Foto: DJTaylor/shutterstock.com

Selbstversorgung mit Strom, Wärme und Wasser – Teil 2

In unserer modernen Gesellschaft beschränkt sich Selbstversorgung nicht nur auf Nahrung: Strom, Wärme und Wasser gehören ebenso dazu. Doch wieviel geht überhaupt?

Text — Raphael Hegglin

 

DOKUMENTIERTES EXPERIMENT

Dick Strawbridge ist Tüftler, Kleinbauer und Mechaniker in einer Person. Seine Newhouse Farm in Cornwall hat er zu einem Selbstversorgungs-Freiluftlabor umgebaut. Zusammen mit seiner Familie stellt er dort selbst Nahrung her, legt Bewässerungssysteme an und produziert mit Wind- und Wasserturbinen, Photovoltaikzellen sowie einer Biogasanlage hauseigenen Strom (siehe Buchtipp). Doch dem nicht genug: Die Strawbridges machen aus Rapsöl Biodiesel, betreiben eine eigene Kläranlage und eine selbst gebaute Komposttoilette.

Das englische Fernsehen BBC dokumentierte das Experiment über vier Jahre, in dieser Zeit lernten die Strawbridges immer mehr dazu und erhöhten ihren Selbstversorgungsgrad. Trotzdem: Vollständige Autarkie ist auch ihnen nicht gelungen. Zu hoch sind die Ansprüche eines modernen Lebens, das neben Nahrung grosse Mengen an Energie und Wasser benötigt. Doch Selbstversorgung ist ein Thema, das Menschen in der modernen Zivilisation vermehrt beschäftigt.

CHECKLISTE

VERHALTEN BEI EINEM STROMAUSFALL

  • Schalten Sie alle elektrischen Geräte aus, die gefährlich werden könnten, wenn der Strom plötzlich wieder läuft (Herd, Bügeleisen, Werkzeuge, Küchenmaschinen, etc.).
  • Lassen Sie Kühlschrank und Gefriertruhe möglichst geschlossen.
  • Informieren Sie sich per Smartphone (Website des Elektrizitätswerks) oder das Radio über die Dimension des Stromausfalls.
  • Bei einem grossflächigen Stromausfall: Füllen Sie die Badewanne vorsorglich mit Wasser. Sie haben dann einen Notvorrat, sollten die Pumpen ausfallen.
  • Seien Sie vorbereitet: Legen Sie Taschenlampen, Kerzen und ein batteriebetriebenes Radio für den Notfall bereit.

AUTARKIE HAT MEHRERE VORTEILE

Warum sich selbst versorgen, wo hierzulande alles in Hülle und Fülle vorhanden ist? Mehrere Gründe sprechen dafür. So sind Krisen auch in der Schweiz jederzeit möglich. Dabei muss man nicht einmal vom Schlimmsten ausgehen: Schon ein mehrtägiger Stromausfall bewirkt, dass Teile unserer Infrastruktur nicht mehr funktionieren. Es fliesst dann kein Trinkwasser mehr, Lebensmittel verderben, und moderne Kommunikationsmittel wie Smartphone und Computer sind nutzlos. Schon ein geringer Grad an Selbstversorgung reicht, um solche Zeiten unbeschadet zu überstehen.

Selbstversorgung ist zudem meist gut für die Umwelt. Denn ob Essen oder Energie, es lässt sich nur so viel ernten, wie die Natur hergibt. Wer mit den eigenen Ressourcen arbeitet, muss also nachhaltig wirtschaften. Und Selbstversorgung liegt aus einem weiteren Grund im Trend: Es macht einfach Spass, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. In unserer automatisierten, durchstrukturierten Gesellschaft ist es sinnstiftend, wenn man – zumindest teilweise – selbständig handeln kann.

WASSER

Die Faustregel besagt: 3 Minuten ohne Luft, 3 Tage ohne Wasser, 3 Wochen ohne Nahrung. Wasser ist damit unser wichtigstes Nahrungsmittel. In der Schweiz stammt es aus Quellen, dem Grundwasservorkommen sowie aus Seen und Flüssen. Doch es gibt eine weitere Wasserquelle, die für viele Hausbesitzer nutzbar ist: Regenwasser. Dieses lässt sich über die Dachrinne auffangen und in einen Tank leiten.

