Besser Schlafen

Um den Schlaf ranken sich viele Mythen. Kann ein Langschläfer zum Frühaufsteher werden? Und was hat die Temperatur mit Schlafen zu tun?

Text — Tanja Seufert

 

«Das Träumen im REM-Schlaf dient als nächtliche Therapie. Wenn wir im REM-Schlaf träumen, werden tagsüber aufgetretene schwierige oder gar traumatische emotionale Erlebnisse weniger schmerzlich, sodass man morgens beim Aufwachen emotional gefestigt ist»: Diese Theorie vertritt Matthew Walker, Autor des Buchs «Das grosse Buch vom Schlaf» (siehe Expertentipp). Wir träumen während der REM-Phase (Rapid Eye Movement), die sich alle 90 Minuten mit dem Non-REM-Schlaf («Tiefschlaf») abwechselt. Beide Schlafphasen sind für unser Wohlbefinden gleichermassen wichtig.

Doch was, wenn der Schlaf dauerhaft gestört ist? Nicht wenige Menschen greifen dann zu Schlaftabletten. Doch Tabletten lassen einen jedoch nicht tief schlafen, sondern sedieren das Gehirn nur. Damit verhindern sie den erholsamen Schlaf sogar – was einen Teufelskreis in Gang setzen kann.

INFO

MORGEN- UND ABENDMENSCHEN

Gibt es wirklich «Lerchen» und «Eulen» unter den Menschen? Ja! Etwa 30 Prozent der Menschen sind genetisch so programmiert, dass sie am frühen Abend müde werden und frühmorgens erholt aus den Federn springen – die Lerchen oder eben Morgenmenschen. Der Vorteil: Sie sind schon früh munter, was den meisten Berufen entgegenkommt. Der Nachteil: Abendliche Anlässe wie Partys und Dinner sind für sie meist anstrengend, zumindest nach neun Uhr abends. Das Gegenteil sind die Eulen. Abendmenschen werden erst nach Mitternacht müde, manchmal sogar erst gegen Morgen. Dafür schlafen sie bis spät am Vormittag oder noch länger. In der modernen Gesellschaft mit ihren – mehr oder weniger fixen – Arbeitszeiten und Stundenplänen sind Abendmenschen deutlich im Nachteil. Dabei machen auch sie rund 30 Prozent der Bevölkerung aus. Das übrige Drittel der Menschen haben weder die eine noch die andere Ausprägung so stark. Diese Veranlagung ist vermutlich ein Trick der Evolution, damit nicht die ganze Sippe gleichzeitig acht Stunden lang schläft – denn im Schlaf ist man bekanntlich wehrlos.


WARUM WIR ZU WENIG SCHLAFEN

Schlaf ist überlebenswichtig. Doch vor allem in den Industrienationen ist Schlafmangel weit verbreitet. Zum einen aufgrund der modernen Leistungsgesellschaft, die erwartet, dass man um acht Uhr morgens anfängt zu arbeiten oder in die Schule geht.

Doch sind etwa 30 Prozent der Bevölkerung so genannte «Eulen», also Abendmenschen, die erst spätabends müde werden. Sie leiden häufig unter chronischem Schlafmangel, denn trotz ihrer genetischen Disposition sind sie in der Regel gezwungen, früh aufzustehen, um ihrer Arbeit nachzugehen (siehe auch Infobox).

DER EXPERTE

Matthew Walker
Prof. Dr. med, Neurowissenschaftler und Buchautor*

«NACHTS AM BESTEN FRÖSTELN»

Kaum ein Faktor, der sich darauf auswirkt, wie schnell Sie in den Schlaf finden und wie gut Sie schlafen, wird so unterschätzt wie die Umgebungstemperatur, vor allem die Temperatur in unmittelbarer Nähe von Körper und Gehirn. Raumtemperatur, Bettwaren und Nachtwäsche bestimmen, wie warm Ihr Körper des Nachts gehalten wird. Vor allem die Raumtemperatur hat sich in der Moderne stark verändert, sodass sich unsere heutigen Schlafgewohnheiten massgeblich von denen in vorindustriellen Kulturen oder denen der Tiere unterscheiden. Um gut einzuschlafen, muss Ihre Kerntemperatur […] um etwa 1 Grad absinken. Deshalb können wir in einem zu kühlen Raum immer leichter einschlafen als in einem zu warmen, da durch die Kälte in Gehirn und Körper die zum Schlafen geeignete (niedrigere) Temperatur hergestellt wird. […] Der nächtliche Melatoninspiegel wird also nicht nur durch das Schwinden des Tageslichts bei Sonnenuntergang, sondern auch durch den damit einhergehenden Temperaturrückgang gesteuert. […] Für die meisten Menschen bedeutet bei den üblichen Bettwaren und Nachtbekleidungen eine Schlafzimmertemperatur von etwa 18 Grad optimale Schlafbedingungen.


