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Die Revolution der Akkus

Immer mehr Geräte beziehen ihren Strom aus wiederaufladbaren Batterien und nicht direkt ab Steckdose. Das macht frei und ungebunden. Es gibt jedoch einiges zu beachten.

Text — Raphael Hegglin

 

Von der Wegwerfbatterie zum wiederaufladbaren Akku war es ein langer Weg. Seinen Anfang nahm alles mit den Arbeiten des italienischen Arztes und Forschers Luigi Galvani: Um 1780 experimentierte er mit in Salzwasser eingelegten Froschschenkeln und stellte fest, dass diese zu zucken begannen, wenn er sie mit Kuper und Eisen in Kontakt brachte. Denn Luigi Galvani stellte so einen Stromkreis her, der Froschschenkel diente dabei als Stromanzeiger. Das Phänomen Elektrizität beschäftigte im Folgenden Physiker aus ganz Europa und schon wenige Jahre später entwickelte der ebenfalls in Italien lebende Allessandro Volta die erste Galvanische Zelle. Seine sogenannte Voltasäule bestand aus Kupfer- und Zinkplatten sowie aus Salzwasser-getränkten Lederstücken, die er übereinander schichtete. Damit liess sich Elektrizität kontrolliert erzeugen, weshalb die Voltasäule als erste Batterie und eine der bedeutendsten Erfindungen gilt. Elektrizität war nun für die Menschheit nutzbar.

 

INFO

WAS IST EINE WATTSTUNDE?

Die Wattstunde (Wh) ist eine Masseinheit für Arbeit bzw. Energie- oder Strommenge. Hierzulande ist sie eine gesetzliche Masseinheit; sie wird unter anderem gebraucht, um Strom zu verrechnen. Meist wird in Kilowattsunden (kWh) gerechnet (eine kWh = 1000 Wh.). Zum Vergleich:

  • Ein typischer 4-Personenhaushalt in einem Einfamilienhaus verbraucht jährlich etwa 5000 kWh Strom.
  • Mit einer kWh Strom kann ein Notebook etwa 50 Stunden arbeiten, ein Staubsauger etwa 1 Stunde laufen und ein E-Bike rund 120 Kilometer fahren – ein Elektroauto kommt damit rund 6 Kilometer weit.

DURCHBRUCH IN DEN 1970ER-JAHREN

Wenige Jahre später, im Jahre 1802, entwickelte der deutsche Physiker Johann Wilhelm Ritter die Rittersäule. Im Gegensatz zu jener von Allessandro Volta liess sich diese wieder aufladen. Der erste Akkumulator (Akku) war geboren! Durchsetzen konnten sich Akkus lange Zeit trotzdem nicht. Sie waren gross, teuer und ihre Ladekapazität gering. Allmählich gelang es aber, alltagstaugliche Akkus – zum Beispiel Autobatterien – herzustellen. Doch auch diese blieben sperrig. Bis der amerikanische Physiker John B. Goodenough mit Lithium in Akkus zu experimentieren begann und den Grundstein für die heute am weitesten verbreiteten Akkus legte: Die Lithium-Ionen-Akkus. 2019 erhielt John B. Goodenough dafür den Nobelpreis für Chemie.

Heute – nur wenige Jahrzehnte später – werden jährlich mehrere Milliarden neue Lithium-Ionen-Akkus produziert; sie sind aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Das sind für Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer die wichtigsten Anwendungsgebiete:

DER EXPERTE

Armando Mortellaro
Anwendungstechniker bei der STIHL Vertriebs AG

«AKKUS AN EINEM TROCKENEN ORT LAGERN»

Akkus sollten Sie an einem trockenen Ort bei Raumtemperatur laden. Die in den meisten Geräten verwendeten Lithium-Ionen-Akkus müssen vorher nicht vollständig entladen werden. Auch ist es in Ordnung, wenn man sie nur teilweise lädt – zum Beispiel, wenn man am Arbeiten ist und keine Zeit für eine vollständige Ladung hat. Lagern Sie bei längerem Nichtgebrauch Akkus an einem trockenen Ort bei einer Temperatur zwischen 10° C und 25° C. Ideal ist es, wenn der Ladezustand beim Einlagern etwa 60 % beträgt. Wenn Sie mit einem akkubetriebenen Gerät draussen in der Kälte gearbeitet haben, dann entnehmen Sie den Akku, bevor Sie ihn zurück ins Haus nehmen. So kann sich darauf bildendes Kondenswasser schnell verdunsten.