Mit Regenwasser lässt sich ohne grossen technischen Aufwand der Garten bewässern. Neben der traditionellen Regentonne gibt es Tanksysteme mit elektrischen Pumpen, an die sich Gartenschläuche oder automatische Bewässerungssysteme anschliessen lassen. So gedeiht der eigene Garten auch bei einem Wasserunterbruch gut weiter. Aufwendigere Systeme – meist mit unterirdischem Tank – nutzen das Regenwasser zusätzlich zum Spülen der WCs. Damit lässt sich bis zu 50 Prozent Trinkwasser einsparen. Wer auf alles vorbereitet sein will, sollte sein Regenwassersystem zusätzlich mit einer Handpumpe betreiben können, damit es auch bei Stromausfall funktioniert. Übrigens: Mit geeigneten Wasserfiltern lässt sich im Notfall aus dem Regenwasser Trinkwasser machen.
Foto: Pack-Shot/shutterstock.com

ELEKTRIZITÄT

Die populärste Methode, um Strom selbst zu erzeugen, ist heute die Photovoltaik. Der Ertrag ist abhängig vom Standort, der Ausrichtung und der Anlagegrösse. Bei guten Voraussetzungen lässt sich der gesamte benötigte Haushaltsstrom produzieren. Zumindest auf dem Papier: Stromspeicherung ist aufwendig und teuer – und die Speicherkapazität ist begrenzt. Hausbesitzer werden daher auch mit einer gross dimensionierten Photovoltaikanlage und Speichersystem einen Teil ihres Stromes über das öffentliche Netz beziehen müssen.

Mit einer bedürfnisgerechten Planung lässt sich allerdings ein bedeutender Teil des eigenen Strombedarfs  decken: zum Beispiel für Elektromobilität oder den Betrieb von Spül- und Waschmaschinen. In Notzeiten liesse sich zudem das Wichtigste – selbst mit kleiner Speicherkapazität – weiter betreiben: Die Beleuchtung.
Foto: Markus Pfaff/123rf.com

BATTERIE FÜR NOTSTROM

Interessant sind auch kleine Windturbinen. Mit ihnen lässt sich bei einem Stromausfall die Beleuchtung aufrecht erhalten; zudem liefern sie dezentral, zum Beispiel für ein Gartenhäuschen, Strom. Wichtig: Nur leise Windturbinen-Modelle zum Einsatz bringen – ansonsten ist der Ärger in der Nachbarschaft vorprogrammiert.


Zur Speicherung kleiner Mengen von Solar- und Windstrom (zum Beispiel für eine dauerhafte Notbeleuchtung) reichen Akkus in der Grösse einer Autobatterie. Allerdings eignen sich gerade diese nicht, da sie nicht tiefladesicher sind und dadurch schnell kaputt gehen. Tiefladesichere Batterien sind zum Beispiel solche für Wohnmobile oder Weidezäune – oder spezielle Speichersysteme für die Photovoltaik.
Foto: Niko Korte/pixelio.de

WÄRME

Seit der Mensch eine Behausung hat, will er diese beheizen. Von der Steinzeit bis nach dem Mittelalter wurde mit Holz geheizt, später mit fossilen Brennstoffen – und heute zunehmend mit erneuerbarer Energie. Aufgrund vergangener Energiekrisen, den aktuellen Umweltproblemen und politischen Krisen wünschen sich viele Hausbesitzer ein unabhängiges Heizsystem. Diesem Wunsch sind allerdings Grenzen gesetzt: Kaum jemand besitzt Wald, um eigenes Brennholz zu gewinnen. Eine Wärmepumpe wiederum lässt sich zwar mit selbst produziertem Strom betreiben. Doch liefert eine Photovoltaikanlage dazu im Winter zu wenig Strom.

Solarkollektoren sind hingegen ein einfacher Weg, um Wärme selbst zu produzieren. In ihnen erhitzt sich
Wasser durch Sonnenwärme. So lässt sich rund die Hälfte des Warmwassers erzeugen. Wer den Bedarf notgedrungen reduziert, dem wird das Wasser aus den Sonnenkollektoren sogar reichen.

Ohne Einschränkungen funktioniert Autarkie nicht, haben die Strawbridges während ihres Experiments auf der Newhouse Farm herausgefunden. Gerade punkto Heizen heisst die erste Massnahme Energieeffizienz. Eine starke Dämmung macht es dann einfach, einen Raum warm zu halten. Die geringe Menge Energie dazu lässt sich auf dem eigenen Dach oder in Form von Brennmaterial aus dem Garten selbst gewinnen.
Foto: Gerhard Seybert/Fotolia.com

BUCHTIPP

  DAS GROSSE BUCH DER SELBSTVERSORGUNG
  Dick Strawbridge und James Strawbridge,
  Verlag: Dorling Kindersley,
  ISBN 978-3-8310-3523-6