Foto: Künstler: Giuseppe Beddru (Foto: Kunstwarenhaus))

Kunst zuhause

Kunst wertet das Eigenheim auf. Wie werden die Kunstwerke am besten inszeniert? Und wo ist gute Kunst erhältlich?

Text — Tanja Seufert


Die Steinskulptur im Garten, die antike Standuhr im Wohnzimmer und die moderne Lithografie im Esszimmer: Kunst hat viele Gesichter. Sie kann figürlich sein, eine Skulptur oder Installation. Sie kann ein Bild sein, ein Foto oder gemalt. Sie kann uralt sein – oder hypermodern. Eines haben alle Kunstwerke gemeinsam: Sie sind nicht billig. Wer ein (vermeintliches) Schnäppchen kauft, wird meist über den Tisch gezogen. Und bezahlt dann viel zu viel für Ramsch. Kunstexperte Oliver Class nennt solche Schnäppchenjäger «betrogene Betrüger» (siehe Interview).

Foto: Künstler: Reto Seufert
Foto: Kunstmieten.ch

Geschickt arrangiert, erzeugen Kunstwerke Spannung und werten die eigenen vier Wände auf.

SPONTANKÄUFE

Oft passieren teure Fehlkäufe während der Ferien: Die Stimmung ist gelöst und auch das Portemonnaie sitzt lockerer als sonst. Und schon kauft man beim Strassenhändler ein vermeintlich einzigartiges Ölgemälde made in China. Auch Online-Käufe sollten wohl überlegt sein. Zwar kann der Händler durchaus seriös sein, doch die Wirkung eines Kunstwerks lässt sich am Bildschirm nicht abschätzen. Vor einem Kauf sieht man sich die Sache am besten live und bei Tageslicht an.

INFO

HIER GIBT ES KUNSTWERKE ZU KAUFEN

  • GALERIEN: Kunsthändler gibt es in jeder Stadt. Galerien sind in der Regel spezialisiert (z. B. auf zeitgenössische Schweizer Kunst). An Vernissagen oder Meet-the- Artist-Events können die Kunstschaffenden oft persönlich kennengelernt werden.
     
  • AUKTIONSHÄUSER: In allen grösseren Städten gibt es Auktionshäuser. Sie versteigern Kunstobjekte an bestimmten Daten. Im Online-Katalog sowie an der Ausstellung lassen sich die Werke vorab besichtigen.
     
  • MESSEN UND EVENTS: Eine schöne Gelegenheit, neue Kunstwerke kennenzulernen, sind Kunstmessen wie zum Beispiel die Kunst Zürich vom 29. Oktober bis 1. November 2020 (www.kunstzuerich.ch). Bezahlbare Kunst von Newcomern gibt es z.B. auf dem «Art Talents Kunstmarkt», dieses Jahr am 18. Oktober 2020 in Zürich (www.arttalents.ch).
     
  • ATELIERS UND PRIVATE: Es ist meist günstiger, von lokalen Kunstschaffenden direkt zu kaufen. Dafür ist der tatsächliche Wert eines Werks schwierig einzuschätzen. Bei grösseren privaten Kunstverkäufen sollte man Vorsicht walten lassen.
     
  • ONLINE: Wer Kunst online kaufen möchte, sollte auf gute Konditionen achten (z.B. kostenlose Retoure) und nur bei gut bewerteten Shops bestellen. Vor allem bei grösseren Beträgen sollte man das Werk vorab im Showroom besichtigen.


KUNST AUS DER NACHBARSCHAFT

Doch muss Kunst nicht teuer sein – lokale Künstlerinnen und Künstler zum Beispiel verlangen ganz andere Preise als solche, die ihre Werke über eine Galerie am Zürcher Paradeplatz veräussern. Wer einfach ein schönes Original an die Wand hängen möchte, sollte sich deshalb in kleineren Galerien oder bei lokalen Kunstschaffenden umsehen. Hier sind Werke ab einigen Hundert Franken erhältlich. Viele Gemeinden führen zudem kostenlose Ausstellungen mit Werken lokaler Künstlerinnen und Künstler durch. Soll das Kunstwerk von einem bekannteren Namen stammen, bieten sich nebst Galerien Auktionshäuser an. Diese sind in der ganzen Schweiz zu finden (siehe Infobox oben). Für teurere Kunstwerke sollten Verkäufer ein Echtheitszertifikat respektive Gutachten vorweisen können. Ob kleine Galerie oder Auktionshaus, Atelier oder private Ausstellung: Hauptsache, der Anbieter ist seriös und kompetent.

 

KUNST, DIE LANGFRISTIG GEFÄLLT

Bei so grosser Vielfalt ist es nicht einfach, ein Kunstwerk zu finden, das wirklich gefällt und gleichzeitig bezahlbar ist. Und eines, das auch in zehn Jahren noch Freude bereitet. Wer hinsichtlich Interieur der wechselhafte Typ ist, sollte sich die Anschaffung eines wertvollen Kunstwerks besonders gut überlegen. Denn der (rentable) Weiterverkauf ist in der Kunstbranche eine Wissenschaft für sich und lässt sich nur schwierig abschätzen. Deshalb lohnt es sich für Laien kaum, Kunst als Wertanlage oder gar Renditeobjekt zu kaufen.

