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Nebenkosten beim Hauseigentum

Für Hauseigentümer sind Nebenkosten alles andere als nebensächlich. Das fängt schon beim Kauf an - ist das Objekt gut im Schuss und gut ausgestattet, wird der Eigentümer die Kosten im Griff haben. Doch de facto kommen die Nebenkosten für Betrieb, Energie und Unterhalt oft teurer zu stehen, als viele Leute glauben wollen.

Text — Jürg Zulliger

 

Was kostet ein Haus? Spontan würde die grosse Mehrheit antworten, dass die Frage aufgrund des bezahlten Kaufpreises oder der abgerechneten Baukosten (nach dem üblichen Baukostenplan BKP) rasch beantwortet ist. Wer selbst baut, muss meist noch den Betrag für Landerwerb und unter Umständen sogar noch für die Erschliessung des Grundstücks einkalkulieren. Doch mit welchen Kosten der Besitz eines Eigenheims sonst noch verbunden ist - eben für die laufenden Ausgaben und Nebenkosten - ist meist die grosse Unbekannte. Sogar Praktiker und Finanzierungsberater rechnen in diesem Zusammenhang sehr konservativ. In der entsprechenden Tragbarkeitsrechnung finden sich oft sehr tiefe Prozentwerte, etwa 0,5 oder 0,75 Prozent des Gebäudeversicherungswertes.

 

NEBENKOSTEN: EINE LANGE LISTE

Die Banken setzen bei ihrer Rechnung standardmässig ein Prozent des Kaufpreises oder der Baukosten ein. Es ist ganz klar nicht die Aufgabe der Bank respektive des Finanzierungspartners, das Objekt genauer unter die Lupe zu nehmen. So sind die Budgets und Annahmen allzu oft sehr vage und nicht auf das konkrete Objekt abgestimmt. Kommt dazu, dass der Gebäudewert und der Landwert eigentlich genauer auseinander zu dividieren wären. Wenn man nebst den laufenden Kosten für die Versorgung und den Betrieb auch die Alterung der verschiedenen Gebäudeteile mitberücksichtigt, sind noch weitere Kostenblöcke zu addieren. Klar stimmt zumindest kurzfristig die Überlegung, dass zum Beispiel die Fenster, die Fassade, der Boiler oder die Heizung über viele Jahre ihre Funktion erfüllen – dem Anschein nach ohne Kostenfolgen. Wer allerdings korrekt rechnet, muss quasi die erwartete Lebensdauer auf die einzelnen Jahre umlegen. Etwas vereinfacht gesagt, kommt man zum Schluss, dass wohl die meisten Elemente und Installationen eines Hauses innerhalb von 50 Jahren auf null abzuschreiben sind. Daraus ergibt sich ein Betrag von zwei Prozent des Gebäudewertes, der kalkulatorisch zu berücksichtigen ist.

CHECKLISTE

BUDGETPLANUNG

Für das Budget eines Hauseigentümers sind in aller Regel folgende Finanzierungs- und Nebenkosten einzurechnen:

  • Bankzinsen und Amortisationen im Zusammenhang mit der Hypothek
  • Steuern und Abgaben (Kanton, Gemeinde, Bund), teils spezielle Liegenschaftssteuern, Eigenmietwert etc.
  • Heizung und Warmwasser (je nach Energieträger und Zustand des Gebäudes sehr unterschiedlich)
  • Meist auch Garten und Umgebung, Strassenreinigung, Schneeräumung etc.
  • Gebäudeversicherungen (obligatorische und/oder private Gebäudeversicherung, zusätzlich Glas- oder Gebäudewasserversicherung etc.)
  • Weitere Versicherungen wie Hausrat oder Erdbebenversicherung
  • Öffentliche Abgaben für Wasser, Entsorgung, Kanalisation, Kehricht, Grünabfuhr etc. (je nach Gemeinde höchst unterschiedlich, verbrauchsabhängig und/oder Grundgebühren etc.)
  • Bezug von Strom
  • Serviceabonnemente sowie Service allgemein für technische Geräte wie Waschmaschine, Heizung, Tumbler, Lüftung etc.
  • TV-, Internet- und weitere Anschlüsse für Kommunikation und Unterhaltung
  • Verwaltung, Hauswartung und Betrieb (Selbstkosten der Eigentümer, wird bei Privaten oft nicht in dem Sinne als Kosten erfasst)


