Der Weg zur Baubewilligung
Wer ein Baugesuch einreicht, muss die Spielregeln genau kennen. Ansonsten droht der administrative Aufwand auszuufern. Das sollten Sie wissen.
Text — Raphael Hegglin
Basierend auf diesem Bundesgesetz, haben Kantone und Gemeinde die Bestimmungen verfeinert und verschärft. So unterscheidet sich von Kanton zu Kanton, was bewilligungsfähig ist und was nicht. Das den Amtsstuben entsprungene Wort «bewilligungsfähig» bringt die Sache übrigens auf den Punkt: Die meisten Bauprojekte sind eben nicht erlaubt, sondern können – vorausgesetzt, sie sind gesetzeskonform – bewilligt werden.
IN DER EINEN GEMEINDE ERLAUBT, IN DER ANDEREN VERBOTEN
Es gibt nur wenige Bauten, für die kein Baugesuch erforderlich ist. Und selbst wenn etwas erlaubt ist, so unterscheidet sich dies von Kanton zu Kanton und von Gemeinde zu Gemeinde.
Bekanntes Beispiel ist das Gartenhäuschen. Für das ist im Kanton Glarus zum Beispiel bis zu einer Grundfläche von 10 m2 (und einer maximalen Höhe von 2 m) keine Bewilligung erforderlich, während im Kanton Aargau Gartenhäuschen nur bis zu einer Grundfläche von 5 m2 von einer Baubewilligung befreit sind.
Bei den strikten Auflagen ist man versucht, die Bauvorschriften mit Tricks zu umgehen. Warum zum Beispiel nicht statt eines Gartenhäuschens einen Bauwagen aufstellen? Solange dieser fahrtauglich ist, handelt es sich schliesslich um eine mobile Einrichtung – eine sogenannte Fahrnisbaute. Eine solche aufzustellen, erfordert tatsächlich keine Baubewilligung. Allerdings: Wie lange sie an einem Ort stehen bleiben dürfen, definiert das Gesetz ebenfalls. Üblicherweise sind es 3 bis 6 Monate, dann müssen sie umgestellt werden. Es reicht jedoch nicht, sie dazu einfach von einer Gartenecke in die nächste umzustellen.
INFO
DAS BLÜHT BAUSÜNDERN
Wer ohne Baubewilligung baut und auffliegt, muss sein Projekt nachträglich bewilligen lassen. Sollte es nicht bewilligungsfähig sein, muss es auf eigene Kosten abgerissen und der vorherige Zustand wieder hergestellt werden. Zudem droht bei schweren Verstössen ein Busse.
ES GELTEN ZAHLREICHE GESETZLICHE BESTIMMUNGEN
Selbst wenn etwas grundsätzlich bewilligungsfrei erlaubt ist, muss das für den Einzelfall nicht zutreffen. Denn es gibt zahlreiche Bestimmungen, die ein Bauvorhaben weiter einschränken können. Das sind die wichtigsten:
- Nutzungszone: Sie definiert die zulässige Nutzungsart (Wohnzonen, Industrie- und Gewerbezonen, Landwirtschaftszone).
- Grenzabstand: Er legt die zulässige kürzeste Entfernung zwischen Fassade (bzw. allgemein Bau) und Nachbargrenzen fest.
- Gebäudehöhe: Die maximal zulässige Gebäudehöhe ist unter anderem abhängig von der Bauzone.
- Ausnützungsziffer: Sie besagt, in welchem Verhältnis Grundstücksfläche und Wohnfläche zueinander stehen dürfen.
- Denkmal- und Ortsbildschutz: Er macht klare Vorgaben an die zulässige Architektur und an Baumaterialien.
- Luftreinhalteverordnung: Neue Heizungen müssen strengere Vorgaben erfüllen.
- Waldabstandslinien und Gewässerabstandslinien: Sie definieren Mindestabstände von Bauten (meist sind selbst Zäune und kleine Mauern davon betroffen).
DER EXPERTE
Bauherrenberater Christopher Tillman*
Welche Baubewilligungen kann ich selbst beantragen und wann benötige ich eine Fachperson?
