Spiele im Haus und im Garten
Die eigenen vier Wände eignen sich nicht nur als Home Office, sondern auch als Home Gym. Doch muss es immer Fitnesstraining sein? Bewegung geht auch spielerisch – und erst noch mit der ganzen Familie.
Text — Tanja Seufert
Spielen ist etwas für Kinder? Nicht nur Eltern wissen: Spielen tut Klein und Gross gleichermassen gut! Erwachsenen macht eine Runde Pingpong-Rundlauf oder eine kleine Rauferei genauso Spass wie dem Nachwuchs – auch wenn sie vielleicht etwas schneller ausser Atem geraten. Ein guter Grund, um Haus und Garten zur Spiel und Bewegungszone zu erklären und entsprechend aufzurüsten. Denn: Einsames Hanteltraining im Kellerraum ist nicht jedermanns Sache, und nach der x-ten Yogastunde tut Abwechslung langsam not. Im Jahr 2 der Coronakrise ist wieder mehr Lebensfreude angesagt, auch im Home Gym.
EINE WOHLTAT FÜR KÖRPER UND PSYCHE
Wer sich ganz nebenbei bewegt, sei es im Alltag oder im Spiel, tut bereits viel für sein Wohlbefinden. Moderate Aktivitäten erhöhen nicht nur Beweglichkeit und Ausdauer, sondern bauen auch Stress ab. Sich gemeinsam mit anderen zu bewegen, hat dabei besonders positive Auswirkungen auf Körper und Psyche, wirken erfreuliche Sozialkontakte doch nachweislich lebensverlängernd. Doch auch Solo-Sport muss nicht «stier» sein – es gibt genug Möglichkeiten, das Training spielerischer zu gestalten. Einmal mehr sind Eigenheimbesitzerinnen und -besitzer im Vorteil: Meist verfügen sie über mehr Platz, sowohl drinnen wie auch draussen. Und gerade in einem Haus gibt es oben und unten keine Nachbarn, auf die man Rücksicht nehmen muss.
INFO
LÄRM: WAS IST ERLAUBT?
Egal, ob Sie Eigentümerin oder Mieter sind, Sie dürfen die Nachbarschaft laut Gesetz (ZVG Art. 684) nicht mit «übermässigen Immissionen» belasten. Damit sind insbesondere Lärm und Gerüche gemeint. So sollte man für lautstarke Spiele die gängigen Ruhezeiten einhalten und sich an Sonn- und Feiertagen in Zurückhaltung üben. Wer die Nachbarn einbezieht, hat bessere Chancen, dass diese mal ein Auge zudrücken.
SPIELZONE IM GARTEN
Sei es im eigenen Garten, vor dem Haus oder auf einem gemeinschaftlich genutzten Platz, draussen gibt es meist viele Möglichkeiten für sportliche Spiele. Je öffentlicher der Raum, umso mehr potenzielle Mitspielerinnen und Mitspieler können (spontan) dazustossen. Das erhöht nicht nur den Spassfaktor, sondern sorgt auch für mehr Zusammenhalt in der Nachbarschaft. Viele Siedlungen mit Einfamilienhäusern oder Stockwerkeigentum verfügen über gemeinschaftlich genutzten Aussenraum, häufig mit einem Spielplatz. Zeit, mit den Nachbarn über eine Erweiterung der Spielzone zu sprechen! In Frage kommen zum Beispiel ein Pingpongtisch – bei wenig Platz kann es auch ein mobiles Modell sein, das sich zusammengeklappt verstauen lässt – oder ein kleines Basketballfeld.
Wichtig ist immer, dass alle einverstanden sind, besonders aber die «Direktbetroffenen». Kaum jemand hat Freude, wenn jeden Sonntag ein Riesengaudi vor dem eigenen Garten oder unter dem Wohnzimmerfenster stattfindet. Rücksicht nehmen muss man, je nach Situation, auch im eigenen Garten oder Vorgarten. Denn des einen Freud, zum Beispiel ein grosses Trampolin, ist manchmal des andern Leid.
