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Training zuhause

Um fit zu werden, braucht es nicht unbedingt ein Fitnessstudio. Mit dem eigenen Körpergewicht zu trainieren, ist genauso effizient.

Text — Tanja Seufert

 

KEINE LUST AUF HANTELN?

Zurück zu den Wurzeln: Immer mehr Menschen besinnen sich aufs Wesentliche – eine Reaktion auf die Überfluss- und Wegwerfgesellschaft. Diese Bewegung hat längst auch den Sport erfasst. Schliesslich trainieren Menschen seit Jahrtausenden ohne Hanteln und Ergometer, und das überaus erfolgreich. «Das modernste Fitnessgerät, das jemals entwickelt wurde, ist der eigene Körper», sagt der ehemalige militärische Ausbilder Mark Lauren (siehe Buchtipp). Das freut all jene, die nicht gerne ins Fitnesscenter gehen und zuhause keinen Platz für einen Trainingsraum haben. Denn wer mit dem eigenen Körpergewicht trainiert, braucht nichts dergleichen. «Bodyweight-Training» heisst das Zauberwort. «Theoretisch sind alle Muskelgruppen ohne Geräte trainierbar», sagt auch Personal Trainerin Daniela Heim. Wer es einfach mag, kann sich an fünf Grundübungen halten: Liegestütze, Kniebeugen, Ausfallschritt, Rumpfbeugen (Sit-Ups) und Brett (Plank). Wichtig ist, dem Körper immer wieder neue Reize zu geben. Die Übungen sollte man also öfters mal abwandeln. So wird die Liegestütze zum Beispiel anstrengender, wenn die Füsse höhergelegt werden. Oder wenn man die Hände statt auf dem Boden auf Bällen abstützt.

TIPP

DER ELEKTRONISCHE COACH

Mit einer Fitness-App hat man das eigene Trainingsprogramm immer auf dem Smartphone dabei. Der elektronische Coach ersetzt zwar keine persönliche Betreuung, doch er bietet Struktur und motiviert. Die Übungen lassen sich ohne besondere Ausrüstung zuhause oder auch in den Ferien durchführen. Alles, was es braucht, ist das eigene Körpergewicht. Die meisten Apps sind gratis erhältlich; manche bieten ein kostenpflichtiges Abo mit personalisiertem Trainingsplan. Beliebte Apps sind zum Beispiel Freeletics, You are your own Gym oder 7-Minuten-Training. Ausserdem finden sich auf Youtube unzählige Tutorials – auch Yoga-, Pilates- und andere Spezial-Übungen.

 

Apropos Bälle – braucht es für Bodyweight-Training Hilfsmittel wie Bänder, Rollen und Co.? Nicht unbedingt. Profi Daniela Heim schätzt gewisse Helferlein zwar, doch sie rät: «Bevor Sie etwas kaufen, trainieren Sie einen Monat lang ohne Hilfsmittel. Wenn Sie danach immer noch motiviert sind und mehr erreichen wollen, finden Sie im Internet tausend Gadgets, die das Training erleichtern.» Daniela Heims persönlicher Favorit ist das gute alte Springseil. «Das fördert die Koordination und bringt den Puls schnell hoch.» Das Springseil sei perfekt zum Aufwärmen. Sinnvoll sei auch eine Matte, um bei Bodenübungen nicht auf dem harten Steinboden zu trainieren. «Als Hilfsmittel taugen gewöhnliche Dinge wie ein Stuhl, mit Sand gefüllte Petflaschen oder ein Mäuerchen.» Oder die Treppe im Haus: «Rennen Sie ganz schnell von unten nach oben. Oder nehmen Sie pro Schritt immer zwei oder sogar drei Stufen. Laufen Sie mal rückwärts rauf, das schult die Koordination. Seien Sie erfinderisch – erlaubt ist, was Spass macht.»

INFO

WELCHER FITNESSTRACKER PASST ZU MIR?

Mittlerweile gibt es unzählige Gadgets, welche zum Bewegen motivieren: vom einfachen Schrittzähler über Smart Watches bis zur Hightech-Sportuhr. Während letztere mehrere Hundert Franken kosten, sind so genannte Fitness bzw. Activity Tracker bereits ab 50 Franken zu haben. Sie werden meist mit einem Armband am Handgelenk getragen.

Je nach Modell messen sie zurückgelegte Kilometer und Höhenmeter, die Anzahl verbrauchter Kalorien, Puls und sogar Schlafdauer. Die Daten werden drahtlos in die passende App eingelesen. Und diese ist, neben dem eigentlichen Tracker, ein wichtiges Qualitätsmerkmal. Die App sollte übersichtlich und einfach zu bedienen sein – und den Nutzer motivieren. Darauf sollten Sie beim Kauf achten:

  • Welche Funktionen (GPS, Uhr, Pulsmessung, wasserdicht, ...) sind ein Muss, auf welche kann ich verzichten?
  • Kann ich individuelle Zielvorgaben eingeben (z.B. Anzahl Schritte)?
  • Wie gross darf der Fitness-Tracker sein?
  • Wie ist die Qualität des Armbandes? Ist es bequem, kann ich es gut an mein Handgelenk anpassen und bei Bedarf ersetzen?
  • Wie lange hält der Akku bzw. die Batterie?
  • Wie sieht die App aus? Deckt sie meine Bedürfnisse ab?


