem Haus. Bevor Wände oder Böden erneuert werden, sollte ihr Zustand kritisch überprüft werden. Allenfalls empfiehlt es sich dann, zuerst die Bausubstanz zu renovieren oder zumindest zu reparieren. Nur so ist langanhaltende Freude garantiert.

ZUSÄTZLICHE AUSRÜSTUNG FÜR MEISTER:

  • Kapp-, Zug- und Gehrungssäge
  • Stichsäge
  • Schraubzwingen
  • Steckschlüsselsatz
  • Gabelschlüsselsatz

 

STUFE 3 – HEIMWERKERKÖNIG

ARBEITEN: Heimwerkerkönige bauen das Haus selbst um und aus. Sie verwandeln den Dachstock in zusätzlichen Wohnraum, dämmen Kellerdecken und reissen Zwischenwände heraus. Was Heimwerkerkönige von den anderen Heimwerkern unterscheidet, ist nicht primär ihr handwerkliches Geschick: Heimwerkerkönige haben sich zusätzlich ein vertieftes Wissen in Bau- und Gebäudetechnik angeeignet. Sie wissen stets genau, was sie tun.

HIER IST VORSICHT GEBOTEN: Je ambitionierter ein Heimwerker-Projekt ist, desto grösser ist meist auch die Unfallgefahr sowie das Risiko, Baumängel zu verursachen. Wer sein Haus um- oder ausbaut, muss dessen bauphysikalischen Eigenschaften genau kennen. Ansonsten kann es zu Staufeuchte, Schimmelpilzwachstum, Einstürzen und anderen schwerwiegenden Schäden kommen.

TIPP: Auch wenn man es sich zutraut, Wände herauszureissen oder eine Decke aufzudämmen: In der Planungsphase sollten Heimwerker die Hilfe einer Fachperson einholen und sich zu ihrem Vorhaben genau beraten lassen. Umsetzen können sie es immer noch selbst.

ZUSÄTZLICHES FÜR HEIMWERKERKÖNIGE:

  • Wer auf Stufe 3 arbeitet, benötigt Spezialgeräte.
  • Oft lohnt es sich nicht, solche anzuschaffen.
  • Am besten mietet man sie von einem Baumarkt.

 

TIPP

DAS NEUE GROSSE HEIMWERKERBUCH

Dieses Buch unterscheidet sich von anderen Heimwerkerbüchern:

Autor Holger H. Schweizer wählt einen allgemeinen Themen-Zugang über Arbeitstechniken, Materialien und Geräte-Knowhow. Heimwerker können sich mit diesem Buch ein fundiertes Basiswissen erarbeiten.

Holger H. Schweizer: Das neue große Heimwerkerbuch, Verlag Eugen Ulmer, 978-3-8001-1299-9