Hanggarten: Steil hinauf

Grundstücke am Hang sind beliebt, denn meist ist die Aussicht traumhaft. Aber der freie Blick wird zum Teil teuer erkauft, denn Hanggärten sind nicht einfach zu bewirtschaften.

Text — Helen Weiss


 

VORTEILE DES HANGGARTENS

Während der Begriff hängende Gärten Assoziationen von eindrucksvoller Architektur und Blütenpracht im alten Babylon hervorruft, verbindet man mit dem Wort Hanggarten eher unbequemes Arbeiten im Gefälle, mühevolle Aufstiege und schwierige Bepflanzungen. Dabei werden die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten des Höhenunterschieds oftmals verkannt: Die Spannung, die Architekten und Gartengestalter auf ebenen Flächen durch hohe Elemente wie Bogen, Bäume und Geländemodellierungen erschaffen, ist bei einem geneigten Gelände natürlicherweise bereits vorhanden.

Je nach Lage des Hanggartens kann die Bepflanzung bunt und wild oder eher zurückhaltend und karg gestaltet werden.

Klar, es ist unbestritten, dass die Gestaltung eines Hanggartens komplizierter, langwieriger und meist auch
kostspieliger ist als die eines ebenen Grundstücks. Trotzdem möchten die meisten Hanggärtner nach einiger Zeit die Vorteile ihrer besonderen Lage nicht mehr missen: Neben einer oft traumhaften Aussicht bieten die Aufteilung des Gartens in unterschiedlich gestaltete Ebenen, die besondere Pflanzenauswahl und die Anlage verschlungener Wege und Treppen eine willkommene Abwechslung.

DER EXPERTE

René Amstutz,
Projektleiter Artenförderung bei ProNatura

«DER BAU EINER TROCKENMAUER IST NICHT GANZ EINFACH»»

Trockenmauern stützen nicht nur Hanggärten. Darin finden auch zahlreiche Kleintiere sowie Flechten, Moose und andere Pflanzen Unterkunft und Schutz. So werden die Ritzen und Spalten gerne von Mauereidechsen und Blindschleichen und Säugetieren wie Hermelin und Igel bevölkert. Doch vor allem zahlreiche Wirbellose wie Springspinnen, Asseln, Mauerbienen, Schnecken, Feuerwanzen und Raupen von Weisslingen lieben Trockenmauern. Damit sie genügend Unterschlupf bietet, sollte die Mauer unbedingt ohne Mörtel geschichtet werden – durch das geschickte Zusammenfügen verschiedener Steintypen unterschiedlicher Grössen und Formen entsteht auch ohne Mörtel eine stabile Mauer. Der Bau einer dauerhaft funktionellen Trockenmauer ist nicht ganz einfach und benötigt einiges an Fachwissen, vor allem, wenn mit der Trockenmauer gezielt Fauna und Flora gefördert werden soll. In diesem Fall sollte eine Fachperson zugezogen werden. Kleinere Trockenmauern hingegen, die eher eine ästhetische Funktion haben, können auch selbst gebaut werden. Um sich ein Grundwissen zum Thema Trockenmauerbau zu erarbeiten, gibt es zahlreiche Literatur und gute Kursangebote.


HANGGARTEN TERRASSIEREN

Um ein abfallendes Gartengrundstück effektiv bewirtschaften zu können, ist es entscheidend, die unterschiedlichen Höhen auszugleichen, indem etwa verschiedene Terrassen oder Ebenen angelegt werden. Damit diese auch bei Unwetter und starken Regengüssen dauerhaft erhalten bleiben, ist es notwendig, sie in geeigneter Weise abzustützen. Dies ist zum Beispiel durch den Bau von Trockenmauern möglich, die nicht nur attraktiv sind, sondern auch die Biodiversität fördern. Wer keine Mauern in seinen Hanggarten verbauen möchte, legt zwischen zwei Terrassen eine steile Böschung an, die anschliessend mit Bodendeckern bepflanzt werden kann.

Bei der Bepflanzung ist grundsätzlich Vielfalt statt Monokultur gefragt, denn verschiedene Pflanzen mit unterschiedlichen Wurzeltiefen sichern das Erdreich deutlich besser ab. Bei grossflächigen Terrassen-Ebenen können sogar einzelne Ziergehölze gesetzt werden. Obstliebhaber kommen mit einem Hanggarten ebenfalls auf ihre Kosten, denn je nach Wohnort und Himmelsrichtung geniessen Weinreben, Obstbäume oder Beerensträucher eine optimale Lichtversorgung und viel Wärme.