INTERVIEW MIT

Dr. Oliver Class,
Kunstexperte bei der Allianz

«TEURE KUNST AM BESTEN SPEZIELL VERSICHERN»

HAUSmagazin: Wie kann ich sicher ein, dass ich ein Original-Kunstwerk kaufe?
OLIVER CLASS: Insbesondere bei höherem Wert sollte man Kunstwerke bei seriösen, erfahrenen Galeristen kaufen. Eine Übersicht erhält man zum Beispiel beim Verband Schweizer Galerien. Eine andere Variante sind Auktionshäuser, davon gibt es in der Schweiz sehr viele. Was immer schwierig ist, sind Schnäppchen. Wenn Kunst viel billiger ist, als man annehmen könnte, ist das ein Warnsignal. Ich sage immer: ein teures Kunstwerk muss aus gutem Haus stammen und sich ausweisen können, also über eine Echtheitsbestätigung verfügen. Dies ist auch wichtig, damit das Werk wiederverkäuflich ist.

Direkt beim Künstler, bei der Künstlerin kaufen – eine gute Idee?
Die meisten Kunstschaffenden verkaufen ihre Werke über eine Galerie, die auch die Vermarktung übernimmt. Lokale Künstlerinnen und Künstler verkaufen hingegen häufig direkt. Bei privaten Ateliers kauft man ein Werk, weil es einem persönlich gefällt, und dies zu einem moderaten Preis. Da kann man nicht viel falsch machen.

Braucht ein Kunstwerk eine spezielle Versicherung?
Das kommt auf seine emotionale und kunsthistorische Bedeutung an. Nehmen wir als Beispiel eine 250 Jahre alte Pendule aus Neuchâtel mit einem Wert von 25'000 Franken: Hier sollte man sich eine spezielle Kunstversicherung überlegen, die alle Risiken versichert. Zum Beispiel auch, wenn die Uhr umfällt. Der grosse Vorteil einer Kunstversicherung ist es, dass man einen Wert vorab vereinbart. Dabei erstellen Kunstverständige der Versicherung ein Inventar mit dem geschätzten Wert der Objekte. Dies vereinfacht die Schadenabwicklung wesentlich, denn bei der konventionellen Hausratsversicherung muss der Kunde den Wert des Verlustes beweisen.

Wie lassen sich Kunstwerke vor Diebstahl schützen?
Wertvolle Skulpturen rund ums Haus sollten, falls man sie vom Gewicht her einfach wegtragen könnte, unbedingt im Boden verankert werden. Das ist bei schweren Skulpturen nicht nötig, da ein Diebstahl mit Kran doch etwas auffällig wäre. Wichtig ist es, dass das Material für den Aussenbereich geeignet ist. Im Innenbereich interessiert sich der normale Einbrecher nicht für Kunst. Wenn er ein wertvolles Werk mitnimmt, dann eher zufällig. Etwas anderes sind auf Kunst spezialisierte Diebe, die gezielt grössere Sammlungen angehen. Hier sollte man sich punkto Einbruchschutz beraten lassen.


WELCHES KUNSTWERK PASST?

Kunst ist wie eine knisternde Begegnung mit einem Menschen. Ein Werk, das zu einem passt, erzeugt Resonanz. Passiert das nicht, so spricht ein Kunstwerk vielleicht den Verstand an («würde gut zum Sofa passen»), aber nicht das Herz («ich liebe es!»). Das Bauchgefühl ist bei Kunst ein guter Ratgeber, wenn das Werk über viele Jahre Freude bereiten soll. Unschlüssige können Kunstwerke bei manchen Galerien oder Ateliers auch mieten statt kaufen. Die Werke lassen sich in der Regel vergünstigt erwerben, wenn man sich doch für einen Kauf entscheidet. Manche Galerien bieten auch eine «Probezeit» für Kunstwerke an. So hat man Zeit, das Werk vor dem definitiven Kaufentscheid auf sich wirken zu lassen.

Foto: Künstlerin: Silvia Strobos (Foto via ART INTERNATIONAL ZURICH)
Foto: Künstler: Marco Picci
Foto: Künstler: Donegel' Chong (Foto via ART INTERNATIONAL ZURICH)


VISUALISIERUNGEN HELFEN

Bilder aufzuhängen, ist hohe Kunst – nicht unbedingt wegen der geeigneten Befestigung (siehe Tipp). Wo passt ein Bild welcher Grösse hin? Und wie arrangiert man eine Gruppe von Bildern? Hier kann die Galeristin, der Galerist weiterhelfen – mit einer Beratung vor Ort und/oder einer Visualisierung. Für letztere nutzen Galerien eine Bildbearbeitungs- oder Augmented-Reality-Software, mit der sich Bilder in den Wohnräumen virtuell platzieren lassen.

 

KUNST IN SZENE SETZEN

Kunstwerke sollten einen neutralen Hintergrund haben, der ihnen nicht die Show stiehlt. Am besten wirkt eine weisse oder eine dunkelgraue bis anthrazitfarbene Wand. Ein dunkler Hintergrund lässt Farben förmlich strahlen. Weniger geeignet sind farbige und gemusterte Hintergründe, die vom Kunstwerk ablenken. Bilder und andere Kunstwerke mit Spots zu beleuchten, verleiht dem Raum zusätzlich Galerie-Charakter.

 

OUTDOOR-KUNST

Auch im Garten oder vor dem Hauseingang machen sich Kunstwerke gut. Das Material muss unbedingt outdoortauglich sein, also Regen, Sonne und Frost trotzen. Dafür eignen sich zum Beispiel Werke aus Naturstein, Edelstahl oder Eisen mit Edelrost. Eine Patina ist bei manchen Materialien wie Kupfer erwünscht. Wertvollere Skulpturen sollten unter Umständen im Boden verankert werden (siehe Interview).

Foto: Künstler: TA’AROA
Foto: Künstler: Jozek Nowak (Foto via ART INTERNATIONAL ZURICH)

Nicht nur Bilder sind Kunstwerke - auch Skulpturen und Installationen für drinnen und draussen bringen Kultur nach Hause.