DIE EXPERTIN
Patricia Steinmann*
«MIT EINEM EIGENEN GARTEN IST DAS SPORTPARADIES QUASI VOR DER TÜR»
Wie lässt sich mit Familie oder Freunden zuhause spielerisch Sport treiben?
Das eigene Zuhause bietet sehr viele Möglichkeiten, um im Familien- oder Freundeskreis Sport zu treiben. So können insbesondere auch Alltagsgegenstände als Sportgeräte genutzt werden. Mit Kindern bieten sich auch herausfordernde Challenges an – wer misst sich denn schon nicht gern mit seinen Eltern? Wichtig ist dabei stets, dass auf gefährliche Ecken und Kanten achtgegeben wird, damit sich niemand verletzt.
Und wer über einen Garten oder Vorplatz verfügt, hat das Sport-Paradies quasi vor der Tür; ob ein eigener Veloparcours, Tischtennis auf dem Gartentisch oder ein Boccia im Rasen – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Wie kann man sportfaule Teenager motivieren?
Das soziale Umfeld sowie ein positives Gefühl beim Sporttreiben haben einen grossen Einfluss auf die Bewegungsmotivation von Teenagern. Damit Jugendliche motiviert sind, sich zu bewegen, sollten ihnen die Aktivitäten wichtig und für sie interessant sein. Das soziale Umfeld sollte darauf achten, dass die drei Grundbedürfnisse nach Kompetenz (d.h. das Verlangen, sich als kompetent zu erleben), Autonomie (kann gewisse Dinge mitbestimmen) und Zugehörigkeit (fühlt sich in einer Gruppe akzeptiert und hat Gelegenheit, sich mit anderen auszutauschen) befriedigt sind. Dann sind Jugendliche auch motiviert.
Wie kann ich im Garten oder zuhause ganz nebenbei mein eigenes Bewegungspensum erhöhen?
Mit einfachen Veränderungen von Alltagsgewohnheiten erreichen Sie bereits viel; nutzen Sie die Treppe anstatt den Lift, giessen Sie mit der Spritzkanne anstatt mit dem Wasserschlauch oder gehen Sie mit dem Fahrrad oder zu Fuss in den Quartierladen und wieder zurück. Wer etwas aktiver sein will, plant kleine Zeitfenster ein, etwa für einen Spaziergang, eine kurze Yogasequenz oder ein paar Kräftigungsübungen. Oder versuchen Sie doch mal im Ein-Beinstand beidseitig die Zähne zu putzen und so auf einfachste Weise Ihre Bein- und Rumpfmuskulatur zu stärken.
*Patricia Steinmann ist Dozentin für Sportdidaktik an der Eidgenössischen Hochschule für Sport in Magglingen (EHSM), mit Schwerpunktthema Bewegung und Sport(unterricht) im Kindesalter.
VARIANTE 1: RASEN
Ideale Voraussetzung für eine Outdoor-Spielfläche ist ein kurz geschnittener, ebener Rasen. Der absolute Spieleklassiker für Familien ist Krocket: Bei diesem Spiel müssen farblich unterschiedliche Bälle mit Schlägern in einer bestimmten Reihenfolge durch die Tore gestossen werden. Auch Boccia lässt sich auf einem Rasen gut spielen. Seit einigen Jahren ist zudem Kubb im Trend, ebenfalls ein Geschicklichkeitsspiel für den Rasen. Auf dem grünen, weichen Untergrund lässt sich auch prima Federball und – bei genügend Platz – Volleyball spielen. Am besten barfuss. Allzu wilde Stop-and-Go-Spiele mit Turnschuhen sollten dem schönen Rasen zuliebe auf andere Flächen verlegt werden.