Die Bewilligungspflicht ermöglicht die präventive Kontrolle von Bauten und Anlagen. Bagatellvorhaben mit räumlich minimalen Auswirkungen und nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und unerheblichem Störpotenzial bedürfen hingegen keiner präventiven Kontrolle. Aber auch wenn keine Bewilligungspflicht besteht, sind die materiellen Vorschriften des Planungs-, Bau- und Umweltrechts auch dann einzuhalten. Die Befreiung von der Bewilligungspflicht erstreckt sich damit lediglich auf die Pflicht zur Einreichung des Baugesuchs und zur Aussteckung und öffentlichen Bekanntmachung des Vorhabens. Ist ein Bauvorhaben von der Bewilligungspflicht befreit, kann die Einhaltung der Bauvorschriften auch nachträglich noch durchgesetzt werden. So ist die örtliche Baubewilligungsbehörde zum Beispiel ermächtigt, die Beseitigung eines (nicht bewilligungspflichtigen) Fassadenanstrichs zu verlangen, wenn diese dem Einordnungs- und Gestaltungsgebot oder den kommunalen Kernzonenvorschriften widerspricht. Allerdings bestehen im Bereich der Baubewilligungspflicht immer auch unterschiedliche Regelungen von Kanton zu Kanton und auf Stufe der Gemeinden besteht jeweils ein relativ grosser Ermessungsspielraum. Dementsprechend können auch die Unterschiede von Gemeinde zu Gemeinde relativ erheblich sein. Im Zweifel ist daher zu empfehlen, ein Baugesuch einzureichen. Für kleinere Fälle sind denn auch nur wenig Unterlagen nötig und diese können mit dem Bausekretär der jeweiligen Gemeinde vorher geklärt werden. Die Gemeinde kann dann immer noch entscheiden und mitteilen, dass dafür keine Baubewilligung nötig ist. Für die Bewilligung kleinerer Bauvorhaben, z.B. ein Velounterstand oder ein kleiner Geräteschuppen, ist nicht unbedingt ein Profi nötig.
*Lic.iur. Christopher Tillman LL.M. ist Fachanwalt SAV Bau- und Immobilienrecht, Legis Rechtsanwälte AG, Zürich, www.legis-law.ch
BAUGESUCH SO DETAILLIERT WIE MÖGLICH FORMULIEREN
Für Baugesuche innerhalb der Bauzone ist die Gemeinde zuständig, für ausserhalb liegende der Kanton. Baugesuche muss man jedoch immer bei der Gemeinde einreichen, allenfalls leitet es diese dann an den Kanton weiter. Zuerst unterzieht die Gemeine das Baugesuch einer vorläufigen Prüfung. Damit die Gemeinde diese schnell abwickeln kann, muss das Baugesuch so detailliert wie möglich sein. Für Laien ist das oft nicht einfach realisierbar (siehe Expertentipp).
Wer das Baugesuch trotzdem im Alleingang erstellen möchte, sollte frühzeitig die Gemeinde kontaktieren. Denn nur wer alle bestehenden Auflagen kennt, kann ein Projekt so planen, dass es bewilligungsfähig ist. Ein beratendes Vorgespräch durch ein Mitglied der Gemeindebehörde bildet dazu die Basis. Zudem haben alle Gemeinden eine Bau- und Zonenordnung und einige Gemeinden bieten zur Hilfe einen Leitfaden oder Merkblätter für Baugesuche.
NACHBARN FRÜHZEITIG MITEINBEZIEHEN
Wurden die erforderlichen Unterlagen eingereicht, dann wird das Baugesuch im lokalen und kantonalen Amtsblatt öffentlich publiziert. Nun kann bis zu einem definierten Zeitpunkt gegen das Projekt Einsprache erhoben oder im Falle des Kantons Zürich der baurechtliche Entscheid verlangt werden. Die Praxiserfahrung zeigt, dass selbst gegen Projekte, die sämtliche Auflagen erfüllen, oft Einsprache erhoben wird.
Es ist daher wichtig, vor Eingabe des Baugesuches auf die Nachbarn zuzugehen. Auch sollte geklärt sein, ob im Grundbuch nicht nachbarrechtliche Auflagen eingetragen sind, die ein Projekt verunmöglichen. Ansonsten kann es zu einem langwierigen und teuren rechtlichen Hickhack kommen. Gelingt es hingegen, Missverständnisse frühzeitig aus dem Weg zu räumen und die Nachbarn für ein Projekt wohlzustimmen, ist die grösste Hürde bereits genommen.
1. BAUBEWILLIGUNG IM HAUS
Im eigenen Haus darf man vieles verändern – doch längst nicht alles. Unproblematisch sind Arbeiten wie Wände streichen oder Böden ersetzen. Auch der Ersatz oder der Umbau eines Bades oder einer Küche ist nicht bewilligungspflichtig. Zumindest, wenn damit nicht die Bausubstanz grundlegend verändert wird – wobei auch das Herausreissen einer einzelnen Trennwand üblicherweise keine Baubewilligung erfordert. Ausnahmen bilden Gebäude unter Denkmalschutz. In ihnen lässt sich fast nichts ändern und es darf nur ersetzt werden (und auch dies nur mit identischen, zugelassenen Produkten).