ZAHLEN AUS DER PRAXIS IM BETRIEB

Das Zürcher Beratungs- und Ingenieurunternehmen Baser & Hofmann hat dazu sehr langfristige Daten aus dem Betrieb und Unterhalt von Gebäuden ausgewertet. Offensichtlich kommt es noch stark darauf an, ob es sich um Büro- und Geschäftshäuser, um Spitäler oder Schulhäuser handelt. Ein Wohnhaus respektive ein übliches Einfamilienhaus wird sich wohl als etwas «pflegeleichter» erweisen, werden wohl viele Hauseigentümer vermuten. Zu Recht? Die Studien von Basler & Hofmann führen zu einem anderen Ergebnis: Für Wohnhäuser gilt, dass der gesamte Aufwand für den laufenden Unterhalt, Erneuerung, Service etc. nach etwa 40 bis 45 Jahren gleich viel kostet wie die Erstellung des Gebäudes. Diese Statistik beruht auf der Annahme, dass der Unterhalt laufend wahrgenommen und nicht vernachlässigt wird. Basler & Hofmann addieren dabei die periodischen Ausgaben für laufende Instandhaltung (z.Bsp. Service für Geräte oder Reinigung durch den Dachdecker) sowie Instandsetzung (z. Bsp. Ersatz defekter Geräte durch gleichwertige). Für langfristig denkende Eigentümer ist damit eine klare Botschaft verbunden: In der Gesamtbilanz hat die Optimierung dieser Kostenblöcke sehr viel mehr Gewicht als Sparbemühungen zum Zeitpunkt der Planung und Erstellung des Hauses

 

DER EXPERTE

Simon Geisshüsler*,
Experte suissetec

«HEIZUNG UND WARMWASSER MACHEN DEN LÖWENANTEIL AUS»


Herr Geisshüsler, welches ist der gewichtigste Faktor bei den Nebenkosten eines Wohnhauses?
Die Ausgaben für Heizung und Warmwasser machen in den meisten Fällen den Löwenanteil der gesamten Nebenkosten aus. Wie hoch sie tatsächlich liegen, hängt stark von der Qualität der Gebäudetechnik und der Gebäudehülle ab.

Neue Gebäude sind mit immer mehr Technik ausgestattet, etwa für Verkabelungen, Lüftungen, Steuerungen, Gebäudeautomation, Aufzüge, PV-Anlagen etc. Treibt dies die Kosten für Service und Unterhalt in die Höhe?
Nein. Dank moderner Gebäudetechnik und guter Gebäudehülle werden die Kosten stetig sinken. Vor allem gehen die Kosten für Wärmeerzeugung deutlich zurück. Andererseits dienen Photovoltaikanlagen der Stromerzeugung - sei dies für den Eigengebrauch, oder sei dies für den Verkauf. Oder plakativ gesagt: Moderne, gut gedämmte Gebäude und effiziente Gebäudetechnik reduzieren den Heizbedarf. Damit lassen sich die Nebenkosten markant senken, weil eben die Wärmeerzeugung einen wesentlichen Anteil hat. Die Einsparungen beim Heizen machen übrigens einen allfälligen Mehraufwand für Unterhalt und Service der zunehmenden Technisierung mehr als wett. Konkrete Zahlen aus der Praxis bestätigen dies: So beobachten wir zum Beispiel bei älteren Jugendstilhäusern sehr hohe Nebenkosten im Zusammenhang mit der Heizung. Topmoderne Wohnhäuser schneiden hingegen klar am besten ab.

Macht es sich bezahlt, für die Heizung und weitere Geräte und Installationen Wartungs- und Serviceverträge abzuschliessen?
Ja, suissetec empfiehlt, Wartungsverträge für Gebäudetechnikanlagen abzuschliessen. Dies trägt wesentlich dazu bei, die Heizkosten und Ausfallrisiken zu senken. Erfahrungsgemäss steigert die Wartung auch den Komfort und die Behaglichkeit.

Ist ein regelmässiger Check von neuralgischen Teilen sinnvoll?
Regelmässige Inspektionen durch einen Fachmann sind sehr empfehlenswert - genauso wie bei Autos ein regelmässiger Service und eine Inspektion üblich sind. So werden allfällige Probleme frühzeitig erkannt, etwa an der Gebäudetechnik, an den Installationen oder am Dach. Dies senkt Ausfallrisiken, verlängert die Lebensdauer und verschafft dem Eigentümer mehr Zeit und mehr Spielraum für seine Planung und die Finanzierung.