INFO

HANGGARTEN ANLEGEN

Um den Hang zu stützen, eignen sich Palisaden, Stützmauern aus dem Trockenbau oder Gabionen. Hier ist es von Vorteil, sich schon vorgängig Gedanken zum Material zu machen. Denn im Gegensatz zu einem ebenen Garten nimmt die Hangbefestigung bei einem abschüssigen Gelände als Gestaltungselement viel Raum ein. Farbe und Material von Stützmauern, Terrassen und Treppen sollten deshalb der Stilrichtung des Hauses angepasst werden. Heller Kalkstein, Kieswege, kombiniert mit Lavendel und Rosmarin, die über die Steine wachsen, strahlen mediterranes Flair aus. Natursteine mit Patina, rustikale Rindenmulchwege und Holzstufen passen hingegen besser zum Naturgarten. Den modernen Stil prägen Gabionen, glatte Konturen mit Betonsteinen und eine zurückhaltende Bepflanzung mit Gräsern und Buchskugeln, während Klinkermauern und -wege, farbenfrohe Polsterstauden und gemütliche Holzbänke für den ländlichen Stil typisch sind. Einen besonderen Charme haben mit grossen Findlingen oder Bruchsteinen befestigte Böschungen. In schattigen Bereichen wirken sie mit dazwischen gepflanzten Gräsern, Farnen und Funkien nahezu malerisch.

WASSERKASKADEN VON STEIN ZU STEIN

Bei der Auswahl von Bäumen muss jedoch auf die Maximalgrösse sowie die Wurzeltiefe geachtet werden, sonst kann es zu Rissen in den Mauern kommen. Ergänzend können Ziergräser, Stauden, Polsterpflanzen und Kleingehölze gepflanzt werden. Da aufgrund von Terrassen, Treppen und Gefälle ohnehin viel Steine oder kleinere Felsbrocken vorhanden sind, sind terrassierte Gärten zudem geradezu prädestiniert für eine typische Steingarten-Bepflanzung. Steinbrech und Hauswurz, Glockenblumen, Primeli, Gebirgsnelken und Enzian gedeihen zwischen den Steinen bestens.

CHECKLISTE

BEPFLANZUNG EINES HANGGARTENS

Grundsätzlich gedeihen auf einem abschüssigen Grundstück dieselben Pflanzen wie in ebenen Gärten auch. Bei der Bepflanzung gilt es jedoch, einige Punkte zu beachten:

  • Liegt das Hangbeet in der prallen Sonne, sollten nur Pflanzen gewählt werden, die die intensive Sonneneinstrahlung und Hitze der Schräglage vertragen.
  • Wird die Schräglage überwiegend von oben betrachtet, sollten klein wachsende Pflanzen oben, gross wachsende Pflanzen und Hecken oder Sträucher eher weiter unten angelegt werden.
  • Bei Beeten in Schräglage müssen die Pflanzen die Erde halten und schützen. Dies können nur Stauden und Sträucher, die ein dichtes und weit verzweigtes Wurzelsystem besitzen.
  • Es ist ideal, wenn die Bepflanzung möglichst schnell «schliesst», so dass sich Unkräuter nicht ansiedeln können.
  • Die gesamte Pflanzung sollte möglichst langlebig und pflegeleicht sein, denn die Flächen sind oft nur schwer zugänglich und das Arbeiten an einem steilen Hang ist zudem nicht ungefährlich.

Das abgestufte Gelände eignet sich zudem hervorragend für plätschernde Bächlein oder vorhangartig herabfallende Wasserkaskaden – der Aufwand ist hier deutlich geringer als bei einem ebenen Grundstück. So kann sich ein natürlich wirkender, mäandrierender Gebirgsbach oder ein formaler Bachlauf seinen Weg hangabwärts bahnen. Am Hangfuss ergiesst er sich – mal dezent, mal geräuschvoll – in ein Wasserreservoir oder Naturteich.

 

WEITERE INFORMATIONEN

Weitere Informationen finden Sie in folgenden Büchern:

  • GÄRTEN AM HANG von Heike Vossen, Ulmer Verlag 2016, ISBN: 978-3-8001-0313-3,
    Fr. 43.90
  • DER HANGGARTEN EINES PASSIONIERTEN PFLANZENSAMMLERS von Herbert Frei-Schindler, DVA Verlag 2015, ISBN: 978-3-421-03957-6, Fr. 23.90
  • TROCKENMAUERN von Sofie Meys, Stocker Leopold Verlag, 2019, ISBN: 978-3-7020-1782-8, Fr. 23.80