DRAUSSEN: IDEEN FÜR SPORTLICHE SPIELE
- Basketball
- Federball / Badminton
- Volleyball
- Ball werfen
- Frisbee
- Spikeball
- Unihockey
- Kubb
- Krocket
- Boccia
- Gummitwist
- Hüpfsack-Rennen
- Springseil / Rope Skipping
- Tischtennis / Pingpong
- Jazzminton
- Trampolin
- Slackline
VARIANTE 2: KIES ODER ASPHALT
Kies- oder Asphaltflächen eignen sich für Spiele, für die es einen Hartboden braucht, zum Beispiel Basketball und Unihockey. Aber auch Seilspringen und Gummitwist funktionieren gut auf bebautem Grund. Feiner Kies bietet sich für Boule bzw. Petanque an – vielleicht lässt sich für ein Spiel das Auto woanders parkieren. Ein «richtiger» Pétanque-Platz sollte zwar 12 mal 3 Meter gross sein – doch gerade mit Kindern muss das Spielfeld nicht immer Standardgrösse haben. Hauptsache, es macht Spass. Auch ein Pingpongtisch steht idealerweise auf Kies; das Material bremst verirrte «Bölleli» am besten.
Eher ruhig oder wild? Wurfspiele gibt es in vielen Variationen – Spass machen sie alle.
SPIELZONE IM HAUS
Kalt, Unwetter, windig? Auch in den eigenen vier Wänden lässt sich spielerisch Sport treiben. Bei viel Platz kann ein eigener Sport- und Spielraum, eventuell mit Bodenmatten, eingerichtet werden. Es muss ja nicht gleich ein Billardtisch sein, der einen Raum von mindestens 4 mal 5 Metern benötigt, bereits eine Dartscheibe sorgt für mehr Abwechslung im Bewegungsprogramm. Dank Streaming lassen sich Tanzschritte gemeinsam vor dem TV-Screen einüben. Bewegungsintensive Gesellschafts- und Rätselspiele wie «Twister» oder Pantomime sorgen nicht nur für Bewegung, sondern vor allem für viel Gelächter.
DRINNEN: IDEEN FÜR SPORTLICHE SPIELE
- Tanzen
- Twist
- Dart
- Töggelikasten
- Billardtisch
- Indoor-Trampolin
- Hula-Hoop-Reifen
- Wurfspiele
- Luftgitarren-Contest
- VR-Brille oder Spielkonsole
INFO
WELCHE SPORTARTIKEL SIND IM TREND?
Der «Tagesanzeiger» liess sich vom grössten Schweizer Onlinehändler Galaxus Zahlen zu den Sportartikeln liefern, die im «Corona-Jahr» zwischen März 2020 und Februar 2021 gekauft wurden. Am meisten zugelegt hat der Verkauf von Skimasken und Halsschläuchen, nämlich fast 11x mehr als im Vorjahr, dicht gefolgt von Skibrillenzubehör. Die Nachfrage stieg auch bei E-Bikes, Kettlebells (Kugelhanteln), Basketbällen, Hantelscheiben, Laufbändern und Springseilen (jeweils über 400% Steigerung).
Quelle: Tagesanzeiger vom 7.4.2021
FIT MIT SPIELKONSOLE ODER VR-BRILLE
Jahrelang war die Nintendo Wii die führende Spielkonsole für Indoor-Sport. Doch werden klassische Spielkonsolen immer mehr von VR-Brillen abgelöst. Das Training fällt in einer dreidimensionalen Umgebung naturgemäss viel leichter und man bewegt sich au tomatisch mehr. Dabei muss es gar nicht so schweisstreibend sein wie zum Beispiel im Workout-Spiel «FitXR». Beim VR-Klassiker «Beat Saber» etwa muss man Würfel, die auf einem zufliegen, zerschneiden – das macht nicht nur Spass, sondern fordert auch Körper und Geist. Und auch in den meisten anderen VR-Games ist die Spielerin oder der Spieler ständig in Bewegung. Für das Gruppenerlebnis gibt es übrigens Multiplayer-Games, die man online mit Freunden spielen kann.
WEITERFÜHRENDE LINKS
Hier finden Sie weitere Infos:
Ideen für spielerische Sport-Formen zuhause (BASPO): www.mobilesport.ch
Alltagsgegenstände als Sportgeräte (BASPO): bit.ly/32jwj3v
Kinderspiele für draussen: www.hellofamily.ch/de/freizeit/spielen/kinderspiele-fuer-draussen.html
Bewegungsempfehlungen für jedes Alter: www.hepa.ch