*Leiter Technik und Betriebswirtschaft beim Branchenverband suissetec


DEN UNTERHALT PLANEN

Mit einer klugen Planung und Strategie können Hauseigentümer Gegensteuer geben. Das fängt im Kleinen an, etwa indem neuralgische Bauteile wie Heizung, Fassade oder Dach einer periodischen Prüfung unterzogen werden. Auf dem Dach sind zum Beispiel Ziegel, Fugen, Bleche und Deck- und Abdichtungsstoffe durch Temperaturschwankungen, Nässe, Schnee und Wind enormen Belastungen ausgesetzt. Je früher gewisse Mängel erkannt werden, umso eher lassen sich böse Überraschungen vermeiden. Schon mit der Auslegung und Konstruktion des Gebäudes ist sicherzustellen, dass besonders anfällige Bauteile oder solche mit eher kürzerer Lebensdauer gut zugänglich und auch einzeln ersetzbar sind – ohne dass wegen eines an sich kleineren Problems gleich eine Gesamtsanierung ins Haus steht. Schliesslich stehen Hauseigentümer und je nach dem ihre Baupartner oder die eingesetzte Verwaltung in der Pflicht, eine Mehrjahresplanung zu erstellen und verschiedene Erneuerungszyklen richtig zu etappieren. Die Kosten fallen eines Tages so oder so an. Denn der Zahn der Zeit nagt unweigerlich an jeder Immobilie.

 

DER EXPERTE

Othmar Helbling*,
Bauherrenberater

«ÜBER EINEN HORIZONT VON 10 BIS 15 JAHREN PLANEN»


Herr Hebling, werden Nebenkosten tendenziell unterschätzt?
Ja, dies ist mein Eindruck. Viele Leute sind sich nicht bewusst, dass selbst bei einem Neubau die Fassade, der Boiler oder die Heizung vom ersten Tag altern. Für meine eigene «Buchhaltung» müsste ich daher laufend gewisse Rücklagen bilden. Wenn eines Tages grössere Posten fällig sind für Reparaturen, Unterhalt, Erneuerung etc. könnte es knapp werden. Es ist für einen Einzelnen nicht selbstverständlich,
später ohne weiteres eine umfassende Erneuerung inklusive Heizungsersatz stemmen zu können.

Weshalb?
In der Praxis mache ich die Beobachtung, dass Hauskäufer finanziell bis ans Limit gehen. Irgendwelche Überraschungen beim Unterhalt, den Nebenkosten oder eben schon nur die Bildung gewisser Rücklagen sind dann kaum möglich. Kommt dazu, dass bei relativ hoher Belehnung mit Bankkrediten auch eine Aufstockung der Hypothek oft nicht umsetzbar ist.

Kennen Sie aus der Praxis weitere Fälle – etwa zu rosige Einschätzungen beim Kauf bestehender Liegenschaften?
Für Laien ist es tatsächlich sehr schwierig, einem Gebäude von aussen anzusehen, was als Nächstes an
Unterhalt oder Nebenkosten auf sie zukommen könnte. Neulich war ich als Berater bei einem etwas abgelegenen Haus: Die Kanalisation, die zum Gebäude führt, weist eine Länge von über 300 Metern auf. Und sie ist schon 50 Jahre alt. Da weiss ich ohne weitere Abklärung: Die Sanierung ist bald fällig und könnte sehr kostspielig werden. Der Eigentümer sollte solche Kosten immer im Auge haben. Kann sein, dass es nur mit einer kleinen Massnahme am Dach oder an einem Dachfenster anfängt – plötzlich kommen auf den Eigentümer Kostenbeiträge gleich für mehrere Werkleitungen und Anschlüsse
zusammen (vom Energieversorger, Wasser, Kanalisation etc.).

Was wäre Ihr Tipp zur Optimierung?
Da grundsätzlich die Kosten über die ganze Nutzungsdauer zu berücksichtigen sind, wären höherwertige Bauteile schon bei der Erstellung ein viel versprechender Ansatz. Bei den Fenstern, bei Dach und Fassade macht sich dies immer bezahlt. Viel Wert ist es auch, immer für eine Periode der nächsten 10 bis 15 Jahre zu planen – abgestützt auf die Lebensdauer und den Zustand des Gebäudes.

*Bauherrenberatern bei hbq Bauberatung in Rapperswil SG