* Das grosse Buch vom Schlaf, Verlag Goldmann, ISBN 978-3-442-17791-2


KÜNSTLICHES LICHT HÄLT WACH

Ein anderer Grund ist das künstliche Licht, vor allem die LED von Bildschirmen, welche die Ausschüttung des körpereigenen Schlafhormons Melatonin verhindert. Deshalb sollte man abends die Beleuchtung dämpfen und am besten ein Buch oder eine Zeitschrift lesen, statt auf Smartphone oder Tablet zu surfen.

 

RUHE UND ORDNUNG IM SCHLAFZIMMER

Auch der Ort, an dem wir schlafen, hat grossen Einfluss auf die Schlafqualität. Das Schlafzimmer sollte ein ruhiger, ordentlicher und kühler Raum sein. Künstliche Lichtquellen, zum Beispiel Strassenlampen, können den Schlaf stören, eine gute Verdunkelung ist auch deshalb ratsam.

Im Winterhalbjahr sollte man die Schlafräume weniger stark heizen wie die Wohnräume, etwa 18 Grad reichen in der Regel völlig aus.  Neben akustischer ist auch visuelle Ruhe wichtig: In einem aufgeräumten Schlafzimmer entspannt es sich am besten. Alles, was an Unerledigtes erinnert, sollte man aus dem Schlafraum verbannen – sei es der Berg ungebügelter Wäsche, sei es der Laptop. Auch fürs Homeoffice ist das Schlafzimmer der denkbar ungeeignetste Ort.

 

CHECKLISTE

EINEN RAUM «SCHLAFGERECHT» EINRICHTEN

Mit diesen Kniffen fördern Sie Entspannung und Schlaf im Schlafzimmer:

  • Ordnung: Ein aufgeräumter und sauberer Raum beruhigt.
  • Schall verringern: Textile Materialien wie Teppiche und Vorhänge schlucken Schall.
  • Verdunkelung: Mit Nachtvorhängen bzw. guten Rollladen lässt sich der Raum abdunkeln. Nachtlichter stören die Melatoninproduktion und sollten nicht verwendet werden (siehe S. 14).
  • Kopfschutz I: Schwere Lampen und Möbel über dem Kopf wirken bedrohlich (und sind es manchmal auch). Auch Dachschrägen sollten sich nicht gerade über dem Kopf befinden.
  • Kopfschutz II: Das Kopfteil des Betts befindet am besten an einer Wand oder ist genug hoch, dass es selbst eine schützende Wand bildet.
  • Temperatur: Sie sollte nachts nur etwa 18 Grad betragen.
  • Farben: In ein Schlafzimmer passen natürliche, pastellige oder auch dunkle, abgetönte Farben. Vor allem Blautöne wirken beruhigend. Kräftige, leuchtende Farben und wilde Muster sollte man zurückhaltend einsetzen.
  • Mückenschutz: Wer nachts oft von kleinen Blutsaugern heimgesucht wird, sollte einen effizienten Mückenschutz (z.B. Fenstergitter oder Moskitonetz) installieren.


WIE WICHTIG IST DAS BETT?

Wie man sich bettet, so schläft man? Matratze, Kissen und Duvet haben zwar einen Einfluss auf die Schlafqualität, lösen aber keine Schlafstörungen. Wichtig ist vor allem, dass das Duvet den Körper nicht überhitzt und das Kissen an den Schlaftyp (Seiten-, Rücken- oder Bauchschläfer) angepasst ist.

Mehr Einfluss auf die Schlafqualität haben jedoch Faktoren wie Temperatur, Dunkelheit oder Akustik. Wer zum Beispiel jede Nacht von einem schnarchenden Partner wachgehalten wird, wird das Problem nicht mit einer Hightech-Matratze lösen.