Bewilligungspflichtig sind hingegen Arbeiten, welche die Brandsicherheit beeinflussen – also zum Beispiel die Änderung von Brandabschnitten. Ebenfalls bewilligungspflichtig sind Umnutzungen: Wer den Firmensitz nach Hause verlegt und einen Teil zum Büro umbaut, ist auf die Erlaubnis der Gemeinde angewiesen. Davon nicht betroffen ist allerdings die Nutzung eines Raumes als privates Homeoffice für sich oder seinen Arbeitgeber. Das gilt als sogenanntes stilles Gewerbe. Ähnliches gilt für den Einbau einer Einliegerwohnung, obwohl diese keine Änderung der Nutzungsart (Wohnen) darstellt.
2. BAUBEWILLIGUNG AM HAUS
Dachaufstockungen und Anbauten sind tiefgreifende Änderungen und müssen immer von der Gemeinde bewilligt sein. Ebenso sind Veränderungen an der Fassade oder am Dach bewilligungspflichtig, insbesondere, wenn sich damit das Erscheinungsbild eines Hauses verändert.
Für energetische Sanierungen wie das Aufdämmen einer Fassade braucht es daher eine Baubewilligung. Da solche Eingriffe auch dem Umweltschutz dienen, steht einem solchen Projekt üblicherweise nichts entgegen. Für den reinen Ersatz von Fenstern oder die Ausbesserung einer Fassade (Pinselrenovation) benötigt man hingegen keine Bewilligung; es handelt sich um erhaltende Massnahmen. Gleiches gilt für Reparaturmassnahmen, sie bedürfen keiner Baubewilligung. Photovoltaik-Anlagen sind seit einiger Zeit von der Bewilligungspflicht befreit: Sie müssen nur noch gemeldet werden. Ausnahmen bilden Anlagen an Gebäuden, die unter Denkmalschutz stehen oder sich in Kernzonen befinden. Ebenfalls wichtig ist: Photovoltaik-Anlagen müssen gut in die Dachlandschaft integriert sein und dürfen nicht über die Dachränder hinausgehen.
3. BAUBEWILLIGUNG UMS HAUS
Was sich ohne Baubewilligung in einem Garten aufstellen lässt, unterscheidet sich von Gemeinde zu Gemeinde stark. Ob Whirlpool, Grillstelle oder Gartenhaus: Wer sich Ärger ersparen möchte, fragt vorgängig auf der Gemeinde nach. Manches darf man im eigenen Garten jedoch immer noch: Erlaubt ist es, kleine Teiche, Brunnen, Sandkästen oder Kunstwerke (z.B. Statuen) aufzustellen und Fusswege zu verlegen. Ebenfalls keine Bewilligung benötigen kleinere Zäune (üblicherweise bis 1,2 m Höhe) und ungedeckte Gartensitzplätze. Vorsicht besteht beim Thema Sichtschutz: Damit dieser wirksam ist, muss er eine bestimmte Höhe haben – und bedarf daher meist einer Baubewilligung. Der Trick mit einer Holzbeige kann Abhilfe schaffen. Sie gilt als nicht temporäres Bauwerk und darf meist einfach so aufgestellt werden. Doch Vorsicht: Sobald sie in einem festen Gestell oder auf einem Fundament steht oder eine vorgegebene Maximalhöhe überschreitet (z.B. 2 m), kann es Ärger geben, da sie dann nicht mehr als temporär eingestuft wird. Pflanzungen hingegen sind in der Regel bewilligungsfrei.
CHECKLISTE
FÜNF SCHRITTE ZUR BAUBEWILLIGUNG
- Informieren Sie sich vor einem Bauvorhaben bei der Gemeinde über die gesetzlichen Vorgaben.
- Orientieren Sie frühzeitig Ihre Nachbarn und beugen Sie Unstimmigkeiten vor.
- Holen Sie sich Hilfe: Viele Gemeinden bieten Merkblätter zur Baubewilligung an.
- Je detaillierter und vollständiger das Baugesuch, desto grösser die Chance, dass die Gemeinde ihn bewilligt (Grundbuchauszug, Situationsplan, massstabgetreuer Projektplan).
- Beginnen Sie erst mit dem Bauen, wenn die Gemeinde die Baubewilligung schriftlich erteilt hat und diese rechtskräftig geworden ist.