1. SPEICHERUNG VON SOLARSTROM

Den überschüssigen, selbst produzierten Solarstrom ins Netz einzuspeisen ist wenig sinnvoll: Die erzielten Verkaufspreise decken die Produktionskosten nicht. Wer eine Photovoltaikanlage betreibt, sollte den Strom möglichst selbst verbrauchen. Allerdings fällt tagsüber am meisten Solarstrom an, während er hauptsächlich abends und nachts benötigt wird. Ein Dilemma, das Batteriespeicher lösen. Sie haben heute etwa die Grösse eines Kühlschranks und lassen sich problemlos im Keller oder einem anderen Raum installieren. Die Speicherkapazitäten typischer Batteriespeicher für Einfamilienhäuser liegen zwischen 5 kWh und 15 kWh, ihre Preise bewegen sich zwischen 7000 Fr. und 15'000 Franken. Wichtig ist, dass Batteriespeicher exakt auf die Photovoltaikanlage und das Nutzungsprofil abgestimmt sind. Nur dann lohnen sie sich. Doch bevor man sich einen Batteriespeicher einbaut, sollte man bestehende Akkus nutzen. So kommt es zum Beispiel günstiger, wenn man mit der Montage einer Photovoltaikanlage auf Elektrofahrzeuge umsteigt und diese mit dem eigenen Strom lädt.

Der Elektomotor dominiert zunehmend unsere Mobilität.

2. UNTERWEGS MT ELEKTROAUTO, E-BIKE UND CO.

Elektroauto, E-Scooter, E-Bike und vieles mehr: Kaum ein Fahrzeug, das sich heute nicht mittels Elektromotor antreiben lässt. Grundvoraussetzung dafür ist auch hier ein eingebauter Akku. Seine Kapazität bestimmt, wie weit man mit einem Fahrzeug fahren kann. Doch nicht nur: Einfluss auf die Reichweite haben ebenso der Fahrstil und die Geschwindigkeit, das Fahrzeuggewicht inklusive Zuladung, die Streckentopografie und der Rollwiderstand. Die Akkukapazitäten heutiger Elektroautos liegen zwischen 20 kWh und 100 kWh. Zum Vergleich: Jene von E-Bikes beträgt zwischen 0,5 kWh bis 0,75 kWh. Auch wenn die Kapazität des Akkus – neben dem Fahrzeuggewicht – der wichtigste Faktor für Reichweite ist: Maximale Grösse ist nicht alles. Denn je grösser ein Akku, desto teurer – beim Kauf, im Unterhalt und beim Ersatz. Am günstigsten und umweltfreundlichsten fährt daher, wer die Akkukapazität bzw. die Reichweite seines Fahrzeugs dem persönlichen Nutzungsprofil anpasst.

INFO

WIE STARK BELASTEN AKKUS DIE UMWELT?

Am weitesten verbreitet sind heute Lithium-Ionen-Akkus. Sie haben gegenüber anderen Akkus zahlreiche Vorteile. So kommt es bei ihnen nicht zu einem Memory-Effekt: Lithium-Ionen-Akkus lassen sich jederzeit laden, man muss sie zuvor nicht vollständig entladen. Auch haben sie eine hohe Ladekapazität bei geringem Gewicht und sie funktionieren in einem weiten Temperaturbereich. Doch der Abbau von Lithium ist in Verruf geraten. Er ist energieintensiv und in den betroffenen Gebieten sinkt der Grundwasserspiegel. So kommt es dort zu einem Wassermangel, auch wurde schon Trinkwasser verunreinigt und es wurden giftige Feinstäube freigesetzt. Wie umweltbelastend die Herstellung von Lithium-Ionen-Akkus ist, darüber streiten sich die Fachleute. Aktuelle Studien
zeigen jedoch, dass sie in den letzten Jahren umweltfreundlicher geworden ist. Entscheidend für die Ökobilanz ist zudem die Recyclingquote. Je höher sie ist, desto umweltfreundlicher sind die Akkus – und damit zum Beispiel auch die Elektromobilität. Fährt man mit Ökostrom, so ist die Umweltbilanz eines Elektroautos heute nach etwa 40'000 km besser als jene eines Autos mit Verbrennungsmotor. Die Forschung arbeitet nun an Akkus, die ohne Lithium auskommen. Vielversprechend sind Prototypen mit Magnesium oder Natrium. Insbesondere letzteres ist auf der Erde in Form von Kochsalz im Überfluss vorhanden, wodurch es nicht zu Ressourcenmangel käme.