Im Internet finden sich viele Tests und Bewertungen. Es lohnt sich, die Modelle im Fachgeschäft anzuprobieren. Nicht zuletzt kann auch das eigene Smartphone als Activity Tracker dienen: Lauf-Apps wie Runtastic oder Sportractive etwa zeichnen via GPS die zurückgelegte Strecke und Höhenmeter auf und zeigen, mit welcher Geschwindigkeit man unterwegs war.

 

DIE LAUFSTRECKE VOR DER HAUSTÜR

Draussen an der frischen Luft ist Trainieren noch schöner. Ob Springseilen oder Yogaübungen, der eigene
Garten ist ein wunderbarer Trainingsraum. Und ein leicht unebener Untergrund wie eine Wiese fordert den Körper zusätzlich heraus. Viele Hausbesitzer haben das Privileg, im Grünen zu wohnen. Was liegt näher, als die Ausdauer mit Jogging zu trainieren? Doch gerade beim Laufen gilt: Aller Anfang ist schwer! «Viele meiner Kunden glauben, sie können nicht joggen», sagt Daniela Heim. «Entweder plagt sie Seitenstechen oder sie bekommen einen hochroten Kopf. Beim ersten Joggingtraining mit mir stellt sich meistens heraus, dass die Kunden viel zu hohe Ansprüche an sich selbst haben.» Denn: «Schnell eine Stunde rennen gehen» klappe nicht von heute auf morgen (siehe Infobox unten).

Trotzdem keine Lust auf Joggen? Auch Ausdauer lässt sich in den eigenen vier Wänden trainieren. Hier empfiehlt die Personal Trainerin das so genannte HIIT (Hochintensives Intervalltraining). «Damit bringen wir den Körper mit kleinen Intervallen immer wieder an die Grenzen. Diese Belastungs- und Erholungsintervalle können sehr gut zuhause durchgeführt werden. Wichtig bei dieser Methode ist, die Erholungsphase so kurz zu halten, dass sich der Organismus nicht vollständig erholen kann. Nur so werden die besten Trainingsreize gesetzt. Beispiel: 45 Sekunden Springseilen, 45 Sekunden Liegestütze, 45 Sekunden Sit-Ups, 20 Kniebeugen. Zwischen den Intervallen jeweils 15 Sekunden Pause. Das wiederholen Sie nun fünf Mal – und Sie werden merken, was ein HIIT ist.»

TIPP

EINSTIEG INS JOGGEN
— Von Daniela Heim

  • Gutes Schuhwerk ist das A und O für einen ökonomischen, gelenkschonenden Laufstil. Lassen Sie sich in einem guten Sportgeschäft beraten.
  • Fangen Sie gemütlich mit einer 10-Minuten-Runde an. Sobald Sie diese in einem Zug immer rennen können, verlängern Sie sie jedes Mal um 5 Minuten. Sie werden über Ihre Fortschritte staunen.
  • Starten Sie nicht zu schnell. Das Tempo kommt mit dem Training.
  • Treten Gelenkschmerzen auf, lassen sie Ihren Laufstil in einem guten Sportgeschäft oder von einem Personal Trainer überprüfen. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.


RICHTIG STARTEN

Für zuhause gibt es unzählige Fitness-Programme in Form von Büchern, Apps und Videos (siehe Infobox). Was eignet sich für wen – und sollte man überhaupt ohne Instruktion anfangen? «Wichtig ist, dass Sie zuerst lernen, die Übungen technisch richtig auszuführen. Trainieren Sie nicht bis zum Schmerz. Falls Sie am nächsten Tag Rückenschmerzen haben, kann es sein, dass Sie den Bauch nicht genug stabilisiert haben», sagt die Personal Trainerin. Grundsätzlich aber gilt: «Übungen mit dem eigenen Körpergewicht sind eher unproblematisch. Sobald Sie jedoch mit Gewichten arbeiten, sollten Sie ein spezielles Augenmerk auf Ihre Körperhaltung haben oder einen Profi bitten, sich Ihre Technik mal anzusehen.»

Training zuhause und kurze Trainingseinheiten – eigentlich könnte man meinen, der innere Schweinehund
habe dagegen nichts einzuwenden. Fehlanzeige. Denn jedes anstrengende Training ruft ihn auf den Plan. Und der Nachteil am Home-Training ist, dass das Sofa nur ein paar Meter entfernt steht ... Wie kann man sich motivieren? «Tragen Sie Ihre Fitnesseinheiten in die Agenda ein und buchen Sie keine anderen Termine darüber. Ihr Training hat erste Priorität! Seien Sie sich selber wichtig und halten Sie Ihr Ziel vor Augen», sagt die Personal Trainerin. « Kleben Sie überall in der Wohnung Post-it-Zettel mit Ihrem Ziel hin. So sind Sie immer wieder fokussiert und wissen, warum es sich lohnt zu trainieren.»

 

BÜCHER ZUM THEMA

  • 125 ÜBUNGEN MIT DEM EIGENEN KÖRPERGEWICHT: Mark Lauren / Joshua Clark – Fit ohne Geräte – riva Verlag
  • DIE WISSENSCHAFT DES MUSKELAUFBAUS: Marco Toigo – MuskelRevolution – Springer Spektrum