3. KABELSALAT ADÉ: WERKZEUGE MIT AKKU-BETRIEB

Akku-betriebene Werkzeuge lassen sich auch dort einsetzen, wo keine Steckdose vorhanden ist. Und mit ihnen entsteht kein Kabelsalat. Sie haben aber nicht nur Vorteile: Am Stromnetz angeschlossene Werkzeuge sind leistungsfähiger und in der Regel günstiger als solche mit einem Akku. Insbesondere wenn über längere Zeit viel Leistung gefragt ist, können Werkzeuge mit Akku ins Hintertreffen geraten. Bei Geräten mit starken Motoren – zum Beispiel Motorsägen, Heckenscheren oder Schlagbohrmaschinen – ist Qualität besonders wichtig. Billig-Akkus halten meist nicht, was sie versprechen: Damit ausgestattete Werkzeuge lassen sich nur eingeschränkt nutzen.

Genauso wichtig wie die Akkukapazität ist, wieviel ein Gerät tatsächlich leisten kann. Die Leistung wird oft in Newtonmeter (Nm) angegeben. Oder es wird die Arbeitsspannung angegeben. Je höher sie ist, desto mehr Leistung steht zur Verfügung. Profigeräte arbeiten meist mit 18 V oder 24 V Spannung. Tipp: Setzt man auf akkubetriebene Werkzeuge, sollte man einer Marke möglichst treu bleiben und darauf achten, dass alle Werkzeuge mit demselben Akku-Modell arbeiten. Dann reichen zwei bis drei Akkus für den gesamten Gerätepark – was grosse Kostenersparnis bedeutet.

CHECKLISTE

DAS SIND DIE WICHTIGSTEN AKKU-BEGRIFFE

  • Ladekapazität: Sie besagt, wieviel Strom ein Akku speichern kann. Üblicherweise wird die Ladekapazität in Wattsunden (Wh) angegeben, bei Smartphones, Tablets und Computer jedoch in Amperestunden (Ah) oder Milliamperestunden (mAh).
  • Innenwiderstand oder Impedanz: Je geringer der Widerstand, desto besser kann elektrischer Strom fliessen. Der Innenwiderstand kann sich durch Alterung oder falsches Laden (vor allem Nickel-Akkus) mit der Zeit erhöhen, womit eine Akkuladung weniger lange hält.
  • Memory-Effekt: Nickel-Akkus müssen regelmässig vollständig entladen werden, ansonsten schrumpft ihre Ladekapazität. Lithium-Ionen-Akkus kennen dieses Problem nicht.
  • Leistung: Sie besagt, wieviel elektrische Energie in Watt (W) einem Akku pro Zeiteinheit entnommen werden kann.
  • Selbstentladung: Jeder Akku (und auch eine Batterie) entlädt sich von selbst. Das ist abhängig von seiner Bauart, den herrschenden Temperaturen und dem Gerät, in dem er gelagert ist.


4. SMARTPHONES, COMPUTER UND UNTERHALTUNGSELEKTRONIK

Hier wird die Akkukapazität in Amperestunden (Ah) oder Milliamperestunden (mAh) angegeben. Ebenfalls wichtig ist der Grad der Selbstentladung: Lithium-Ionen-Akkus in PCs, Smartphones und Tablets entladen sich bei Nichtgebrauch um etwa zwei bis acht Prozent pro Monat – hier gibt es Unterschiede. Ob ein Gerät mit dem Original-Ladegerät oder mit dem eines Fremdhersteller geladen wird, spielt übrigens keine Rolle: USB-Ladegeräte sind normiert, wichtig ist einzig die CE-Kennzeichnung und/oder eine TÜV-Prüfung. Zudem muss die Ausgangsspannung jener des Geräts entsprechen. Moderne Ladegeräte bieten eine Bandbreite zwischen 3,6 und 12 Volt.